NBA

Alles, was es zum Titel braucht?

Die Starting Five der Blazers gehört zu den besten Units der NBA
© getty

Mit 54 Siegen und dem Erreichen der zweiten Playoff-Runde waren die Portland Trail Blazers eine der Überraschungen der vergangenen Saison. Das Front Office will dem Team nun Zeit geben, sich um die Superstars LaMarcus Aldridge und Damian Lillard zu entwickeln. Ungefährlich ist das allerdings nicht: Welche Auswirkungen hat die WM? Und was passiert mit LMAs Vertrag?

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"Wir haben gesehen, was es für den Titel braucht. Wir haben über 50 Spiele gewonnen. Wir haben im Laufe der Saison die besten Teams geschlagen. Wir haben die Teams besiegt, die wir besiegen sollten. Wir haben auswärts gewonnen. Wir haben das gezeigt, was von uns erwartet wurde. Wir konnten uns nur auf eines nicht vorbereiten: gegen einen Champion zu spielen. Und das ist dann passiert."

So fiel das Fazit von Portlands Wesley Matthews am Ende der vergangenen Saison aus. Rip City hatte die Houston Rockets in der ersten Playoff-Runde ausgeschaltet, war dann gegen den späteren Titelträger aus San Antonio jedoch weitestgehend chancenlos.

Die Silberrücken vom Alamo waren einfach zu gut und zu abgezockt für das junge Team aus Oregon. Das Team hat also in der Tat gesehen, was es für den Titel braucht. Die Frage, die sich die Blazer-Fangemeinde nach einer weitestgehend ereignislosen Offseason stellt, ist die, die Matthews angesprach: Hat unser Team denn ebenfalls alles, was man für einen Titel braucht?

Natürlich war die Saison für die Blazers ein voller Erfolg: 2013 hatte man die Postseason noch verpasst, aber im zweiten Jahr von Head Coach Terry Stotts machte man einen gewaltigen Sprung nach vorn und schob sich mit 54 Siegen auf Platz fünf der Western Conference.

LaMarcus Aldridge und Damian Lillard schafften es verdientermaßen ins All-Star-Team und heimsten All-NBA-Ehrungen ein. Die Fans, hier und da als gluckenhafte, übereifrige Fanatiker belächelt, konnten stolz sein auf ihr Team - immerhin hatte man einen möglichen jahrelangen Rebuild nach zwei Spielzeiten ohne Playoffs einfach übersprungen.

Alles beim Alten

Deshalb war es keine Überraschung, dass das Front Office den Vertrag mit Übungsleiter Stotts nach dem Playoff-Aus demonstrativ verlängerte.

Aber die übrigen Ereignisse des Sommers sind schnell erzählt: Backup-Guard Mo Williams wanderte nach Minnesota ab und wurde durch Rückkehrer Steve Blake ersetzt, der einen Zweijahresvertrag unterschrieb. Chris Kaman kam für ebenfalls zwei Jahre und wird für insgesamt knapp zehn Millionen Dollar hinter Robin Lopez einen fähigen Ersatzmann abgeben - so er denn gesund bleibt.

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Darüber hinaus sieht der Kader im Prinzip genau so aus wie im letzten Jahr. Was vor allem daran liegt, dass das Team in ausgerechnet diesem so starken Draft keinerlei Picks zur Verfügung standen: Den First-Rounder opferte man schon 2011 für Gerald Wallace - und die Zweitrundenpicks sind bis einschließlich 2017 ebenfalls vergeben.

Dafür sicherte man sich im Gegenzug Spieler wie Thomas Robinson oder auch Robin Lopez, aber die Möglichkeiten in den kommenden Drafts sind doch sehr eingeschränkt.

Alles deutet also daraufhin, dass sich das Team im Moda Center mittelfristig nicht allzusehr vom aktuellen Lineup unterscheiden wird, vor allem dann nicht, wenn die First-Round-Picks erst in den 20ern zu finden sind.

