NBA

Mit Defense in die Playoffs

Von Max Marbeiter
Mark Jackson (l.) und Stephen Curry sind hauptverantwortlich für Golden States Aufschwung
© Getty

Lange Jahre dümpelten die Golden State Warriors im Niemandsland der NBA herum. Ein zunächst umstrittener Trade brachte jedoch die Wende. Mit neuem Coach, neuen Spielern, vor allem aber einer neuen Identität ist das Team aus der Bay Area inzwischen ein ernstzunehmender Playoff-Kandidat.

Cookie-Einstellungen

Als Monta Ellis im vergangenen März nach Milwaukee getradet wurde, kamen bei den Golden State Warriors plötzlich böse Erinnerungen hoch. Ausgerechnet Andrew Bogut, unbestritten einer der besten Center der Liga, ebenso unbestritten aber auch extrem verletzungsanfällig, wechselte im Tausch für den Franchise-Player und Publikumsliebling in die Bay Area.

Dabei waren in der Vergangenheit doch bereits häufiger fragwürdige Draft- oder Trade-Entscheidungen einer erfolgreichen Zukunft der Warriors im Wege gestanden. Ob Kevin McHale, Kobe Bryant oder Tracy McGrady, in schöner Regelmäßigkeit verpassten die Warriors die Verpflichtung zukünftiger Superstars. Das Resultat: In den letzten 17 Jahren gelang Golden State einzig 2007 der Einzug in die zweite Playoff-Runde - ausgerechnet gegen Dirk Nowitzkis damals topgesetzte Dallas Mavericks.

So haftete den Warriors trotz mitunter höchst ansehnlichem Offensivbasketball lange Zeit das Image der klassischen Loser-Franchise an. Es sollte, es musste sich etwas ändern. Und genau dazu war Joe Lacob angetreten, als er den Klub 2010 gemeinsam mit Peter Gruber und einer Investorengruppe kaufte.

Neue Besitzer planen Zukunft

"Wir wollen den Warriors unbedingt zu alter Größe verhelfen und wollen nichts anderes, als eine Championship-Franchise aufbauen, die uns alle in der Bay Area stolz macht", sagte Lacob damals. Große Worte, denen die Warriors jedoch auch Taten folgen lassen.

Eine neue Arena ist in Planung und soll dem Team ab 2017 erstmals seit über vier Jahrzehnten wieder eine Heimat in San Francisco bieten. Auch das nötige Risiko wird nicht gescheut: 2011 verpflichtete man mit Mark Jackson einen Coach, der sich in der NBA zuvor lediglich als Spieler und TV-Experte, nicht aber als Trainer hervorgetan hatte.

Jackson, so der Plan, sollte Golden State endlich die chronische Defensiv-Allergie abgewöhnen. Das Problem: Mit dem vorhandenen Spielermaterial waren große Sprünge in der Defense schlicht nicht möglich. So gut Monta Ellis, Stephen Curry oder David Lee offensiv auch sein mögen, wie man die eigene Zone dichthält, haben sich noch nicht verstanden.

Grundsatzentscheidung: Curry oder Ellis?

Also dümpeln die Warriors in der Lockout-Saison vor sich hin und verpassen abermals die Playoffs. Veränderungen sind gefragt, vor allem aber Entscheidungen. Wer soll die Franchise in Zukunft tragen? Wer ist dazu überhaupt geeignet? Stephen Curry oder Monta Ellis?

Die Wahl fällt auf Curry. Offenbar zurecht. Denn nach gut einem Drittel der Saison steht Golden State mittlerweile so gut da wie lange nicht mehr, belegt mit 22 Siegen bei 11 Niederlagen und Rang fünf in der Western Conference.

Ein Umstand, der nicht zuletzt jenem Trade aus dem März 2012 zu verdanken ist. Zwar hat Andrew Bogut auf Grund von Verletzungen noch nicht den gewünschten Impact auf das Spiel, ohne Ellis verschob sich jedoch das Kräfteverhältnis - zu Gunsten des gesamten Teams.

Curry führt das Team

Stephen Curry ist inzwischen der uneingeschränkte Chef im Backcourt. Der Aufbau ist nach hartnäckigen Knöchelproblemen in seiner vierten NBA-Saison endlich richtig fit, schießt stark aus der Distanz (45 Prozent), scort mehr als je zuvor (20,1 Punkte) und verteilt 6,5 Assists - Karrierehöchstwert. Dazu bildet er gemeinsam mit Klay Thompson, der nach Monta Ellis' Abgang zum Starter auf der Zwei aufstieg, das gefährlichste Backcourt-Duo jenseits der Dreierlinie.

