Immer wieder nahm sich Dirk Nowitzki einen Mitspieler zur Seite. Ob bei Auszeiten, beim Pausieren auf der Bank oder wenn sich die Teams an der Foullinie zusammenfanden - der 37-Jährige machte auf Korrekturen aufmerksam, lobte, motivierte, stachelte an.
Vor allem die zwei Jungspunde Dwight Powell und Justin Anderson bekamen ihre persönliche Schulung durch die Dallas-Legende. Nowitzki weiß nur allzu gut, wie Playoffs gehen. Gerade in Sachen Scoring kann er auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen.
Pippen wird einkassiert
Den letzten Beweis dafür lieferte er in Spiel 5, als er sich bereits im ersten Viertel an Bulls-Legende Scottie Pippen in der All-Time-Scoring-List vorbeischob. Doch neben Scoring bedarf es in den Playoffs noch mehr. Das weiß gerade der erfahrene Nowitzki. Das zeigte auch dieses letzte Saisonspiel gegen Oklahoma City.
Da wäre zum einen das Thema Defense, das für die Mavericks in dieser Saison bereits für reichlich Stirnrunzeln sorgte. Auch wenn Wes Matthews gegen Kevin Durant wieder eine starke Defensivleistung zeigte, Powell und Anderson körperlich gut dagegenhielten - durchschnittlich 112 Thunder-Punkte waren einfach zu viel.
Durant kritisiert Dallas-Defense
"Ihre Defense war reine Effekthascherei", kritisierte Kevin Durant die Mavs-Verteidigung nach dem finalen Buzzer: "Da fehlte die gesamte Serie über die Disziplin. Dadurch konnten wir abgesehen vom zweiten Spiel so hochprozentig treffen. Wir haben historisch schlecht geworfen und trotzdem nur mit einem Punkt Unterschied verloren. Wir konnten ansonsten machen, was wir wollten."
An der Defensivschwäche ist auch Nowitzki durch seine Nachteile in Sachen Geschwindigkeit und Athletik nicht ohne Schuld und trotzdem war er aufgrund seines konstanten Wurfs für die Mavs unabkömmlich: "Es waren hier drei Superstars auf dem Feld, einer davon war Dirk. Er hat uns mal wieder getragen", erklärte Rick Carlisle. Doch genau mit jener Konzentration auf seine Person war Nowitzki nicht wirklich glücklich: "Es war anstrengend, auch wenn es heute ging, war ich die Tage zuvor ziemlich müde."
Dennoch schloss das letzte Kapitel gegen die Thunder mit einem Nowitzki, der sich mal wieder als gefährlichster Spieler seines Teams entpuppte: 24 Punkte, 50 Prozent aus dem Feld. Der zweitbeste Punktesammler bei Dallas war Rookie Powell mit 16 Zählern.
Verletzungspech hält an
Das lag allerdings auch daran, dass Dallas erneut zahlreiche Spieler fehlten. Ein Grund, der schon über die ganze Saison an Dallas nagte und der sich Richtung Postseason immer mehr zuspitzte. Chandler Parsons, David Lee, Deron Williams und Salah Mejri - sie alle waren zum Zuschauen verdammt. Dazu kamen die angeschlagenen J.J. Barea und Devin Harris.
"Ich bin wirklich stolz auf das Team, letztendlich hatten wir zu viele Verletzungen, die uns seit einiger Zeit begleiten. Wir haben einen großen Kampf abgeliefert. Wir haben alles gegeben, was in unserer Macht stand", fasste Nowitzki die widrigen Umstände zusammen.
Allerdings ärgerte sich der 37-Jährige gleichzeitig über Verfehlungen, die ebenfalls stetiger Begleiter dieser Saison waren: "Wir waren richtig nah dran. Westbrook hält aus knapp zehn Metern drauf und wir brauchen nur diesen Rebound, aber Roberson schnappt sich das Ding und setzt den Layup rein. Diese Blauäugigkeit zur falschen Zeit fasst die Serie gut zusammen."
Dallas beweist Courage
Nun ließe sich weiter auf die kleinen und großen Probleme in diesem Spiel, dieser Serie und dieser Saison eingehen, doch ebenso war diese 104:118-Niederlage ein Paradebeispiel für die positiven Aspekte dieser Saison. Da wäre zum einen die großartige Moral, die auch Nowitzki bereits lobend hervorhob.
Allen Widerständen zum Trotz kämpfte die Truppe von Rick Carlisle bis zum Umfallen und ließ sich auch nicht von der langen Verletztenliste entmutigen. Genauso wenig von den groß aufspielenden OKC-Stars, die von den Referees die entsprechenden Pfiffe bekamen und selbst die schwierigsten Würfe verwandelten.
Gleichzeitig sprangen mit Powell und Anderson zwei Youngster in die Bresche, die für die Mavs in Zukunft eine wichtige Rolle spielen sollen. Besitzer Mark Cuban brauchte nicht viele Worte, um das Potential der Rookies zu beschreiben: "Sky is the limit!" Auch eine zukünftige Teilnahme beim Allstar-Game schließt er nicht aus.
Pachulia als Spielmacher
Ein Spieler der sich bereits die gesamte Saison über im Grenzbereich seines Leistungsvermögens bewegte, war Zaza Pachulia, der mit seinen zahlreichen Double-Doubles nicht wenige Experten seit Beginn der Saison in Staunen versetzt hatte.
Beim letzten Auftritt gegen die Thunder demonstrierten der Center darüber hinaus seine überdurchschnittlichen Passqualitäten. Pachulia blickt nicht nur deshalb recht positiv auf seine Spielzeit in Dallas zurück: "Alleine mit Dirk zu spielen war ein absolutes Highlight. Mit ihm Seite an Seite auf dem Court zu stehen. Ich habe unglaublich viel von ihm gelernt."
Dirk der Diplomat
Jedoch fällt auch in diesem Spiel wieder auf, wie zentral die Bedeutung von Nowitzki für die Mavericks immer noch ist. Er ist Lehrer, Identifikationsfigur und nach wie vor der beste Spieler auf dem Court. Selbst als Diplomat sprang er für Cuban ein, als dieser Russell Westbrook vor Spiel 5 die Superstar-Qualitäten absprach und dafür von Durant patzig zurechtgewiesen wurde ("Er ist ein Idiot!").
Die Auseinandersetzung über die Medien kommentierte der Deutsche mit einem Lächeln: "Ich würde ihn für unser Team nehmen", womit er nicht nur die Schärfe aus der Diskussion nahm, sondern zugleich für reichlich Lacher bei der Pressekonferenz sorgte.
Nur bei der Frage nach seiner Zukunft wurde Nowitzki noch einmal Ernst: "Ich habe bereits die letzte Jahre erklärt, dass ich kein Teil eines Rebuild sein will. Ich werde nächstes Jahr 38. Wenn wir wieder gute Leute dazu holen und weiter um die Playoffs spielen, werde ich den Rest meiner Karriere ein Mav bleiben." Sein Coach will derweil alles tun, damit das auch so bleibt: "Hoffentlich war das nicht das letzte Spiel. Ich fliege zur Not auch nach Deutschland, um ihn davon zu überzeugen."