Schwachpunkt Bank

Das Front Office scheint dem aktuellen Kader langfristig zu vertrauen. Erstes Ziel ist es, die Verträge der Leistungsträger, zuerst von LMA und dann von Lillard, langfristig zu verlängern. Gleichzeitig sollen die jungen Spieler zu weiteren Leistungsträgern heranreifen. "Wir hatten acht Spieler, die erst ein oder zwei Jahre in der Liga waren", betonte Stotts nach dem Aus gegen die Spurs, mahnte aber auch: "Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem die Jungs, unabhängig davon, was mit dem Roster passiert, einen Sprung machen müssen."

Auf diesen Sprung baut Stotts, der gleichzeitig zugab, sich in der kommenden Spielzeit vermehrt darum bemühen will, die Bank besser zu nutzen. Durch den Abgang von Williams knackte kein einziger im letzten Jahr die 15-Minuten-Marke. Resultat: In Sachen Produktivität von der Bank landete Rip City ganz weit hinten.

Stotts ist auf weitere Leistungssprünge eines Thomas Robinson, eines CJ McCollum oder eines Meyers Leonard angewiesen. Nur so kann er die Balance im Team gewährleisten, oder aber mögliche Verletzungen der Starter auffangen. Da hatten die Blazers 2013/2014 Glück: Bis auf Aldridge verpasste kein Starter auch nur ein einziges Spiel.

Aldridge und Lillard sind gefordert

Ein junges, aber gleichzeitig eingespieltes Team soll es also richten für Portland und Schritt für Schritt in die Beletage der NBA aufsteigen. Ein Leistungsabfall bei den alternden Stars ist nicht zu befürchten, ein Problem, mit dem sich so mancher Titelfavorit auseinandersetzen muss.

Trotzdem muss konstatiert werden: Selbst wenn der Kader gesund bleibt und der Nachwuchs weiter zulegt - die Blazers werden nur soweit kommen, soweit sie von LaMarcus Aldridge und Damian Lillard geführt werden können.

Das klappte im vergangenen Jahr hervorragend. LMA profilierte sich als einer der besten Mitteldistanzschützen der Liga und scheint endlich in der Riege der Superstars akzeptiert zu werden. Seine Auftritte in den Playoffs gegen Houston (46 Punkte in Spiel 1, 43 in Spiel zwei) zeigten sein ganzes Potenzial noch einmal auf. Er kann ohne Zweifel der beste Spieler in einem Meisterteam sein.

Wenn er das überhaupt muss. Denn in "Dame" Lillard hat er einen Meisterschützen mit Eis in den Adern an seiner Seite. Mit mehreren Gamewinnern, darunter dem entscheidenden Treffer gegen die Rockets gilt der 24-Jährige schon jetzt als einer der gefährlichsten Clutch-Schützen der Liga. Der Lohn könnte eine Einladung in den finalen WM-Kader von Coach K sein.

Was bringt die WM?

Aber da liegt auch die Gefahr. Denn während eine WM-Teilnahme einerseits schon Stars wie Kevin Durant zu neuen Höhen beflügelt hat, warten andererseits danach noch bis zu 100 Saisonspiele. "Ich schaue mir schon lange die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaften an", so Lillard. "Die Spieler kommen zurück und sind nicht nur besser, sondern auch bessere Anführer in ihren Teams. Das will ich auch erreichen."

Aber die Klubführung weiß um die Gefahr. Dabei geht es nicht unbedingt um eine schwere Verletzung wie die von Paul George. Die kann man sich schließlich auch genauso in der heimischen Trainingshalle zuziehen. Aber die Meilen auf dem Tacho sammeln sich eben an. Und nicht nur auf dem des amerikanischen Guards.

