Wieder bei Papa

Von Max Marbeiter
Vladimir Stimac (l.) wechselte im Sommer von Unicaja Malaga zum FC Bayern
© getty

Im Sommer wechselte Vladimir Stimac zum FC Bayern München - vor allem wegen Svetislav Pesic, der in der Karriere des Serben eine wichtige Rolle spielt. Auch dank seines Trainers ist Stimac heute der Spieler, der er ist. Einer, der immer vollen Einsatz bringt und den Bayern damit vor dem Euroleague-Duell mit Panathinaikos Athen ungemein weiterhilft.

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Ein kurzer Scherz hier, ein Schwätzchen dort. Vladimir Stimac wirkt bereits bestens integriert beim FC Bayern. Der Serbe kommt an. Seine lockere Art, sein freundliches Wesen. Da machte es auch wenig, dass er als letzter Neuzugang zum Team stieß. Erst am 17. September, um genau zu sein. Zwei Wochen vor Saisonstart also.

Der Grund: Stimac hatte zuvor noch etwas zu erledigen. Bei der WM in Spanien spielte er für Serbien und gewann am Ende sogar die Silbermedaille. Wobei die Betonung ganz klar auf "gewann" liegen sollte.

Denn erstens hatten wohl die wenigsten damit gerechnet, dass die schier unbesiegbaren USA im Finale auf Serbien und nicht auf Spanien, Frankreich oder Brasilien treffen würden. Und zweitens, ja zweitens erlebte Stimac dank jener Silbermedaille einen der größten Momente seines Lebens.

So klingt es jedenfalls, wenn der Center vom Empfang berichtet, den 150.000 Serben ihrer Nationalmannschaft in Belgrad bereiteten. "Es war einfach unglaublich. Unglaublich", sagt ein auch knapp zwei Monate später noch sichtlich bewegter Vladimir Stimac im Gespräch mit SPOX. "Du kommst da hin und siehst überall Menschen. Du siehst nicht mal, wo die Masse endet. Überall Fahnen und feiernde Menschen. Das ist ein einmaliges Erlebnis. Ich würde jedem wünschen, so etwas einmal zu erleben."

Alles hart erarbeitet

Umgekehrt gönnen wohl die meisten auch Stimac dieses besondere Erlebnis, den Erfolg. Vielleicht, weil er 2002 selbst als Fan in Belgrad dabei war, als das damals von Svetislav Pesic trainierte Nationalteam mit halb Serbien den WM-Titel feierte. Ganz sicher aber, da der Big Man einen unglaublichen Arbeitseifer an den Tag legt.

Das muss er auch. Denn Stimac zählt eben nicht zu all den mit unglaublichem Talent gesegneten Überathleten. Seine Größe (2,10 Meter) prädestiniert ihn, klar, den Rest musste sich der Serbe jedoch hart erarbeiten.

"Als ich noch jünger war, war ich nicht sonderlich talentiert", erzählt Stimac gegenüber SPOX. "Die anderen Spieler waren deutlich besser als ich. Natürlich habe ich es ihnen gegönnt, andererseits war ich ein wenig neidisch. Aber auf eine positive Art. Ich habe ihnen alles gegönnt, ihnen zuzusehen hat in mir gleichzeitig aber das Verlangen geweckt, irgendwann auch auf dieses Level zu kommen. Natürlich ging das nicht von jetzt auf gleich. Aber ich habe hart dafür gearbeitet."

Ehrliche Worte. Und man nimmt sie Stimac ab. Es macht ihm nichts aus, über Probleme der Vergangenheit zu sprechen. Was war, was nicht optimal lief, scheint vergessen zu sein, zählt nicht mehr. Zumal Stimac mittlerweile eine durchaus beeindruckenden Karriereweg vorzeigen kann. In nicht weniger als sechs Ländern spielte der Center, ehe es ihn im Sommer nach München verschlug.

Bereits mit 18 zum Topklub

Bereits mit 18 suchte er die Herausforderung, seine Heimat Belgrad zu verlassen und ins ferne Litauen zu wechseln. Zu Zalgiris Kaunas, dem größten Klub des Landes, einem der größten der europäischen Basketballhistorie. "Zu Zalgiris zu wechseln, war eine unglaubliche Chance für mich", erzählte Stimac deshalb "Euroleague.tv".

"Es ist ein großer Klub mit großer Geschichte, der einige großartige Spieler hervorgebracht hat. Ich habe das als Herausforderung wahrgenommen. Ich mag das. Ich dachte einfach, dass es mich als Mensch und Spieler weiterbringen würde, dort hinzugehen."

Nun brachte es Stimac während seines Gastspiels in Litauen jedoch auf lediglich sieben Einsätze in der ersten Mannschaft Zalgiris' - zwei davon in der Euroleague. Beide während der Saison 2006/07. Der große Durchbruch in Kaunas gelang also nicht. Zunächst folgte ein Wechsel zu SK Valmiera nach Lettland und schließlich die Rückkehr in die Heimat.

