"Ein massives Problem für die NBA"

Von SPOX
Die Triangle-Runde: Florian Regelmann, Dirk Bauermann, Haruka Gruber, Philipp Dornhegge (v.r.)
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These: Die NBA ist für Elias Harris eine Nummer zu groß.

Dirk Bauermann: Ich wünsche Elias den Sprung in die NBA, aber wenn er es nicht schafft, wäre es auch nicht schlimm. Ganz ehrlich: Ich bin skeptisch. Er muss sehr hart an sich arbeiten und sich ein Skill-Set aneignen, das es ihm erlaubt, sich trotz seiner Größe in der NBA durchzusetzen. Seine Athletik ist für deutsche Verhältnisse überragend, aber wir reden hier von der NBA. In den USA gibt es wahrscheinlich Tausende, die gleich groß und gleich athletisch sind wie Elias. Ich weiß auch nicht, ob es der richtige Weg ist, es trotz seiner überschaubaren Größe nicht nur als Small Forward, sondern auch als Power Forward zu versuchen. Er muss wissen, dass die Nische extrem klein ist. Und er sollte wissen, was es heißt, gegen echte NBA-Power-Forwards anzutreten. Die eine Nacht gegen Nowitzki, die nächste Nacht gegen Blake Griffin - um da nicht unter die Räder zu kommen, muss er sich schon in Charles-Barkley-Dimensionen bewegen.

Philipp Dornhegge: Wenn er vor dem kommenden Saisonstart bei einem Ranking der besten College-Spieler auf Platz 20 geführt wird, hat das sicher seine Gründe. Die Amerikaner trauen ihm die NBA zu, also darf man sicherlich Hoffnung haben. Was mich allerdings etwas irritiert an Harris: Einerseits vergleicht er sich mit Shawn Marion, andererseits hat er offensichtliche Defizite. Er erinnert mich sehr an Ademola Okulaja, der auch ein Vierer im Körper eines Dreiers war: mäßiges Ballhandling, ausbaufähiger Distanzwurf, dafür stark in Korbnähe. Okulaja war auch einst kurz vor dem Sprung in die NBA, ist aber genau an dieser Problematik gescheitert. Und beim Lesen eines Scouting-Berichts bin ich über eine Notiz gestolpert, wonach Harris die guten Rebound-Werte nur seiner Athletik zu verdanken hat. Dafür zeige er große Defizite bei fundamentalen Fähigkeiten wie dem Ausboxen, seine Schnelligkeit in der Defense sei auch nicht überzeugend. Diese Dinge fallen jedem Scout auf, das kann locker mehrere Plätze im Draft kosten, vielleicht sogar die NBA-Karriere.

Bauermann: Grundsätzlich finde ich es gut, dass ein junger Spieler gemeinsam mit dem Trainer eine Vision entwickelt und sein Spiel anhand eines bekannten Spielers modelliert. Ludwigsburgs Johannes Lischka verpasst kein Spiel der Dallas Mavericks, Robin Benzing tickt ähnlich, weil sie genau beobachten, wie Nowitzki spielt. Daher ist es richtig, dass sich Elias ein Vorbild nimmt. Ich weiß nur nicht, ob Marion genau passt: Marion misst angeblich wie Harris 2,01 Meter, aber er ist deutlich größer und spielt doch auf einem anderem Niveau, vor allem defensiv. Es stimmt, dass Elias in der Nationalmannschaft große Probleme im Verteidigungsverhalten offenbarte. Es hat nichts mit Elias' Einstellung zu tun, jedoch muss bei ihm erst eine defensive Mentalität entwickelt werden, weil er nie die Grundlagen gelernt hat. Zum Beispiel, wie man ausboxt oder den ballführenden Gegenspieler vor sich hält und sich nicht einfach ausdribbeln lässt. Die gleiche Erfahrung hat auch der Gonzaga-Coaching-Staff gemacht, mit dem ich in Kontakt stand.