Als Nicolas Batum noch unschlüssig ob seiner WM-Teilnahme war, riet ihm Stotts öffentlich davon ab. "Wenn er spielt, dann macht mir das mehr Sorgen [als bei Lillard]. Wenn man im Sommer solche mentalen und körperlichen Anstrengungen auf sich nimmt, vor allem wenn man auch noch die Playoffs spielt, habe ich da meine Bedenken." Die Franzosen würden schon zwei Monate vor dem Turnier trainieren, und zwar zweimal täglich.

Batum ist trotzdem dabei, wie in fast jedem Sommer. Victor Claver für den Gastgeber ebenfalls, dabei hatte der noch auf die Summer League verzichtet, mit der Begründung, sich ausruhen zu müssen. Immerhin hat Joel Freeland frei, weil sich England nicht qualifizieren konnte. Und Aldridge ist ebenfalls nicht am Start.

"Bester Blazer aller Zeiten"

Der Big Man hatte sich nach eigenem Bekunden schon auf das Team USA gefreut, sagte aber vor drei Wochen überraschend ab. Der Grund könnte in seiner aktuellen Vertragssituation liegen. Denn während George seine 90 Millionen Schäfchen schon ins Trockene gebracht hat, lehnte LMA eine Extension über drei Jahre und 65 Millionen Dollar ab.

Sein Vertrag läuft im kommenden Sommer aus, eine Verlängerung würde dann um einiges lukrativer ausfallen. "Ich bin glücklich hier, glücklich mit der Entwicklung des Teams", so der 29-Jährige. "Aber ich will diesen Fünfjahresvertrag [über 108 Millionen Dollar]. Ich denke, das ist für mich einfach die beste Entscheidung."

Von Abschied ist keine Rede, im Gegenteil. Er wolle "der beste Blazer aller Zeiten" werden, betonte Aldridge. Dennoch bedeutet seine Entscheidung zumindest ein bisschen Unsicherheit für das Front Office. Wie sagt man so schön: Talk is cheap.

Er wäre nicht der erste Superstar, der sich nach öffentlichen Liebesbekundungen doch für ein anderes Team entscheidet. Was, wenn das Team wider Erwarten einbricht? Oder ein Trade zu Stande kommt, der ihm nicht zusagt? Andererseits trägt er natürlich auch das Risiko. Siehe Paul George.

Nur nichts überstürzen

Alles in allem muss man konstatieren: Sollte nichts Dramatisches geschehen, scheinen die Blazers so gut aufgestellt, dass man die Playoffs in den kommenden Jahren erreichen sollte, selbst im starken Westen. Andererseits ist man noch lange kein Titelfavorit, eine drastische Leistungssteigerung im Vergleich zu 2013/2014 erscheint ebenso unwahrscheinlich. Kaman ist eine nette Ergänzung, Blake hatte seine besten Jahre in Rip City, ja. Aber ist das genug, um der schwächelnden Bank auf die Sprünge zu helfen?

Das Front Office hat sich nach dem schnellen Sprung in die erweiterte Ligaspitze nun für einen "Schritt für Schritt"-Kurs entschieden. Man ist jung, man wird besser, man hat die Stars. Warum also etwas überstürzen. Die meisten Fans sind dabei mit an Bord, die Truppe ist im Nordwesten der USA sehr beliebt.

In einigen Fans dagegen ist ein innerer Zwiespalt entbrannt: Kann man mit dieser Aufstellung wirklich die ganz großen attackieren? Das Duell mit den Spurs zeigte, dass man vom ersehnten Ring noch ganz schön weit weg ist. Die vorsichtige Taktik hat bisher ja auch bei anderen Teams nicht zum Erfolg geführt, siehe etwa die Thunder. Und deren Kader ist mit Sicherheit auch nicht schlechter. Sollte man nicht doch etwas riskieren?

Aldridge hat darauf nur eine Antwort: "Jeder von uns muss sich für den Sommer ganz genau überlegen, was er im kommenden Jahr noch besser machen kann. Ich denke, wir müssen alle einfach noch sehr viel härter trainieren." Dann wird man sehen, wo man steht - und ob man alles hat, was es für den Titel braucht.

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