In Bamberg war es ein Spiel mit Wiedererkennungswert. Die Offense produzierte zwar und hievte die Mannschaft immer wieder zu Erfolgen. Auf der defensiven Seite bekam das Team allerdings wieder und wieder große Probleme. Diese resultierten selbst auf nationaler Ebene in enttäuschenden Ergebnissen und der folgerichtigen Entlassung von Coach Ainars Bagatskis.
Mit Neu-Coach Federico Perego leiteten die Bamberger im neuen Jahr die erfolgreiche Wende ein. Während die Offense weiterhin überzeugte und sich teilweise sogar verbesserte, trugen vor allem Peregos Maßnahmen in der Defensive Früchte. Dafür allerdings stellte der Italiener sein Team vor eine Herausforderung, die während einer Saison nicht einfach zu bewerkstelligen ist.
Dass sie diese schlussendlich gut bewältigt hat, zeigt die Mannschaft vor allen Dingen mit den Leistungen in der Champions League. Hier zog Brose nicht unverdient in das Final Four ein. Vor allem die beiden Siege gegen Titelverteidiger AEK Athen hinterließen Eindruck. Und nicht nur das: Bamberg führte Peregos Maßnahmen in der Defensive hervorragend aus, was sich als wichtiger Faktor für das Weiterkommen herausstellte.
Peregos Wechsel auf die Switch-Defense
Bambergs großes Problem war es über weite Strecken der Saison, den abrollenden Center-Spieler in der Pick-and-Roll-Defense unter Kontrolle zu bekommen. Vor allem, wenn dieser über gute athletische Voraussetzungen verfügte, konnten ihm die Bamberger den Weg zum Korb nicht versperren.
So ließ Brose 0,92 Punkte pro Ballbesitz in der Pick-and-Roll-Defense zu. Ein Wert, der zu hoch ist und den Perego zu einer Veränderung in der taktischen Ausrichtung veranlasste.
Der Italiener erkannte, dass die fixe Mannverteidigung im Pick-and-Roll zu großen Problemen führte, und stellte um. Anstatt dass der geblockte Spieler weiter seinen ursprünglich zugeteilten Mann verteidigt, soll der Switch stattfinden. Perego nimmt es dabei in Kauf, dass der gegnerische Guard durch einen seiner Center verteidigt und das Mismatch zwischen einem Guard Bambergs und einem größeren Spieler des Gegners zustande kommen kann.
Bambergs Big Men in neuer Funktion
Perego erkannte das Potenzial in dieser Umstellung, da gegnerische Teams bei Isolation und Post Ups gegen Bamberg nur 0,86 Punkte pro Angriff erzielten. Außerdem verfügt die Mannschaft über Big Men, die in der Lage sind, Guards über einen gewissen Zeitraum zu verteidigen.
Dies bedeutet für Augustine Rubit, Cliff Alexander und Louis Olinde eine komplett neue physische Herausforderung, bei der der Körperschwerpunkt tiefer gesetzt werden muss und eine schnelle Schrittabfolge von Nöten ist.
Keinem vom Bambergs großen Jungs kommt die Umstellung derart zu Gute wie Olinde. Der 21-jährige Hamburger hat einen tollen Entwicklungssprung gemacht und wurde mit einer drastischen Zunahme von Spielzeit- und anteilen belohnt.
Brose nun mit hohem Pensum in der Defense
Neben den Big Men sind bei der Umstellung auf die Switch-Defense aber auch die weiteren Mannschaftsteile gefragt. Immer gelingt es den Big Men nämlich nicht, den kleineren Gegenspieler in Schach zu halten. Vor allem dann wird es gefährlich, wenn er das Mismatch per schneller Ballzirkulation sucht.
Deshalb versuchen die Bamberger das Mismatch durch schnelle Positionswechsel abseits des Balles zu umgehen. Perego nimmt hier das Risiko in Kauf, dass ein Spieler am Perimeter für kurze Zeit freisteht und möglicherweise einen relativ freien Wurf bekommt, in der Zone jedoch soll das Mismatch keine Früchte tragen.
Dies erfordert ein sehr hohes Pensum und hat oftmals auch Kommunikations- und Zuteilungsfehler zur Folge. Solche haben in den letzten Wochen zwar abgenommen, parallel aber zollt die Mannschaft der Doppelbelastung in den Wettbewerben Tribut. Aufmerksamkeitslücken sind deshalb nahezu unumgänglich.
Bamberg will schnell in den Fastbreak
Ideal läuft es auf der defensiven Seite der Bamberger deshalb noch nicht. Jedoch zeigen die Maßnahmen Peregos Wirkung. Vor allem in der Post-Up-Defense überzeugen die Bamberger durch hohe Effizienz.
Hier rückt das Team nämlich in eine Art Zonen-Verteidigung zusammen. Der nahestehende Verteidiger ist so stets in der Nähe des Verteidigers im Post und kann mit schnellen Händen Ballverluste erzwingen.
Aus der kompakten und eng stehenden Formation wollen die Bamberger dann schnell in den Fastbreak schalten und schaffen es so immer wieder, schnelle Punkte zu erzielen. Dies hat Peregos Team in den letzten Wochen häufiger zu kleinen Runs verholfen.
Champions-League-Titel für Perego und Co. möglich?
Schon jetzt ist das Abenteuer Champions League für Bamberg einer der größten Erfolge in der Vereinsgeschichte. Dass dieser nach einem so schwierigen Start in die Saison gelingt, war mit einem großen Risiko verbunden.
Umstellungen wie diejenige, die Perego auf der defensiven Seite vorgenommen hat, sind derart drastisch, dass sie eigentlich nur vor einer Saison vorgenommen werden. Der Italiener ist das Risiko mitten in der Saison eingegangen und wurde bis hierhin belohnt.
Schaffen es die Bamberger bis ins Finale und vielleicht sogar zum Titelgewinn, wäre das nicht nur für Brose Bamberg der größte Erfolg auf internationaler Ebene. Auch Perego hätte sich dank seiner Maßnahmen eine Vielzahl an Lobliedern verdient.