Insgesamt 5,5 Mal schicken beide den Spalding pro Spiel aus der Distanz durch die Reuse, ziehen das Feld damit in die Breite und verschaffen David Lee so den nötigen Platz in der Zone. Und der Power Forward weiß es mit All-Star-würdigen Zahlen zu danken. Beinahe knackt er die magische 20/10-Marke (19,9 Punkte, 10, Rebounds) und verteilt dazu so viele Assists wie kein anderer Vierer der Liga (3,7). Ein Absinken des Verteidigers bestraft er regelmäßig mit dem Pass hinaus zum freien Schützen am Perimeter.

Dass die Arrivierten inzwischen ihr Potential abrufen ist das eine, nicht minder wichtig ist aber die Neuausrichtung des gesamten Teams. Wo in der Vergangenheit häufig Planlosigkeit regierte, haben die Warriors bei der Kaderzusammenstellung diesmal offenbar alles richtig gemacht.

Endlich gute Personalentscheidungen

Mit Jarrett Jack haben sie einen sechsten Mann verpflichtet, der nicht nur starke Zahlen auflegt (12,2 Punkte, 5 Assists in nur 27,7 Minuten), sondern meist auch in der Schlussphase den Ballvortrag übernimmt, so dass sich Stephen Curry auf den tödlichen Distanzwurf konzentrieren kann. Carl Landry sorgt wiederum für zusätzliche (Scoring-)Präsenz im Post und auch die Rookies haben bereits ihren festen Platz in der Rotation.

Harrison Barnes bringt die neben den Shootern Curry und Thompson wichtige Athletik auf dem Flügel und ersetzt den am Kreuzband verletzten Brandon Rush stark. Festus Ezeli räumt in Abwesenheit von Andrew Bogut in der Zone auf und auch Draymond Green ist ein wichtiger Bestandteil des Teams - so gesehen bei seinem Gamewinner Mitte Dezember gegen die Miami Heat.

Eine nicht minder wichtige Personalie lag im Sommer jedoch nicht in Händen der Warriors. Wo auch immer ein neuer Head-Coach gesucht wurde, fiel schnell der Name Mike Malone. Der Assistant-Coach war heiß umworben, blieb am Ende aber doch in der Bay Area.

Verbesserte Defense bringt Erfolg

Malone gilt als ausgesprochener Defensiv-Spezialist und ist damit mitverantwortlich für das wohl wichtigste Identitätsmerkmal der neuen Warriors. Zählte Golden State vergangenes Jahr noch zu den miesesten Defensiv-Teams der Liga, verteidigen sie inzwischen mehr als respektabel.

Gerade die Pick-and-Role-Defense funktioniert wesentlich effektiver. Die Guards setzen den jeweils Ballführenden stärker unter Druck, machen die Mitte zu. So entstehen weniger Lücken in der Zone, was wiederum einfache Leger oder Durchstecker verhindert - ein Grund, weshalb Golden State in John Hollingers Defensive Efficiency Ranking auf einem starken zehnten Platz rangiert.

Und auch das Rebounding hat sich eklatant verbessert. Vergangene Saison lag Golden State beim Rebound Rating noch auf dem letzten Rang, dieses Jahr ist man Dritter. Das Team hat gelernt, das richtige Maß zwischen Offensive und Defensive zu finden. Selbst wenn vorne immer noch fröhlich gescort wird, das Spiel mitunter an schnellste Run-and-Gun-Zeiten erinnert, so hat Mark Jackson seinem Team doch eine Defense-First-Mentalität eingeimpft.

Kein Zeitplan für Bogut-Rückkehr

Eine Mentalität, die mit der Rückkehr von Andrew Bogut noch weiter verinnerlicht werden dürfte, gilt der Center doch als einer der besten Verteidiger im Team. Zuletzt war zwar häufig über ein vorläufiges Saisonaus spekuliert worden, doch davon will der Australier nichts wissen. "Ich werde diese Saison definitiv noch spielen", sagt er. "Es ist nur eine Frage der Zeit."

Und Zeit soll Bogut auch erhalten. Team und Trainerstab üben keinen Druck aus, einen festen Zeitplan für eine Rückkehr gibt es nicht. Wieso auch? Schließlich funktioniert das Team, anders als beispielsweise die Philadelphia 76ers, ohne seinen Fixpunkt im Post.

Gerade gegen die Topteams beweisen die Warriors regelmäßig, dass mit ihnen zu rechnen ist. Ob die überraschenden starken Hawks, Meister Miami oder die Seriensieger der L.A. Clippers - alle bekamen bereits Golden States ganze Offensiv- und Defensivpower zu spüren. Das letzte Duell mit den Clippers ging jedoch deutlich verloren. Beim 89:115 versagte allerdings auch die Defense.

Der NBA-Spielplan im Überblick

Artikel und Videos zum Thema