Cleveland Browns: Hue Jackson
Vorgänger: Mike Pettine
vorheriger Job: Offensive Coordinator, Cincinnati Bengals
Der 50-Jährige ist der neue Mann in Ohio. Jackson soll bei seiner zweiten Position als Head Coach - 2011 hat er bereits die Oakland Raiders trainiert (Bilanz: 8-8) - ausgerechnet die Browns, also das NFL-Symbol des Misserfolgs seit der Jahrtausendwende, wieder auf Kurs bringen. Der ehemalige Offensive Coordinator der Cincinnati Bengals war der absolute Wunschkandidat von Owner Jimmy Haslam, der Jackson direkt nach dem ersten Meeting den Job anbot und so verhinderte, dass sein zukünftiger Head Coach nach New York zu einem Termin mit den Giants reiste.
Die NFL-Offseason im Überblick: Der ganz normale Wahnsinn
In den letzten zwei Jahren formte Jackson gemeinsam mit seinem Boss Marvin Lewis Andy Dalton und verhalf dem Bengals-QB in diesem Jahr zu einer MVP-reifen Saison, die jäh durch einen Daumenbruch der "Red Rifle" beendet wurde. Mit Dalton under Center wäre Jackson sicherlich noch länger im Rennen um den Super Bowl gewesen. Doch statt mit Dalton und Lewis den nächsten Versuch gegen den Postseason-Fluch der Bengals zu starten, will Jackson in Cleveland lieber sein eigenes Team aufbauen. Der 50-Jährige hat bei den Browns wohl mehr Mitspracherecht bei der Zusammenstellung des Rosters, als er es in New York oder bei den ebenfalls interessierten San Francisco 49ers gehabt hätte.
So darf sich Jackson mit dem zweiten Pick im anstehenden Draft seinen neuen Franchise-QB selbst aussuchen, vorausgesetzt Tennessee tradet den ersten Pick nicht an ein Team, das dringend einen neuen Quarterback sucht. Johnny Manziel hat nach seinen unzähligen Eskapaden keine Zukunft mehr in Cleveland und soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge Anfang März entlassen werden. "Dieses Team braucht einen Quarterback", erklärte Jackson unlängst.
Als Favorit gilt Quarterback Jared Goff. An dessen Alma Mater war Jackson übrigens 1996 Offensive Coordinator. Mit Travis Benjamin und Tight End Gary Barnidge wären für Goff bereits zwei verlässliche Receiver vorhanden, auch die O-Line sollte mit Jackson an der Seitenlinie stabiler stehen als noch unter Pettine. Wunderdinge sind vom 50-Jährigen in seiner ersten Saison an der Seitenlinie nicht zu erwarten. Nur dürfen sich die Fans der Browns, vor allem die im berüchtigten "Dawg Pound", auf eine kreative Offense freuen, die von ihrem Franchise-QB der kommenden Jahre angeführt wird - sofern Goff nicht der nächste Tim Couch wird...
New York Giants: Ben McAdoo
Vorgänger: Tom Coughlin
vorheriger Job: Offensive Coordinator, New York Giants
Nach vier Saisons ohne Postseason nahm Giants-Ikone Tom Coughlin Anfang Januar freiwillig seinen Hut, obwohl der Super-Bowl-Gewinner von 2009 und 2011 gerne mit ihm weitergemacht hätte. Nach Hue Jacksons Absage wurde die Nachfolge intern geregelt, Offensive Coordinator Ben McAdoo heißt der neue Chef im Big Apple. Die Giants haben im Sommer einiges an Cap Space zur Verfügung und dürften somit in der löchrigen Defense nachbessern. Interessant wird dabei vor allem sein, ob Defensive End Jason Pierre-Paul einen Vertrag angeboten bekommt. In der Secondary soll zudem Chiefs-Safety Eric Berry ein heißer Kandidat sein, sollte er nicht in Kansas City verlängern. Auch die O-Line benötigt nach den Entlassungen bzw. Rücktritten von Will Beatty und Geoff Schwartz Verstärkung.
Hangover zum Saisonabschluss: Magie, Nussknacker und "The Fake"
Vielmehr liegt der Fokus aber auf der Offense. Archie Manning, Vater von Giants-Quarterback Eli, erklärte unlängst gegenüber der "New York Post": "Eli liebt Ben McAdoo. Er ist unter ihm ein besserer Spieler geworden und hat sich nochmal weiterentwickelt.". Tatsächlich schaffte es McAdoo Mannings Interceptions von 27 im Jahr 2013 auf je 14 in den vergangenen beiden Jahren zu reduzieren. Manning lieferte zudem mit einem durchschnittlichen Passer Rating von 93,6 einen Karriere-Bestwert ab. Für den Coach mit dem markanten Schnauzer aber noch nicht genug: "Wir können vor allem die Interceptions noch etwas runterschrauben. Eli hatte eine gute Saison, war richtig fit und hat in engen Spielen gut agiert. Ich erwarte nächstes Jahr noch ein kleines bisschen mehr von ihm", sagte McAdoo gegenüber der New York Post.
