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LeBrons neuer Herausforderer

Die Philadelphia 76ers haben an erster Stelle Ben Simmons gepickt
© getty

Ben Simmons, Nummer-Eins-Pick der Philadelphia 76ers, ist ein ungewöhnlicher Spieler mit ungewöhnlichen Anlagen. Vor allem die Familie hat großen Anteil an seinem Werdegang, in dem nichts dem Zufall überlassen wird: Die Karriere des Australiers folgt einem vorgezeichneten Weg.

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Im Leben eines Top-Picks und künftigem Franchise Players gibt es kaum noch unbeobachtete Momente. Wenige Tage vor der Draft wurde Ben Simmons von einer ESPN-Reporterin begleitet, die auch nicht von seiner Seite wich, als er mit seinem Bruder an der Konsole zockte: "FIFA", "Call of Duty" und noch einiges mehr. "NBA 2k" war allerdings nicht dabei - aus gutem Grund. "Das lege ich erst ein, wenn es mich selber im Spiel gibt", erklärte Simmons.

Dieser Wunsch geht bald in Erfüllung: Als Nummer-Eins-Pick der Philadelphia 76ers ist er in der NBA angekommen. Der Weg dorthin schien vorgezeichnet, jeder einzelne Schritt von Simmons folgte diesem einen, großen Ziel, unglückliche Zufälle waren von Anfang an nahezu ausgeschlossen. Denn der Australier wuchs in einer Basketball-verrückten Familie auf, in der sein Vater mit seinem Einfluss den Grundstein für die einzigartige Karriere seines Sprösslings legte.

Dave Simmons, geborener New Yorker und College-Absolvent Oklahomas, verpasste einst den Sprung in die NBA und siedelte deshalb nach Australien über, wo er nicht nur Bens spätere Mutter kennenlernte, sondern auch ein erfolgreicher Profi der australischen Liga (NBL) wurde. Kein Wunder also, dass er seinem Sohn die Liebe zum orangenen Leder vermittelte, und, viel wichtiger, dessen Trainer auf die richtige Spur brachte.

Bloß nicht im Post parken

Simmons war schon in jungen Jahren größer als seine Mitspieler. Es lag also nah, einen dominanten Big Man aus ihm zu machen - was der Vater zum Glück anders sah: "Wir mussten verhindern, dass er wegen seiner Größe einfach im Post geparkt wurde. Er musste der Ballhandler sein. Nur so lernt man, das Spiel zu verstehen", erklärte er seine Idee.

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Ein paar Jahre später sollte Ben Simmons seinem Vater für diese Sichtweise danken. Sein Skill-Paket ist einzigartig, er agiert als Point Guard im Körper eines Forwards. Er selbst sagt immer wieder über sich selber, dass er sich in erster Linie als Passer sehe, woran auch die australische Schule großen Anteil hat. "In Australien wird sehr europäisch gespielt - das heißt, viel passen, viel bewegen. Stats sind vollkommen egal, es geht in erster Linie ums Gewinnen."

Die Mismatch-Maschine

In den USA ist diese Philosophie nicht unbedingt die meist verbreitete. Trotzdem war ein früher Wechsel an eine amerikanische High School genau die richtige Entscheidung - auch wenn seine Mutter dagegen war: "Ich dachte, er ist noch so jung, der Weg ist so weit. Sollte er nicht noch etwas warten?", sagte sie gegenüber ESPN.

Simmons wartete nicht, er hatte schließlich einen Plan. Und in Übersee wurde ihm direkt eine neue Herangehensweise eingebläut: "Mir wurde sofort gesagt, ich soll mehr werfen, mehr punkten. Erst hatte ich damit Probleme, aber im Nachhinein war es wichtig, dass ich mir auch eine Scorer-Mentalität angeeignet habe."

Diese Mentalität hat das Bild einer unfassbaren Mismatch-Maschine erst komplettiert. Wird der 2,08 Meter große Aussie von größeren Gegenspielern verteidigt, geht er mit seinem Ballhandling an ihnen vorbei und schließt per Drive hochprozentig ab - oder spielt einen präzisen Kickout-Pass. Sind seine Gegenspieler hingegen kleiner und schneller, ist er eine Option im Post, aus dem er mit links wie rechts abschließen kann.

