Nach einer Aufholjagd für die Geschichtsbücher konnte Johannes Rydzek sein Glück kaum fassen. "Das ist wie im Traum. Ich träume immer noch", stammelte der Shootingstar der deutschen Kombinierer kopfschüttelnd, nachdem er in der WM-Entscheidung von der Großschanze von Platz 17 zu Bronze gestürmt war: "Ich weiß gar nicht, was hier abgeht. Genial, ein Märchen! Oberstdorf steht Kopf!"
Nach Gold von der kleinen Schanze und im Team war es die dritte Medaille des 23 Jahre alten Allgäuers in Falun und vielleicht die eindrucksvollste. Während sich der Österreicher Bernhard Gruber vor dem Franzosen Francois Braud (11,9 Sekunden zurück) den Sieg sicherte und das Team Austria mit dem ersten Titel in Schweden erlöste, rollte Rydzek mit einer abermals außergewöhnlichen Laufleistung das Feld von hinten auf.
"Ich bin superhappy", sagte Rydzek, der im Sprint um Bronze den Norweger Magnus Moan niederkämpfte und letztlich 14,9 Sekunden hinter Gruber lag. "Was der Richie da für einen Endspurt abgezogen hat, war feinste Sahne", schwärmte Bundestrainer Hermann Weinbuch: "Jetzt haben wir zweimal Gold und einmal Bronze. Bei jedem Rennen waren wir auf dem Stockerl, Hut ab vor meiner Mannschaft."
Enttäuschung für Frenzel
Mit einer Enttäuschung endete indes auch der zweite Einzelwettbewerb für Olympiasieger Eric Frenzel. Nach Platz sieben von der Normalschanze reichte es diesmal für den Titelverteidiger nur zu Platz neun. Läuferisch konnte der 26-Jährige nicht mit Rydzek mithalten. "Er hat ein bisschen die Form verloren", meinte Weinbuch.
Frenzel teilte sich den neunten Platz mit dem zeitgleichen Tino Edelmann (+31,5), Fabian Rießle wurde Zwölfter, Björn Kircheisen kam nicht über Platz 23 hinaus. Frenzel verpasste die Chance, als erster Kombinierer bei vier aufeinanderfolgenden Großereignissen Einzel-Gold zu holen. 2011 (Normalschanze) und 2013 (Großschanze) war er jeweils Weltmeister geworden, 2014 in Sotschi hatte er bei Olympia auf der kleinen Schanze gesiegt.
Tückischen Seitenwinde
Rydzek hat nun in Falun wie bei seinem WM-Debüt 2011 in Oslo drei Medaillen gewonnen, damals wurde er jeweils Vizeweltmeister. Eine vierte könnte am Samstag im Teamsprint folgen. Den Riesen-Rummel um seine Person nach seinem Doppelschlag von Falun steckt er anscheinend mühelos weg.
"Ich hatte versucht, den Trubel nach den beiden Goldmedaillen nicht zu sehr an mich heranzulassen, habe mich ein wenig davon abgekapselt", sagte er.
In einem von tückischen Seitenwinden geprägten Springen war Rydzek zunächst hinter den Erwartungen zurückgeblieben, hatte sich 51 Sekunden Rückstand auf Sprungsieger Gruber eingehandelt. Frenzel war als Sechster und bester Deutscher mit 24 Sekunden Rückstand in die Loipe gegangen, verlor aber schnell an Boden.
Gruber lässt Chappuis stehen
Der viermalige Weltmeister Jason Lamy Chappuis (Frankreich) bildete mit Landsmann Braud und Gruber eine dreiköpfige Spitzengruppe, eine gute halbe Minute hinter dem Trio entstand nach zwei Kilometern eine große Verfolgergruppe um Frenzel, Rydzek und Edelmann.
Auf der Schlussrunde ließen Gruber und Braud ihren Mitstreiter Lamy Chappuis stehen. Gruber, Team-Olympiasieger von 2010, machte letztlich seinen ersten großen Einzelsieg perfekt.