Die Transaktionen der Los Angeles Clippers
Die größte Storyline im Clippers-Sommer war sicherlich der Abgang von Chris Paul noch vor der Free Agency. Der Elite-Defender und -Passer zog seine Option und verabschiedete sich per Sign-and-Trade zu den Houston Rockets.
Dafür kam ein Paket aus Patrick Beverley, Lou Williams, Sam Dekker, Montrezl Harrell und DeAndre Liggins nach L.A. - obendrauf gab es den 2018er Firstround-Pick der Texaner.
In der Free Agency folgte Luc Mbah a Moute seinem Point Guard nach Houston, J.J. Redick (Philadelphia 76ers) und Mareese Speights (Orlando Magic) suchten sich ebenso wie Alan Anderson, Brandon Bass und Raymond Felton neue Teams.
Den vielleicht wichtigsten Free Agent, Power Forward Blake Griffin, konnten die Clips allerdings nicht nur halten, sondern zum fürstlichen Preis von 171 Millionen US-Dollar über fünf Jahre langfristig binden.
Außerdem stellte das Front Office Griffin zwei potentielle Stars an die Seite. Zum einen sicherte sich L.A. die Dienste des Small Forwards Danilo Gallinari im Zuge es Drei-Team-Trades mit den Atlanta Hawks und den Denver Nuggets. Kostenpunkt: Der alternde Jamal Crawford, Diamond Stone, ein Secondround-Pick und Houstons oben erwähnter Firstrounder aus dem Paul-Trade.
Zum anderen darf Milos Teodosic (endlich) sein NBA-Debüt feiern. Der vermutlich beste Point Guard außerhalb der NBA kommt von ZSKA Moskau und unterschrieb einen Vertrag über zwei Jahre und 12,3 Millionen Dollar - das zweite Jahr enthält eine Spieleroption.
Die Clippers waren ausnahmsweise auch am Draft-Day aktiv: L.A. bezahlte in Cash für die Draftrechte an Jawun Evans (#39 - von den 76ers) und Sindarius Thornwell (#48 - von den Milwaukee Bucks).
Willie Reed und Marshall Plumlee verstärken zudem die Big Men Rotation. Beide unterschrieben, genauso wie die Guards C.J. Williams und Tyrone Wallace, für ein Jahr zum Minimalverdienst. Jamil Wilson bekam einen Two-Way-Contract.
Die Strategie der Los Angeles Clippers
In der Chris-Paul-Ära zog L.A. sechs Mal in Folge in die Playoffs ein - scheiterte dort jedoch trotz starker Big Three und häufig selbstauferlegtem Contender-Anspruch meist kläglich.
Trotzdem rechneten die meisten Experten damit, dass sich auch in diesem Sommer nicht viel am konservativen Plan des Front Offices ändern würde: Paul, Griffin und DeAndre Jordan als Stars zusammenhalten und punktuell verstärken. Doch dann änderte sich plötzlich das Front Office selbst.
Nachdem zunächst Doc Rivers Rolle in der Organisation auf den Coaching Job runtergekürzt wurde, beförderte Owner Steve Ballmer den Ex-Vize Lawrence Frank zum "President of Basketball Operations".
Danach holte Ballmer die erfahrenen Michael Winger (Assistant-GM der Oklahoma City Thunder), Trent Redden (Cleveland Cavaliers) und NBA-Legende Jerry West ins Boot - und plötzlich wehte ein neuer Wind in Los Angeles.
Dass im Draft zwei Picks und damit junge Spieler erkauft wurden, die beide in der Summer League durchaus zu überzeugen wussten, zeugt von einer neuen Ausrichtung mit Blick in die Zukunft. Auch der CP3-Trade spülte einiges Talent nach Los Angeles.
Die Auswirkung: Das aktuelle Roster ist im Schnitt über drei Jahre jünger (26,3) als in der Vorsaison (29,5). Zudem gaben die Clips im Mai bekannt, ab der kommenden Saison auch ein eigenes Team in der G-League starten zu lassen: Alles für die Zukunft!
