"Die letzten Wochen waren für ihn sicherlich nicht sehr angenehm. Um nicht zu sagen sehr unangenehm", sagte der neue Dressur-Bundestrainer Jonny Hilberath im Interview der Nachrichtenagentur dapd.
Während der acht Monate Wettkampfpause nach der verpatzten EM in Rotterdam im vergangenen August und einer langwierigen Verletzung ließ sich Rath den Druck nie anmerken. Der war enorm und wuchs mit jeder Absage und jedem Wochenende, an dem Totilas nicht ins Viereck gehen konnte.
"Der Druck ist bei dem Pferd immer da. Die Menschen erwarten immer sehr gute Leistungen, Siege und die höchsten Punktzahlen", hatte Rath zuletzt im dapd-Interview erklärt.
Kein Grund, Bedenken oder Zweifel zu haben
Um am Wochenende in Hagen die zahlreichen Kritiker auf eindrucksvolle Art und Weise verstummen lassen. "Gerade bei Matthias muss ich sagen, dass er einen sehr selbstbewussten Eindruck machte. Er ritt sehr überlegt und selbstbewusst. Er ist in den letzten Monaten reiterlich sehr gereift", sagte Hilberath, der erst kürzlich die Nachfolge des verstorbenen Holger Schmezer angetreten hatte.
Und sich deshalb erst einmal selbst ein Bild machen musste. "Ich habe die Trainingseindrücke von Holger Schmezer vermittelt bekommen, und die waren durchweg positiv. Insofern gab es keinen Grund, Bedenken oder Zweifel zu haben", sagte Hilberath.
Denn lange Zeit war es ungewiss, wie es mit dem Wunderpferd und seinem Reiter überhaupt weitergehen sollte. Eine verpatzte Hengstschau Anfang des Jahres hatte die Gerüchte aufkommen lassen, das Duo passe schlicht nicht zusammen. In Hagen glänzte Totilas wie in alten Zeiten unter dem Niederländer Edward Gal.
Der zwölfjährige Hengst schwebte mit Rath durch Piaffen und Passagen. Bei der Kür zur Musik von Michael Jackson wirkte es, als tanze Totilas die Krise einfach weg. "Beat it" - mit einem Schlag ist das Duo wieder ein ganz heißer Goldkandidat für die Olympischen Spiele in London.
Die nächsten Starts abwarten
Doch in die allgemeine Euphorie wollte Hilberath nicht einstimmen. Wo steht denn das Duo nach Siegen im Grand Prix und in der Kür? "Das kann man von dem einmaligen Auftritt nicht sagen. Die errittenen Prozente sprechen für sich. Sie sind in der Weltspitze ganz oben angesiedelt", sagte er. Man müsse nun aber erst einmal die nächsten Starts abwarten und man könne nur hoffen, dass er die Form halte.
Auch Rath hat aus den vergangenen Monaten vor allem eines gelernt. "Ich weiß, dass so etwas schnell wieder wechseln kann", sagte der 27-Jährige dem TV-Sender "NDR". "Das geht jetzt ja nicht stetig bergauf. Beim nächsten Turnier kann auch wieder ein Fehler dabei sein, das ist ganz menschlich", sagte Rath.
Deshalb setzt er weiter auf das altbewährte Motto: Ruhe bewahren. "Denn wir haben den Beweis angetreten, dass wir gut drauf sind und auf einem guten Weg Richtung Sommer-Saison sind."