Der Beste im Team der Schlechtesten

Von Denis Frank
Sergio Parisse (M.) verlor trotz starker Leistung gegen Frankreich
© getty

Italiens Kapitän gilt bei vielen Kollegen und Experten als der kompletteste Rugbyspieler weltweit. Niemand verbindet physische Dominanz auf dem Feld mit so viel Können und Eleganz. In einer oftmals untergehenden Mannschaft Italiens ragt Parisse immer wieder heraus. Auch bei der Six Nations? Bei SPOX gibt es alle Spiele im LIVESTREAM FOR FREE.

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Die Uhr im Auftaktspiel der diesjährigen Six Nations am vergangen Samstag im Pariser Stade de France war schon auf rot gesprungen, Italien lag nach über 80 Minuten regulärer Spielzeit gerade einmal zwei Punkte hinter dem großen Favoriten Frankreich.

Ein einziger Straftritt oder ein Dropgoal hätten für Italien gereicht, um das Ergebnis zu drehen und erstmals ein Six-Nations-Spiel in Paris zu gewinnen. Italiens einziger Spieler von Weltklasseformat, Sergio Parisse, scheute nicht vor der Verantwortung zurück, versuchte das Dropgoal aus über 40 Metern Entfernung - und scheiterte.

Auch wenn er es war, der die Niederlage letztendlich besiegelte: Sie an Parisse festzumachen wäre mehr als nur falsch, denn ohne die Weltklasseleistung des italienischen Achters wäre Italien überhaupt nie in die Position gekommen, das Spiel am Ende noch drehen zu können.

Einmalige Kombination

Zehn Mal trug Parisse den Ball in den Kontakt und machte dabei 91 Meter gut. Der zweitbeste Wert in allen drei Spielen des Turniers, nur der walisische Schluss Liam Williams trug den Ball mit 95 Metern ein wenig weiter. Zum Vergleich: Parisse machte mehr Meter mit dem Ball als der gesamte Sturm der siegreichen englischen Mannschaft (inklusive Einwechselspieler) in ihrer Partie gegen die Schotten in Edinburgh zusammen.

Auch die Tatsache, dass gerade Parisse den entscheidenden Dropkick in der Nachspielzeit versuchte, spricht Bände über seine Rolle im italienischen Team. Wird doch normalerweise jedem Rugbyspieler von der frühen Jugend bis hin zu den Profis eingehämmert, dass der Sturm für die dreckige Arbeit zuständig sei, nicht für die Finessen im Spiel und erst recht nicht für die Kicks.

Doch Parisse verbindet wie kein anderer Spieler weltweit die physische Seite des Sturmspiels, also harte Tackles, gegnerische Spieler schlicht zu überrennen und generell seine 112 Kilogramm in Mauls, Scrums und Rucks gewinnbringend einzusetzen. Mit Pässen durch die Beine, No-Look-Pässen hinter dem Rücken und eben auch Kicks.

Qualität in der Nationalmannschaft fehlt

Der in Argentinien als Sohn italienischer Eltern geborene Parisse war schon in seinen Jugendjahren als extrem talentiert aufgefallen und entschied sich früh dazu, das Heimatland seiner Eltern zu repräsentieren. Mit bereits 18 Jahren gab er sein Debüt für die Squadra Azzura gegen die All Blacks und ist mittlerweile seit fast neun Jahren ihr Kapitän.

Auf die ganz großen Erfolge auf der großen, internationalen Bühne musste er bislang verzichten. Doch wie auch schon am vergangenen Samstag ist die Schuld daran bei seinen Mitspielern zu suchen und nicht bei ihm.

Renaissance mit Paris

Mit seiner Vereinsmannschaft Stade Francais Paris, für die er mittlerweile im elften Jahr spielt, konnte Parisse immerhin zwei Mal die französische Meisterschaft gewinnen. Nach einer längeren Durststrecke, einer finanziellen Schieflage des Vereins und damit verbundenen Spielerverkäufen gelang dem Traditionsklub aus der französischen Hauptstadt im letzten Jahr eine wahre Renaissance.

Der mittlerweile 32 jährige Kapitän führte seine "soldats roses" mit einer überragenden Saison bis zum Titel und widerlegte damit mehr als eindrucksvoll alle Vermutungen, er befände sich mittlerweile im Spätherbst seiner Karriere. Im Halbfinale gegen den Abonnement-Europacupsieger von 2013-2015 und haushohen Favoriten RC Toulon zeigte sich Parisse wieder mal in Weltklasse-Form und bereitete einen Try in gewohnter "no-look behind-the-back" Manier vor.

Auch gegen England nur Außenseiter

Am kommenden Samstag in der Partie gegen England wird der talentierte Achter erneut versuchen, das Spiel seiner Azzuri an sich zu reißen und einem weiteren großen Favoriten ein Schnippchen zu schlagen. Das Duell zwischen dem Kapitän der Italiener und seinem alten Vereinskollegen und gutem Freund James Haskell dürfte ein besonderes werden.

Mehr als 70.000 Fans im legendären Olimpico in Rom werden hinter Sergio Parisse stehen. Dennoch scheint England unter seinem neuen Trainer Eddie Jones eine zu hohe Hürde zu sein. Allerdings hatte schon im Vorfeld des Spiels gegen Frankreich niemand den Italienern den Hauch einer Chance gegeben...

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