Parallel zur Neuausrichtung schafften es die neuen Herren an der Spitze jedoch eindrucksvoll, eine schlagkräftige Truppe auf das Parkett zu stellen. Nach Pauls Abgang zu einem direkten Konkurrenten wäre ein Ausverkauf (Griffin und Jordan für Talente und Picks) durchaus nachvollziehbar gewesen.
Doch statt Rebuild erlebt L.A. nun eher ein Re-Tooling. L.A. baut darauf, dass Blake Griffin mit einem neuen Vertrag ausgestattet und einer voraussichtlich steigenden Usage-Rate seine Statline der vergangenen Saison (21 Punkte, 5 Assists und 8 Rebounds pro Spiel) nicht nur bestätigen, sondern sogar noch steigern kann.
Unterstützung bekommt Griffin dabei defensiv von All-NBA-Defender Patrick Beverley und offensiv von Euro-League-Star Teodosic, der vergangenes Jahr 6,8 Vorlagen und 16 Punkte pro Partie auflegte.
Dass ein Spieler Pauls Impact auf der Eins nicht ausgleichen kann, das war von vorneherein klar. Aber die beiden Spezialisten können es möglicherweise gemeinsam schaffen.
Außerdem ist Gallinari auf dem Flügel ein klares offensives Upgrade zu Mbah a Moute (auch wenn die Defensive unter dem Abgang des elitären Flügel-Verteidigers leidet). Mit knapp 40 Prozent von Downtown, sowie 18,2 Punkten pro Spiel kann er Jordan und Griffin das nötige Spacing geben. Gleiches gilt für Lou Williams, die Mikrowelle von der Bank.
Die Schwachstellen der Los Angeles Clippers
Bei den Clippers gibt es zwei große Unbekannte: Die Team-Chemie und die Gesundheit.
Bereits vergangene Saison war Los Angeles trotz Passing-Maschine Chris Paul nur auf Rang 15 der verteilten Assists (22,5) zu finden. Das Team-Verständnis muss besser werden.
Nach Pauls Abschied wird der Spielaufbau neben Neuzugang Teodosic vermehrt auch in Griffins Händen liegen. Der verteilte bereits über die vergangenen drei Jahre im Schnitt fünf Vorlagen pro Partie - doch wie schnell die vielen neuen Rädchen im Team ineinander greifen, weiß keiner.
Dabei spielen auch Verletzungen eine Rolle: Teodosic musste bereits die EuroBasket aussetzen, genaueres über seine Verletzung ist nicht bekannt. Blake Griffin verpasste in den letzten Jahren wichtige (Playoff-)Spiele wegen diverser Verletzungen und Danilo Gallinari hat die längste Krankenakte von allen. Ohne gemeinsame Spielzeit gibt es keine Eingespieltheit.
Der Hoffnungsträger der Los Angeles Clippers
Doc Rivers! Klar, Griffin ist der Franchise Player und potentieller Breakout-Kandidat und Teodosic' NBA-Tauglichkeit kann für die Clips den Unterschied zwischen Mittelmaß und Playoffs ausmachen.
Aber Doc Rivers ist der Mann, der dafür sorgt, dass die oben erwähnten Zahnräder der Maschine auch richtig angeordnet werden und geschmiert sind.
Schafft Rivers es, die Spezialisten der tiefen Clippers-Bank geschickt einzusetzen, können die Clippers wie kaum ein anderes Team ihre Identität verändern. Allein bei den Guards stehen Rivers beispielsweise sehr offensive (Teo, Williams) oder defensive (Beverley, Rivers) Optionen zur Verfügung.
Das Fazit
Die Clippers haben ihren besten Spieler verloren. Das ist bitter! Vergleicht man aber den "Erlös" mit dem anderer, vergleichbarer Ausgangslagen (Paul George, Gordon Hayward) muss festgehalten werden: Die Clippers haben - auch dank CP3 - einen klasse Deal ausgehandelt und danach richtigerweise weitere passende Spieler akquiriert.
Der konsequente Umbruch im FO und der damit einhergehende Fokus auf jüngere Spieler sollte zudem langfristig Früchte tragen, ohne dass man kurzfristig den Kopf in den Sand steckt. Insgesamt eine sehr überlegte und mutige Offseason, die alle Erwartungen übertroffen hat.
Die Note: 2+