Mit dem wiedergenesenen Victor Cruz, der McAdoo unlängst als Lieblings-Coach bezeichnete, und Star-Receiver Odell Beckham Jr. verfügen die Giants über zwei herausragende Wideouts, die Mannings Pässe hervorragend fangen können. Sofern der zweimalige Super-Bowl-Gewinner denn genügend Zeit under Center hat. Denn die O-Line der Giants rangierte letztes Jahr laut Pro Football Focus nur auf dem 20. Platz ligaweit, der neue O-Line-Coach Mike Solari soll das ändern. Mit LG Justin Pugh, Center Weston Richburg und LT Ereck Flowers drafteten die Giants zuletzt dreimal früh für die Protection Mannings, die rechte Seite bleibt aber weiterhin das Sorgenkind bei den Giants. Nicht auszuschließen, dass die Giants auch dort im Draft nochmal nachlegen: Flowers, Pugh und Richburg sind alle legitime Starter, drei Spieler reichen aber nun mal nicht, um Manning genügend Zeit in der Pocket zu verschaffen.
McAdoo wird mit den Giants in der kommenden Saison definitiv die Playoffs ins Visier nehmen, das Roster stimmt zumindest in großen Teilen schon mal. Jetzt muss der 38-Jährige nur noch lernen, wie er einen Anzug in der NFL richtig trägt: Zur ersten Pressekonferenz erschien er in einem fast sackartigen Gewand und scherzte danach: "Bevor ich 60 Pfund verloren habe, saß der noch perfekt."
Miami Dolphins: Adam Gase
Vorgänger: Joe Philbin, Dan Campbell (interim)
vorheriger Job: Offensive Coordinator, Chicago Bears
Mit Ryan Tannehill verlängert und Ndamukong Suh aus Detroit geholt - die Lage am South Beach schien im letzten Sommer genauso sonnig zu sein, wie es Floridas Spitzname "Sunshine State" auch ausdrückt. Vier Spiele und eine 1-3-Bilanz später fegte dann aber eher ein spätsommerlicher Tornado über Miami hinweg. Tannehill schien nicht an seine gute Saison 2014 anknüpfen zu können und Suh passte irgendwie nicht in die Defense der Dolphins. Die Folge: Joe Philbin muss bereits nach vier Spielen seinen Hut nehmen, Tight-End-Coach Dan Campbell übernahm für den Rest der Saison. Die Playoffs waren für die Dolphins schon schon wenig später nicht mehr zu erreichen.
Campbell überzeugte als Interims-HC ebenfalls nicht, also ging auch Miami im Januar erneut auf Coaching-Suche. Der Favorit war schnell gefunden: Adam Gase, 37, Offensive Coordinator bei den Chicago Bears. Oder kurz: Der Mann, der aus Interception-Maschine Jay Cutler einen überdurchschnittlichen Quarterback machte. Nochmal: Jay Cutler! Gase sorgte dafür, dass der Bears-QB einen Karriere-Tiefstwert von elf Picks und beim Passer Rating ein Career High von 92,3 produzierte. Schon in der High School, als Gase selbst noch als Tight End spielte, zeichnete er Plays für sein Team auf und verhalf diesem so zum Sieg.
An der Louisiana State University arbeitete er unter Nick Saban Anfang des Jahrtausends als Assistent für gerade einmal 8.000 Dollar im Jahr und wollte seinen Job zugunsten einer Versicherungs-Karriere schon hinwerfen. "Zum Glück haben mich meine Freunde da damals rausgeredet", erklärt Gase gegenüber dem Sun Sentinel. Denn Gase arbeitete sich immer weiter hoch, bekam schließlich einen Job im Scouting Departement der Detroit Lions und wurde später Quarterback-Coach - mit 29 Jahren. Sein Meisterstück liefert er kurz darauf schließlich in Denver ab, als er erst Tim Tebow und dann Peyton Manning Offensive Schemes auf den Leib schneiderte und dem Sheriff 2013 zum besten Jahr seiner Karriere verhalf.
Manning und Denver nach dem Super-Bowl: Gestützt und getragen
Durch seine Arbeit mit Cutler wurde auch der Rest der Liga erneut auf ihn aufmerksam. "Ich schaue mir mein Roster an und entscheide dann, welche Spielzüge sich überhaupt lohnen und entwerfe ständig neue", beschreibt Gase, der aktuell der jüngste Head Coach der NFL ist, seine Arbeitsweise. In Miami soll er jetzt Ryan Tannehill wieder auf Kurs bringen und die Dolphins in die Postseason führen. Einfach wird das allerdings nicht. DE Olivier Vernon und Running Back Lamar Miller sind beide Free Agents und stehen vor dem Absprung, alleine durch den Monster-Deal von Suh sind Miami in der Free Agency die Hände gebunden. Aber: Gase hat in seiner Karriere schon gezeigt, dass er sich an schwierige Situationen anpassen kann.