Mick Schumacher blieb noch ein paar Sekunden in seinem Prema-Rennwagen sitzen, dann klappte er das Visier hoch und wischte sich mit den Rennhandschuhen die Augen: Der Sohn von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher hat auch sein zweites großes Ziel erreicht, er steigt als Formel-2-Champion zur kommenden Saison in die Motorsport-Königsklasse auf. Doch bis zu seiner Krönung in Bahrain musste der 21-Jährige bange Minuten überstehen.
Beim turbulenten Saisonfinale, in dem er viel riskieren musste, ging Schumacher mit Rang 18 leer aus - und profitierte letztlich davon, dass auch sein einzig verbliebener Titelrivale Callum Ilott (England) ein Opfer stark abbauender Reifen wurde und nur als Zehnter über den Zielstrich fuhr.
"Es war kein ideales Rennen, aber wir haben genug geleistet in diesem Jahr, um Meister zu werden", sagte Schumacher, ehe er noch hastig einen "Kuss nach Hause" schickte.
Die Familie bedeutet Mick Schumacher alles, nicht nur darin ähnelt er seinem berühmtem Vater enorm. Auch auf der Strecke macht er seinem Familiennamen immer mehr Ehre: Nach dem Gewinn der Formel-3-Europameisterschaft 2018 holte sich Schumacher den nächsten Titel auf dem Weg nach oben. Die Silbertrophäe nahm er frisch geduscht mit weißem Hemd, roter Kappe und rotem Mundschutz noch in Sakhir in Empfang. Es könnte für eine Weile seine letzte bleiben.
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Formel 2: Schumacher im Saisonfinale nach Boxenstopp unter Druck
In der Formel 1 wird er künftig für Haas fahren, ein Team aus dem hinteren Mittelfeld. Dort muss und kann er nicht gewinnen, die Ziele werden andere sein. "Ich will mich als Fahrer weiter verbessern und mich so gut wie möglich integrieren", sagte Schumacher. Sein neues Karrierekapitel schlägt der 21-Jährige am 15. Dezember beim Nachwuchsfahrertest in Abu Dhabi auf, wenn er erstmals für seinen neuen Arbeitgeber ins Rennauto steigt.
Am Sonntag aber hatte Schumacher noch genug damit zu tun, die turbulenten Tage von Bahrain zu verarbeiten. Am Mittwoch erst die Bekanntgabe seiner Beförderung, gefolgt von einem irren Interview-Marathon. Am Freitag zeigte er mit Platz 18 im Qualifying für das Hauptrennen Nerven, sein Polster auf Ilott drohte wie Schnee in der Wüstensonne dahinzuschmelzen. Doch Schumacher fuhr am Samstag beherzt noch auf Rang sechs nach vorne und rettete 14 Punkte Vorsprung ins letzte Rennen - rückblickend war es die Vorentscheidung im Titelkampf.
"Wir hatten so viel zu verlieren", resümierte er am Sonntag: "Ich bin sehr enttäuscht über mein Rennen heute. Mein Ziel war zu gewinnen. Leider hatte ich einen schweren Verbremser in der vierten Kurve. Danach habe ich versucht, alle hinter mir zu behalten, aber es wurde nicht besser."
Schumacher musste einen ungeplanten Boxenstopp einlegen und konnte auch mit frischen Reifen das Feld nicht mehr von hinten aufrollen. Ilott riskierte in seinem UNI-Virtuosi alles, Rang drei reichte ihm nicht, er musste schon gewinnen, nachdem Schumacher die schnellste Rennrunde erobert hatte. Doch auch der Brite überschritt mit seinen Reifen das Limit und wurde in den letzten Runden durchgereicht. So war es für Schumacher keine Triumphfahrt, unter dem Strich stehe aber die Meisterschaft, und "dafür gibt es keinen Ersatz", bemerkte er zutreffend.
Schumacher ist der vierte deutsche Champion im Unterbau der Motorsport-Königsklasse nach dem späteren Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg (Wiesbaden/2005), Timo Glock (Wersau/2007) und Nico Hülkenberg (Emmerich/2009). Die Krone in der Formel 2 bzw. der Vorgängerserie GP2 sicherten sich aber auch Formel-1-Rekordweltmeister Lewis Hamilton oder Ferrari-Topstar Charles Leclerc. Schumacher ist also in bester Gesellschaft.