Gespräche über die DTM sind für Toto Wolff momentan die gedankliche Reise in eine düstere Welt. Der Mercedes-Motorsportchef muss dann Niederlagen erklären, nach Fehlern suchen, öffentlich über Wege aus der Krise nachdenken. Vor dem zweiten Saisonlauf in Oschersleben ist die Tourenwagenserie für Mercedes ein echtes Kontrastprogramm zu den strahlenden Triumphen in der Formel 1.
"Wir wissen, dass unser Rückstand zum Wettbewerb momentan groß ist", sagt der 42-Jährige vor dem Rennen am Sonntag (13.30 Uhr/ARD): "Auf eine deutliche Verbesserung in Oschersleben zu hoffen ist illusorisch." Diese Einschätzung ist bitter für den erfolgreichsten Hersteller der Serie, aber sie ist das Ergebnis des ernüchternden ersten Saisonlaufs.
Kein Mercedes-Pilot in den Punkten
Mit großen Plänen war Mercedes vor zwei Wochen nach Hockenheim gereist, nach der schwachen Saison 2013 sollte es in diesem Jahr endlich besser werden. Stattdessen wurde alles nur noch schlimmer. Denn keiner der sieben Mercedes-Piloten fuhr am Rennsonntag in die Punkte, auch die prominenten Neuzugänge mit Formel-1-Vergangenheit, Paul di Resta (Schottland) und Witali Petrow (Russland), enttäuschten zum Auftakt.
Während die Konkurrenten Audi und BMW in engen Duellen den Sieger unter sich ausmachten, mussten sich die Schwaben von ihren Titelambitionen zunächst verabschieden. Fehleranalyse war angesagt, denn der Rückstand war gewaltig.
"Unermüdlich" habe das Team seither gearbeitet, sagt Wolff, "um das Rennwochenende genau unter die Lupe zu nehmen. Wir wissen, dass alle unsere Fahrer das Zeug haben, um in der DTM Siege einzufahren. Jetzt müssen wir ihnen das richtige Werkzeug an die Hand geben." Denn eindeutig waren die Autos das Problem, das Material war der Konkurrenz klar unterlegen.
Neue Regel bringt Vorteil
Interessant wird in Oschersleben nun sein, wie sich die neuen Performance-Gewichte auswirken. Zur aktuellen Saison wurden sie eingeführt, um deutliche Leistungsgefälle innerhalb des Feldes zu verhindern, Mercedes ist nun der erste Nutznießer. Denn Misserfolge werden durch die neue Regel "belohnt": Der Sieger eines Rennens und all seine Markenkollegen in den Top Ten müssen beim nächsten Lauf 5 kg mehr montieren. Die schlechteste Marke - in diesem Fall Mercedes - darf dagegen mit leichteren Boliden antreten.
Glaubt man BMW-Pilot Marco Wittmann (Markt Erlbach), dem Überraschungssieger von Hockenheim, wird sich dies deutlich auswirken. "Jedes Kilo merkt man, zehn Kilo sind da schon ein großer Unterschied", sagt der Franke: "Das Setup wird wichtig sein, um trotzdem eine gute Leistung abzurufen."
Dennoch, dass sich an der grundsätzlichen Kräfteverteilung in den kommenden Wochen etwas ändert, glaubt sogar bei Mercedes niemand. "Schön wär's", sagt Pascal Wehrlein (Sigmaringen), als Elfter noch bester Stern-Pilot in Hockenheim: "Ich glaube nicht, dass wir das Auto in den nächsten zwei bis drei Rennen richtig konkurrenzfähig bekommen. Das wird auf jeden Fall ein langer Weg - ein langer, schwieriger Weg."