Zweiter Vater Pesic

Roter Stern Belgrad hatte 2008 angefragt und Stimac zugesagt. Eine gute Entscheidung. Denn in Belgrad traf er auf einen, den er mittlerweile seinen zweiten Vater nennt. Auf einen, der im Basketball nahezu alles gewonnen hat, der zu den besten Trainern der europäischen Geschichte zählt. Auf Svetislav Pesic.

Und eben dieser Svetislav Pesic sollte eine ganze spezielle Rolle in der Karriere des Vladimir Stimac einnehmen. "Ich habe eine besondere Beziehung zu Svetislav Pesic", erklärt Stimac. "Er war der Coach, unter dem ich wirklich begonnen habe, Basketball zu spielen. Als ich aus Lettland zu Roter Stern wechselte, war ich ein wenig übergewichtig, habe mich schlecht ernährt und hatte physische Probleme."

Pesic habe dann viel Zeit und Arbeit in ihn investiert, Stimac schlussendlich dabei geholfen, "ein besserer Spieler zu werden." Der Serbe spricht ganz offen darüber, welch wichtige Rolle Pesic für ihn einnahm. Wie er ihm half, seine Probleme in den Griff zu bekommen. Es seien zwar "keine großen" gewesen, aber eben "Dinge im Leben, die du nicht lernst, wenn du nicht mit jemand erfahrenem wie Coach Pesic darüber sprichst."

So half Serbiens Weltmeistertrainer von 2002 seinem Landsmann dabei, seinen Fokus richtig zu setzen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nach der Familie sei "das wichtigste der Job", sagt Stimac heute. "Und das ist in unserem Fall eben Basketball." Zwar verließ Pesic Roter Stern bereits nach der ersten gemeinsamen Saison, was Stimac übrigens noch heute bedauert, der Kontakt blieb jedoch erhalten. Coach und Spieler sprachen jeden Sommer. Auch deshalb sei "Pesic ein großartiger Coach", sagt Stimac. "Für mich manchmal aber sogar noch etwas mehr." Der zweite Vater eben.

Bayern? Nicht lange überlegt

Deshalb verwundert es auch kaum, dass der Serbe, mittlerweile bei Unicaja Malaga gelandet, im Sommer nicht lange überlegen musste, als die Bayern anfragten. Endlich zurück zu Papa, gewissermaßen. Andererseits überzeugte jedoch auch der FC Bayern an sich. Allein zehn Spieler hätten ihm nach seiner Vertragsunterschrift gesagt, ebenfalls gerne für den deutschen Meister spielen zu wollen, erzählte Stimac während seiner Vorstellung. In München sei es in Sachen Organisation ein wenig "wie NBA in Europa."

NBA in Europa, dazu bei seinem Ziehvater. Klar, dass Stimac da hochmotiviert nach München reiste. Strapazen der WM hin, kürzest mögliche Pause her. Der Big Man wollte spielen. Am besten sofort. Und genau diese Einstellung macht ihn für die Bayern so wertvoll.

Natürlich ist Stimac nicht der filigranste Basketballer des Planeten, dafür aber einer, der sich für nichts zu schade ist. Einer, der alles aus sich herausholt, um jeden Rebound kämpft, seinen Körper jedem Gegner entgegenstellt, sobald er den Court betritt. So hat sich der Serbe im Grunde selbst binnen weniger Wochen zum Energizer von der Bank gemacht.

Wichtiger Rollenspieler

"Es geht darum, immer mehr zu wollen und sich nicht nur mit den kleinen Dingen zufriedenzugeben", beschreibt Stimac selbst seine Einstellung. Dass er sich alles hart erarbeiten musste, befeuert seinen Ehrgeiz nur. So verleiht er den Bayern trotz mangelnder Athletik zusätzliche Präsenz im Post. Auch in der Offense, wo Stimac dank seines weichen Wurfs auch einige Meter vom Korb entfernt abschließen kann.

Auf durchschnittlich 7,2 Punkte kommt der Serbe so in gut 13 Minuten Einsatzzeit bislang und trifft dabei 53,3 Prozent seiner Würfe von diesseits der Dreierlinie. Er liefert den Bayern eine zusätzliche Offensivoption in Korbnähe und damit einen Aspekt, der Coach Pesic in den vergangenen Jahren ein wenig abging.

Bei allem Lob ist Vladimir Stimac allerdings keiner, der Spiele allein entscheiden kann, der den FCB eigenhändig zum Sieg trägt, wenn es einmal nicht läuft. Stimac ist kein Star. Muss, will er aber wahrscheinlich auch nicht sein.

Sein unbändiger Einsatzwille macht den Serben jedoch zum perfekten Rollenspieler, zu einem, der jedem Team gut zu Gesicht steht. Doch nicht nur sportlich, auch zwischenmenschlich scheint es zu passen. "Wir haben hier eine großartige Gruppe", sagt er. Auch in dieser Hinsicht leistet Stimac seinen Beitrag.

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