Angeblich hat die WADA Stepanowa und ihren Mann Witali Stepanow, einen ehemaligen Mitarbeiter der russischen Anti-Doping-Agentur RUSADA, aber nie um die Aushändigung von belastendem Material gebeten. Den Brief druckte die "FAZ" in ihrer Donnerstagausgabe in Auszügen.
In ihrem Schreiben an die "Liebe WADA" beschrieb Stepanowa in Grundzügen das, was die ARD in ihrer aufsehenerregenden Dokumentation "Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht" erst Anfang Dezember öffentlich machte.
Die WADA hatte unmittelbar danach bekannt gegeben, dass sie die Informationen an die "geeignete, unabhängige Stelle" des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF weitergeleitet habe. "Wir erwarten nun das Ergebnis von deren Beratungen", hieß es in einer offiziellen Stellungnahme.
Dass die WADA zu diesem Zeitpunkt offenbar bereits seit knapp zwei Jahren in Besitz der brisanten Informationen war, ohne dass irgendwelche Konsequenzen bekannt geworden wären, bringt sie nun ebenso wie die IAAF zusätzlich in Erklärungsnot. Eine diesbezügliche "FAZ"-Anfrage von Anfang der Woche ließ die WADA nach Angaben der Zeitung unbeantwortet.
Weitere Ermittlungen erforderlich
Am Dienstag hatte die WADA angekündigt, Eigeninitiative ergreifen zu wollen. Erstmals in ihrer Geschichte rief die Behörde eine unabhängige Untersuchungskommission ins Leben.
Das dreiköpfige Gremium wird von WADA-Gründungspräsident und IOC-Mitglied Richard Pound angeführt. "Die Vorwürfe erfordern weitere Ermittlungen, um die bisherigen Beweise zu bestätigen, weitere Beweise zu sichern und jede Verletzung der Anti-Doping-Regeln zu verfolgen", teilte WADA-Präsident Craig Reedie mit.
Stepanowa berichtete in ihrem Brief über systematisches Doping in der russischen Leichtathletik und listete akribisch ihre eigenen unerlaubten Medikationen von 2005 an auf. Zudem bezichtigte sie Gregori Rodschenkow, den Leiter des Moskauer Doping-Kontroll-Labors, der Korruption.