Erst das umjubelte Comeback - dann der Eklat um den Kür-Rückzug: Matthias Rath und das Millionenpferd Totilas haben beim CHIO in Aachen am Ende für großen Ärger gesorgt. "Ich bin enttäuscht", sagte CHIO-Sportdirektor Frank Kemperman: "Wir haben alles getan, damit sich die Dressur-Reiter hier wohlfühlen - und dann die Absage."
Kempermann wollte sich gar nicht beruhigen und sah gar einen Imageschaden für sein Turnier. "Wir müssen uns bei unseren Sponsoren und Zuschauern dafür entschuldigen, dass er gefehlt hat", sagte der Niederländer: "Ich bin jetzt 20 Jahre hier im Geschäft, aber ich habe noch nie erlebt, dass ein Paar nach Grand Prix und Special in der Kür plötzlich ohne Verletzung fehlte."
Rath begründete seinen Rückzug mit den hohen Anforderungen der letzten Wochen. Der Hengst habe seit dem Comeback im Mai acht Prüfungen absolviert, jeweils über 82 Prozent. "Er hat mehr gemacht als die meisten anderen Pferde", so Rath. "Die Bundestrainerin hat ihn gefragt, willst du die Kür noch reiten?", berichtete Totilas-Mitbesitzer Paul Schockemöhle, in Aachen immer an der Seite von Rath: "Wir müssen das jetzt nicht ausreizen."
Doch ein wenig riecht der Vorgang nach Sonderregel. Während die anderen Paare bei der letzten WM-Sichtung allesamt in drei Disziplinen starten, kann Totilas pausieren. Jetzt fährt er zur WM, obwohl er in den letzten zwei Jahren nicht eine Kür in der Öffentlichkeit gezeigt hat. "Das ist nicht das Problem. Ich werde die Kür zu Hause üben. Es wird auch eine neue Kür sein, die ist übrigens fertig", sagte Rath und widersprach Gerüchten, wonach der Vortrag noch gar nicht einstudiert sei.
CHIO-Chef drohte mit Konsequenzen
Kemperman drohte zunächst sogar mit Konsequenzen und verwies auf die Ausschreibung. Dort hieß es, die besten 15 Paare des Special müssten in der Kür gehen, und Totilas gewann den Special. Allerdings dürfen nur drei Paare pro Nation starten. Und da Deutschland vier Paare unter den ersten Sechs platzierte, "darf Totilas pausieren", stellte Dietrich Plewa, Vorsitzender der Ground Jury, fest.
"Das ist natürlich enttäuschend für das Turnier und das Publikum in Aachen, das sich am Sonntag auf Totilas gefreut hat", räumte Bundestrainerin Monica Theodorescu ein: "Wir haben Verständnis für die Zuschauer, aber wir müssen auch Verständnis für das Pferd haben."
Souveräner Sieg im Nationenpreis
Für sein Aachen-Comeback nach zweijähriger Pause wegen Krankheit und Verletzung hatte sich der 29-jährige Rath in der Tat auf Grand Prix und Special konzentriert und damit zunächst voll richtig gelegen. Im Grand Prix schockte das Paar erstmals die Weltelite und führte die deutsche Equipe mit über 82 Prozent zum Sieg im Nationen-Preis.
Im Special am Samstag setzte Rath noch einen drauf und siegte vor den Augen von Nationalspieler Thomas Müller und dessen reitsportinteressierter Ehefrau Lisa mit glänzenden 84,529 Punkten.
"Wenn man bei den Richtern 84 Prozent kriegt, was soll man dann sagen. In vier Wochen bei der WM ist das eine Medaille", sagte Rath forsch und strotzte vor Selbstvertrauen. Theodorescu nominierte den Rückkehrer anschließend für die WM Ende August in Caen (Frankreich).
In der Kür ohne Totilas setzte sich Olympiasiegerin Charlotte Dujardin (Großbritannien) mit Valegro durch. Auf den Plätzen zwei bis vier folgten Helen Langehaneberg (Billerbeck) mit Damon Hill, Isbaell Werth (Rheinberg) mit Bella Rose und Kristina Sprehe (Dinklage) mit Desperados. Das Trio wurde ebenfalls für die WM nominiert. "Wir haben die beste Mannschaft seit 20 Jahren", meinte Werth.