Die selbstgemachte Problemzone

Von Simon Valachovic
Sven Ulreich verlässt den VfB Stuttgart in Richtung München
© getty

Mit dem Wechsel von Sven Ulreich zum FC Bayern München verabschiedet sich mal wieder ein Torwart aus der eigenen Schule vom VfB Stuttgart. Page 2 blickt auf die jüngere Torhüterhistorie im Schwabenland zurück.

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Für großes Aufsehen hatte er gesorgt, der Wechsel von Sven Ulreich. Seinen Heimatverein wird er in Richtung München verlassen. Hinter Manuel Neuer wird er künftig als zweiter Torhüter der Bayern auf der Bank Platz nehmen.

Es gab viel Kritik von den Fans. Ein Wechsel von Stuttgart nach München wird nun mal nicht gern gesehen in der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Vor allem wenn es sich um sogenannte Identifikationspersonen handelt, die einem Club zuvor jahrelang die Treue geschworen hatten.

So war es auch bei Ulreich. 17 Jahre ist er beim VfB gewesen. Seit er in jungen Jahren aus Schorndorf kam. Über Jahre war er nun die Nummer Eins in Stuttgart. Geschätzt von den Fans, wegen seiner höflichen Art, seiner Heimatverbundenheit. Doch das dieses Kapitel nun ein Ende nimmt, ist nur auf den ersten Blick überraschend. Denn es macht eigentlich nur die großen Versäumnisse der Stuttgarter Torhüterschule deutlich.

Seit der Meisterschaft keine Konstanz im Tor

2007 war das Jahr, als man zuletzt deutscher Meister wurde. 2007 war das Jahr, als Timo Hildebrand den Verein verließ. 2007 war das Jahr, als der bis heute letzte langjährig konstante Torwart das Gehäuse des VfB Stuttgart hütete. Was folgte, war eine Vielzahl an Fehlern.

Zunächst wählte man als Nachfolger für Hildebrand den Nürnberger Raphael Schäfer. Eben jenen Schäfer, der im Pokalfinale gegen Cacau, der sein zukünftiger Teamkollege werden sollte, vehement die rote Karte forderte. Nürnberg gewann das Spiel, versaute dem VfB das Double und Schäfer blieb bei den Fans in negativer Erinnerung. Wenig beliebt war der Keeper also, als er in Stuttgart vorgestellt wurde.

Der Verein um Horst Heldt und Armin Veh war jedoch von seinen Qualitäten überzeugt. Die konnte der Nürnberger jedoch nie wirklich unter Beweis stellen. In der Saison nach Hildebrand und der Meisterschaft patzte er mehr, als er sich auszeichnen konnte. So zahlreich, dass er zwischenzeitlich vom damals noch sehr jungen Sven Ulreich für einige Spiele ersetzt wurde.

Projekt Schäfer scheitert

Doch auch der junge Schorndorfer hielt nicht souverän. Armin Veh platzte der Kragen. Ulreich wurde öffentlich kritisiert. Schäfer kehrte für die letzten Spiele der Saison in das Tor zurück. Doch es war klar, dass es so nicht weitergehen würde. Wegen der vielen Torhüter-Strapazen hatte man mitunter die Champions-League-Teilnahme verschenkt.

Sicherheit und Erfahrung sollte also in das Tor des VfB zurückkehren. Horst Heldt gelang dabei ein Coup. Er konnte den deutschen Nationalkeeper Jens Lehmann aus der englischen Haupstadt vom FC Arsenal an den Neckar locken. Es folgte trotz so manch kleinerer Eskapade eine Zeit der Sicherheit.

Wie ein Lehmann Flanken-Bälle vom Himmel pflückte, Angriffe der Gegner antizipierte oder überhebliche Elfmeter eines Ribérys hielt, war absolute Extraklasse. Nicht zu vergessen, dass er sich bei der Verlängerung seines Vertrags um ein weiteres Jahr versichern ließ, dass die Umkleidekabinen der Mercedes-Benz Arena doch bitte renoviert werden sollten. Sie entsprachen nicht mehr den Standards eines Bundesligavereins.

Stolz und Ulreich kämpften um Lehmann-Nachfolge

Lehmann war jedoch wegen seines fortgeschrittenen Alters niemand, mit dem man die Zukunft planen konnte. Deshalb war der Verein gewillt, einen passenden Nachfolger zu finden. Während Lehmanns Zeit im Tor duellierten sich Sven Ulreich und Alexander Stolz um den Platz als Nachfolger. Mal hatte der Eine, mal der Andere die Nase vorn.

Letztlich bekam Ulreich den Zuschlag. Er hatte unter anderem Lehmann während einer Sperre solide vertreten, war ein schwäbisches Eigengewächs und beliebt bei den Fans. Über die Probleme, die er bereits als Vertreter von Raphael Schäfer hatte, schaute man hinweg.

Also debütierte Ulreich als Nummer Eins im roten Brustring und wurde schnell vor harte Aufgaben gestellt. Durch Abgänge von Lehmann und auch Khedira, ohne dabei adäquaten Ersatz zu verpflichten, befand man sich schnell in der gefährlichen Abstiegszone.

Trainer Christian Gross wollte sich nicht mit Neu-Manager Fredi Bobic als Nachfolger von Horst Heldt einlassen und wurde entlassen. Nachfolger Jens Keller brachte ebenfalls keinen Erfolg, also folgte Bruno Labbadia.

Nächster Wechsel im Tor

Ulreich zeigte während dieser Zeit immer wieder Schwachpunkte und griff einige Male daneben.

Labbadia reagierte und brachte im Europa League-Spiel gegen Benfica Lissabon erstmals Marc Ziegler. Die bereits zweite Degradierung in der noch jungen Karriere von Ulreich.

Möglicherweise hätte Marc Ziegler die Saison weitergespielt und man hätte sich am Ende der Spielzeit auf einen neuen Torwart einigen können. Das Eigengewächs und große Talent Bernd Leno hatte nämlich zu diesem Zeitpunkt bereits eine ganze Saison in der zweiten Mannschaft der Schwaben gespielt. Doch letztlich es kam anders. Noch während des Spiels gegen Benfica zog sich Ziegler eine Gehirnerschütterung zu. Ulreich kehrte ins Tor zurück.

Seite 2: Das Nachwuchstalent Bernd Leno