NBA

Mit dem Finger auf dem roten Knopf

Von Robert Arndt
Andre Drummond muss weiter an seiner Freiwurfschwäche arbeiten
© getty

Die Detroit Pistons haben in der vergangenen Saison enttäuscht und verpassten die Playoffs deutlich. Dennoch blieb der Kern des Teams fast komplett zusammen. Head Coach Stan van Gundy wird genau hinschauen. Sollte es keine klare Steigerung geben, könnte der Truppe ein großer Umbruch ins Haus stehen.

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Die Transaktionen der Detroit Pistons

In der Stadt der Autos war im Sommer Kentavious Caldwell-Pope die wichtigste Personalie. Mit dem Restricted Free Agent konnte keine Einigung erzielt werden, bis zu 80 Millionen Dollar für vier Jahren standen im Raum. Am Ende zog Detroit gar die Qualifying Offer zurück. Der Shooting Guard unterschrieb stattdessen bei den Los Angeles Lakers (ein Jahr, 20 Mio.)

Ein Ersatz war da schon lange da. Avery Bradley kam per Trade, zusammen mit einem Zweitrundenpick, von den Boston Celtics nach Michigan. Im Gegenzug trägt nun der Starter der Vorsaison auf der Drei, Marcus Morris, das grüne Trikot. Dies tut auch der Australier Aron Baynes, der als Free Agent in Beantown unterschrieb.

Auf dem Free-Agent-Markt beschränkte sich Coach und GM Stan van Gundy auf kleinere Deals. Langston Galloway (3 Jahre, je 7 Mio.) soll die Guard-Rotation stärken, mit Anthony Tolliver (1 Jahr, 3,3 Mio.) kommt ein typischer Stretch-Big von SvG. Reggie Bullock verlängerte um zwei Jahre. Der Dreijahresvertrag von Center Eric Moreland ist dagegen nur zu Teilen garantiert.

Im Draft wählten die Pistons nach dem Prinzip 'best man available' und nahmen Shooting Guard Luke Kennard aus Duke. Donavan Mitchell wurde hingegen verschmäht. Luis Montero erhielt einen Two-Way-Contract.

Kleine Randnotiz: Auch ein gewisser Josh Smith erhält von den Pistons noch Checks. Der verschwindet erst 2020 von der Gehaltsliste und kassiert bis dahin noch 5,3 Millionen Dollar pro Jahr.

Die Strategie der Detroit Pistons

Detroit steckt in einer schwierigen Situation. Andre Drummond wurde als Franchise Player dargestellt (und auch so bezahlt), mit Reggie Jackson wurde ein hoffnungsvoller Point Guard an seine Seite gestellt. Es schien zu funktionieren. 2015 wurden erstmals nach sieben Jahren wieder die Playoffs erreicht. Zwar wurde das Team gegen die Cavaliers gesweept, doch hielt die Truppe von van Gundy ordentlich mit.

Doch die beiden Stars stagnierten. Jackson kämpfte mit Verletzungssorgen und hielt nach dem Geschmack vieler den Ball zu lange in der Hand. Drummond ist weiter ein katastrophaler Freiwerfer, verfügt in der Offense außer einem kleinen Hakenwurf über keine Waffen und ist defensiv nicht der Faktor, der er aufgrund seiner herausragenden Anlagen sein sollte.

Die kommende Saison ist wahrscheinlich die letzte Gelegenheit für beide, um zu zeigen, dass sie weiter die Zukunft der Franchise sein können. In einer schwachen Eastern Conference sollten die Playoffs machbar sein. Sollte allerdings Detroit in der Postseason chancenlos sein, könnte 2018 bereits der große Umbruch folgen. Gerüchte über Trades von Drummond und Jackson gab es zur Genüge, dazu wird Bradley Free Agent.

Dies war auch der entscheidende Punkt bei Caldwell-Pope, der den großen Zahltag wollte. Hätte Detroit den Shooting Guard langfristig gebunden, wären die Pistons tief in die Luxussteuer geraten. So wurde die Entscheidung um ein Jahr geschoben und Zeit gekauft, um dem Team in der jetzigen Besetzung die (wohl) letzte Chance zu geben.

