Edelfan Aline Rotter-Focken kam auf der Tribüne gar nicht mehr aus dem Jubeln heraus. Erst machte Frank Stäbler seinen Frieden mit Olympia, dann legte Denis Kudla nach. Zweimal Bronze zum Gold für Rotter-Focken - auf den Ringermatten von Tokio wurden die deutschen Erwartungen weit übertroffen.
Dabei sorgte Stäbler am Mittwoch für den emotionalen Höhepunkt. Der dreimalige Weltmeister ließ seine Schuhe auf der Matte zurück und schickte unter Tränen Kusshände nach Hause zur Familie, selbst die Delegationen der anderen Länder erhoben sich für Standing Ovations.
"Das ist absolut atemberaubend. Der Ritt endet hier. Diese Bronzemedaille ist für mich wie Gold. Der Traum ist in Erfüllung gegangen - mit den allerletzten Kräften", sagte Stäbler, bevor ihm Rotter-Focken in den Katakomben in die Arme fiel: "Ich bin so stolz, dieses Gefühl wird mich den Rest meines Lebens erfüllen."
Wenige Sekunden zuvor hatte Stäbler das kleine Finale gewonnen und zum Abschluss seiner internationalen Karriere die ersehnte Olympia-Medaille geholt. Der 32-Jährige setzte sich in der griechisch-römischen Gewichtsklasse bis 67 kg gegen den Georgier Ramas Soidse durch. Kudla machte es ihm nach. Der 26-Jährige gewann in der Gewichtsklasse bis 87 kg gegen den Ägypter Mohamed Metwally und wiederholte seinen Erfolg von 2016 in Rio de Janeiro.
DRB: "Frank hat sein großes Ziel erreicht"
Die Spitze des Deutschen Ringer-Bundes (DRB) würdigte seine Medaillengewinner umgehend. "Diese Leistung ist nicht zu überbieten. Frank hat alles gegeben und sein großes Ziel erreicht. Er hatte eine große Karriere uns ist ein großer Sportmann", sagte DRB-Präsident Manfred Werner dem SID: "Und Denis hat einen tollen Kampf geliefert uns nichts anbrennen lassen. Der Junge ist unglaublich fleißig."
Werner, der ein bis zwei Medaillen als Ziel ausgegeben hatte, bezeichnete die Ausbeute als "ganz hervorragend". "Ich bin überglücklich, drei Medaillen sind für uns eine tolle Sache."
Dabei war vor allem für Stäbler noch viel mehr drin. Am Dienstag sah der Schwabe im Viertelfinale gegen den Iraner Mohammad Reza Geraei schon wie der sichere Sieger aus, als er den Erfolg in der letzten Minute aus der Hand gab. "Der Olympiagott wollte einfach nicht, dass ich Olympiasieger werde", haderte der enttäuschte deutsche Vorzeigeringer der vergangenen Jahre hinterher.
Am Ende holte Reza Geraei das Gold, das für Stäbler möglich war. Das nahm Stäbler aber nicht die gute Laune. "Ich habe im olympischen Dorf zwar noch keinen Bierstand gefunden, aber wir werden etwas auftreiben für zwei, drei Bierchen", sagte er: "Und zu Hause wird dann gefeiert, gefeiert und gefeiert."
Den Party-Marathon hat er sich tatsächlich verdient. Stäbler war im vergangenen Jahr heftig an Corona erkrankt, zudem leidet er an einer chronischen Schulterverletzung. Dazu musste der zweifache Familienvater seit Wochen eine kräftezehrende Diät halten, um das Gewicht für seine Klasse zu bringen.
Dennoch kämpfte Stäbler verbissen darum, seine aktive Laufbahn mit dem Sprung auf das Podium zu krönen - mit Erfolg. Bei den Spielen von London 2012 wurde der damals aufstrebende Stäbler Fünfter. In Rio ging der Sportsoldat vor fünf Jahren als großer Favorit an den Start, doch eine schwere Verletzung verhinderte einen Erfolg.