Das Wurfproblem

Allerdings gibt es auch ein dickes, fettes Fragezeichen bezüglich seines Spiels: Nämlich der Sprungwurf. Einen solchen besitzt Simmons nämlich nicht. Ob aus der Halbdistanz oder von der Dreierlinie, der 19-Jährige verweigert jeden offenen Wurf. Geht es nach seiner Quote und vor allem seiner Wurftechnik, bleibt eigentlich nur zu sagen: gut so. Sein Oberkörper nimmt beim Abschluss aus der Distanz eine ungesund aussehende Form an, die Ausrichtung der Fußstellung lässt kein wiederkehrendes Muster erkennen.

Wie schlimm es wirklich um seinen Wurf bestellt ist, belegt auch die Tatsache, dass ihm einige Coaches schon den Wechsel der Wurfhand nahegelegt haben sollen, um nochmal bei Null anzufangen. Seine Abschlüsse mit der schwachen, rechten Hand am Brett legen diese Vorgehensweise fast schon nah, dennoch wäre sie sehr ungewöhnlich. Die leicht verbesserte Freiwurfquote von Clevelands Tristan Thompson nach der Umstellung von links auf rechts wäre ein Beispiel, dass diese Taktik erfolgreich sein kann. Ein Scharfschütze wird aus dem frischgebackenen Champion aber wohl auch nicht mehr.

Ben Simmons wäre aber nicht Ben Simmons, wenn er sich von diesem Defizit beeindrucken lassen würde. "Die Leute suchen halt nach Dingen, die nicht so gut funktionieren. Jeder Spieler hat Schwächen, und es ist normal, dass ich als bester (College-) Spieler des Landes unter Sonderbeobachtung stehe. Aber das ist okay. Ich werde andere Wege finden, um zu scoren."

"Ihm die Hölle heiß gemacht"

Diese Aussage passt zur Karriere des Australiers, der immer seinen eigenen Weg gegangen ist - so auch bei der Auswahl des College. Er hätte überall hingehen können, entschied sich aber sehr früh für die eher kleine Louisiana State University. Der Grund ist recht simpel: Sein Patentonkel David Patrick ist dort Assistant Coach und nahm Simmons unter seine Fittiche.

"Familie ist für ihn unglaublich wichtig. Aber glaubt nicht, dass ich oder der Coaching-Staff ihn irgendwie bevorzugt behandelt haben. Im Gegenteil. Wir haben ihm die Hölle heiß gemacht", erklärte Patrick mit einem Augenzwinkern.

Als jüngstes von sechs Kindern nimmt die Familie in der Tat die wichtigste Rolle bei Simmons ein, auch in der Karriereplanung. Dafür hat auch seine Mutter gesorgt, die nichts dem Zufall überlassen will: "Wir versuchen, Ben praktisch mit vernünftigen Leuten zu umzingeln. Dabei holen wir uns auch Hilfe von außerhalb der Familie, wie die Klutch Sports Group oder Finanzberater."

Mentor LeBron

Die Klutch Sports Group um Berater Rich Paul ist eng mit LeBron James verwoben, ein weiterer Mentor von Simmons. Zum Job des Kings gehört es auch, den Jungspund in die Schranken zu weisen. In der Dan Patrick Show tönte der Australier jüngst, er habe neulich via FaceTime mit LeBron geredet und erläutert, dass er sich auf den Moment freue, in dem es zum ersten Matchup zwischen den beiden komme. Die Reaktion LeBrons? Er machte einen Kameraschwenk zur Larry O'Brien Trophy. Das Gespräch war beendet.

Bis dahin ist es für Simmons noch ein weiter Weg - doch die Zielstrebigkeit, mit der er seine Ziele bis dato erreicht hat, lässt Großes hoffen. Das unterstreicht auch die Langfristigkeit seiner Pläne: Als er von Chris Broussard gefragt wurde, wie lange er sich auf den Draft-Tag vorbereitet habe, war seine Antwort: "Seit ich sieben Jahre alt bin."

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