Die Schwachstellen der Detroit Pistons

Es fehlt weiter ein echter Star, der ein Team auf seine Schultern nehmen kann. Drummond ist aufgrund seiner Freiwurfschwäche in der Crunchtime kaum ein Faktor (38,6 Prozent in der vergangenen Saison). Dazu fehlt nach dem Abgang von Marcus Morris ein Flügelspieler, der mehr als Durchschnitt ist. Tobias Harris ist zwar ein verlässlicher Scorer (16,1 Punkte), mehr aber nicht. Auf der Vier sieht es noch schlechter aus. Jon Leuer wird wohl als Starter beginnen, doch der traf als Stretch Big nur ausbaufähige 29 Prozent von Downtown.

Auch die Alternativen sind mehr als übersichtlich. Stanley Johnson konnte seine ordentliche Rookie-Saison nicht bestätigen und fiel teilweise aus der Rotation heraus. In Michigan besteht aber noch Hoffnung, dass aus ihm mal ein Starter werden kann. Minuten sollte es für ihn in jedem Fall geben.

Auch die Point-Guard-Situation blieb unbeantwortet. Jackson ist nicht sonderlich beliebt beim Publikum, wird sich aber nicht mit einer Backup-Rolle begnügen wollen. Sein Ersatz Ish Smith ist weniger spektakulär, doch das Team funktionierte mit ihm besser, was auch die On-/Off-Statistiken beweisen.

Während das Netrating mit Smith knapp über Null lag, kassierten die Pistons mit Jackson fast neun Punkte mehr als sie erzielten. Zudem war die Verteidigung mit keinem Spieler so schlecht wie mit dem Ex-Thunder-Guard (DefRtg: 110,5). Van Gundy sollte bereits früh eine Entscheidung treffen, ansonsten könnte dies die Teamchemie arg beeinträchtigen.

Der Hoffnungsträger der Detroit Pistons

Mit Bradley ist den Pistons zumindest ein kleiner Coup gelungen. Der Zweier bringt bärenstarke Defense und ein großes Herz nach Motown. Im Detroit-Kader findet sich kein Spieler, der über mehr Erfahrung verfügt und auch schon mehrfach in den Conference-Finals stand. Der Ex-Celtic ist zudem ein Musterprofi und kann den vermeintlichen Führungsspielern zeigen, was es heißt, ein Vorbild zu sein.

Gerade mit dem Wissen um Jacksons Defensivschwächen könnte die neue Nummer 22 ein wenig mehr Stabilität bringen. Wenn Jackson dann auch noch eine Saison ohne Beschwerden spielen könnte, wäre van Gundy viel geholfen.

Als kleiner Hoffnungsschimmer taugt zudem noch, dass die Pistons endlich wieder nach Detroit zurückkehren. Vorbei sind die Zeiten, als man weit vor den Toren der Stadt im Palace von Auburn Hills spielte. Entsprechend leer war die Halle an manchen Tagen. Zur neuen Saison wird die Little Caesars Arena in Downtown Detroit die neue Heimstätte. Der Vorverkauf läuft vielversprechend. Die Pistons liegen im Moment auf Platz zwei in der Liga bei den Verkäufen von Jahreskarten.

Das Fazit

Die Nicht-Verlängerung von KCP machte Sinn, auch der Trade von Morris ist durchaus vertretbar. Allerdings ist der Kader durch die Galloway-Verpflichtung nicht wirklich ausgewogen. Es fehlt neben Harris weiter ein potenter Flügelspieler. Wie im Vorjahr tummelt sich jede Menge Mittelmaß im Roster, der vergleichsweise fürstlich bezahlt wird und noch lange Vertrag hat. Der Großteil des Kaders steht noch bis mindestens 2019 in den Büchern.

In Detroit steht die Saison der Wahrheit vor der Tür. Die Playoffs sind in diesem Jahr Pflicht, im besten Fall soll deutlich mehr als Platz acht herausspringen. Mit Avery Bradley ist ein echter Stopper dazugekommen. Außerdem hatten die Pistons in der vergangenen Saison einiges an Pech, was Verletzungen anging. Gibt es keine Besserung, könnte der große Umbruch in Motown anstehen. Auch schon während der Spielzeit sind Veränderungen nicht ausgeschlossen.

Die Note: 4

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