Andre Greipel: "Glücklich, kein Fußballer zu sein"

Von Interview: Torsten Adams
Andre Greipel (v.) war mit vier Etappensiegen der überragende Sprinter bei der Vuelta
© Getty
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SPOX: Gerade in den letzten Jahren durchschreitet der Radsport ein tiefes Tal. Haben Sie es schon mal verflucht, Radprofi geworden zu sein? Fußballern auf Spitzenniveau beispielsweise geht es wirtschaftlich bedeutend besser.

Greipel: Ich habe mir den Sport ja ausgesucht und fahre Rad, weil ich den Radsport liebe. Deshalb bin ich auch glücklich, kein Fußballer zu sein. In letzter Zeit zweifelt man natürlich zunehmend an sich, weil alle Radfahrer über einen Kamm geschert werden. Man muss sich Anschuldigungen anhören von irgendwelchen Leuten, die keine Ahnung vom Radsport haben und nicht wissen, welche Opfer man für den Erfolg erbringt. Ich habe viel geopfert um jetzt dort zu stehen, wo ich bin. Ich stehe für einen sauberen Sport und versuche das auch so rüberzubringen.

SPOX: Welche Rolle spielt Erik Zabel momentan im Team Columbia?

Greipel: Ihn als Berater im Team zu haben, ist ein sehr großer Vorteil für unser Team. Er weiß aus seiner Zeit als Profi ganz genau, wie es in deinem Körper aussieht. Egal ob wir in Italien, Spanien oder Frankreich fahren: Erik kennt jeden Etappenort und jede Zieleinfahrt.

SPOX: Zabel wurde während der Tour de France als "Navigator" gefeiert, der Mark Cavendish zu sechs Etappensiegen verhalf. Sie wurden hingegen nicht für die Große Schleife nominiert. Wie enttäuschend war das für Sie?

Greipel: Gefreut habe ich mich darüber nicht. Es war die Entscheidung der Sportlichen Leitung und die musste ich akzeptieren. Allerdings werde ich mich sicherlich nicht damit zufrieden geben, die Tour jedes Jahr von zuhause aus im Fernsehen anzuschauen. Es wäre schade, wenn sie an mir vorbeigehen würde.

SPOX: Bislang galten Sie als Columbias Sprint-Trumpf für die Rennen, die nicht in Cavendishs Terminkalender passten. Können Sie sich ein Zusammenspiel mit ihm bei der Tour vorstellen?

Greipel: Auf jeden Fall. Ich brauche mich vor niemanden zu verstecken. Außerdem wäre es äußerst interessant, wenn man mit uns beiden als Sprint-Doppelspitze in die Tour gehen würde.

SPOX: Nicht wenige Leute behaupten, Sie seien im Moment der Einzige, der Cavendish schlagen kann. Was sagen Sie dazu?

Greipel: Wenn man uns beide solo nebeneinander hersprinten ließe, würde mal er, mal ich gewinnen. Aber die Unterstützung des Teams hat einen großen Anteil an einem Sprintsieg. Ich denke, wenn wir beide unsere Anfahrer dabei haben, dann hat er es schwer, an mir vorbeizufahren.

SPOX: Sprinter haben den Ruf, ganz besondere Typen zu sein, ähnlich wie Torhüter und Linksaußen beim Fußball. Wie muss ein Sprinter gestrickt sein?

Greipel: Oftmals sieht man uns im Rennen 200 Kilometer lang nicht. Aber auf das Finish kommt es an. Im Finale müssen wir die ideale Position finden und den Killerinstinkt haben.

SPOX: Instinkt ist die eine Sache, Ausdauer die andere. Sie fahren mit dem Fahrrad im Jahr wahrscheinlich weiter, als andere in drei Jahren mit dem Auto. Wie viele Kilometer spulen Sie in einer Saison runter?

Greipel: Das Training für die kommende Saison beginnt ja schon im November. Wenn ich im Januar die ersten Rennen fahre, habe ich rund 8000 Trainingskilometer in den Beinen. Am Ende des letzten Jahres stand ich bei rund 33.000 Kilometern.

Greipel gewinnt Schlussetappe der Vuelta