Elias Harris im SPOX-Interview: "Die NBA hat mich verrückt gemacht"

Haruka Gruber: Bei allen Problemen: Ich sehe es nicht so pessimistisch. Entscheidend wird sein, ob Harris sich wirklich bewusst ist, wie klein die Nische ist und dass es aus dem Pool an zu kleinen Combo-Forwards nur ganz, ganz wenige schaffen. Dennoch drücke ich die Daumen, dass er es schafft. Milwaukees Luc Richard Mbah a Moute hat bewiesen, wie man es trotz ähnlicher Größe und ähnlich schwachem Ballhandling sowie wackeligem Wurf zu einem Starter in der NBA bringt. Mit dem richtigen Feuer klappt es vielleicht, sich einen der 10 bis 15 Jobs für Undersized-Big-Men zu ergattern. Zumindest wirkte er im letzten Interview wesentlich aufgeräumter und reifer als ein Jahr zuvor. Das macht mir Hoffnung.

Florian Regelmann: Das ist der entscheidende Punkt. Es geht nicht nur um Talent, sondern auch um den richtigen Kopf auf den Schultern. Dieser Aspekt kommt mir bei der Beurteilung eines Spielers sehr oft viel zu kurz. Ich habe den Eindruck, dass Elias wieder zu sich gefunden hat und mit der richtigen Einstellung in das entscheidende College-Jahr geht. Und bei Gonzaga hat er gute Voraussetzungen, weil er wohl eine größere Rolle bekommt und entsprechend bessere Stats produzieren kann als im Vorjahr. Im Draft ist einiges möglich. Zumindest in der zweiten Runde sollte er von einem Team gezogen werden, alleine schon in der Hoffnung, mit ihm einen Steal zu landen.

Bauermann: Das letzte Jahr hatte in der Tat eine reinigende Wirkung für Elias. Ich kann nur unterstreichen, dass er als Mensch gelernt hat. Ich weiß ohnehin nicht, ob es den Jungs so gut tut, wenn sie sich früh selbst einreden, dass die NBA der einzige Weg ist, der sie als Basketballer erfüllt. Für Elias wäre es schon ein Erfolg, wenn er zu einem Basketballer wird, der bei einem europäischen Topteam eine gute Rolle bekommt. Für die NBA haben aus meiner Sicht Robin Benzing und Tibor Pleiß die deutlich besseren Chancen.

Dornhegge: Nur aus Neugierde, weil sie vorhin so wohlwollend über Lischka und Benzing sprachen: Was halten sie davon, dass jemand wie Pleiß sich sonst gar nicht für den Basketball interessiert und vor einem Jahr nicht einmal wusste, wer Kevin Durant ist?

Bauermann: Tibor tickt anders, dass muss man ihm nachsehen. Wenn man ihn fragen würde, wer die drei besten Center der EM waren oder wie die Center der Franzosen und der Litauer hießen, würde er die Namen nicht kennen. Das darf man ihm nicht übel nehmen. Was mich an Tibor vielmehr gestört hat, waren seine Äußerungen zuletzt.

Gruber: Im Fachmagazin "BIG" beklagte er seine Reservistenrolle bei der EM unter Ihnen und kündigte an, es Ihnen zeigen zu wollen, wenn er mit Bamberg auf die Bayern trifft.

Bauermann: Ich hätte mir gewünscht, dass er mehr Selbstkritik zeigt. Es klingt so, als ob er mich in die Verantwortung nimmt, dass er zu wenig gespielt hat, und dass er mir deswegen beweisen müsste, welchen Fehler ich begangen hätte. Wir haben viel Zeit und Mühe in ihn investiert, ich stand ihm immer bei der Karriereplanung beratend zur Seite und ich bin letztes Jahr einmal die Woche nach Bamberg gefahren, um mit ihm individuell zu trainieren. Aber wenn Nowitzki und Chris Kaman für eine EM die Zusage geben, müssen sie natürlich spielen. Ich habe gehofft, dass Tibor mit den wenigen Minuten zurechtkommt, eingewechselt wird, 2 Würfe blockt, 3 Rebounds holt und sich hinsetzt. Das hat er nicht geschafft. Kein Vorwurf, dafür ist er zu jung. Aber jetzt hinzugehen und uns Vorwürfe zu machen, wundert mich. Ich bin sehr enttäuscht. So kenne ich ihn nicht.

These 1: Bamberg ist auf dem Weg zu einem europäischen Topteam.

These 2: Der FC Bayern ist der einzige Rivale für Bamberg.

These 3: BBL-Klubs sollten sich intensiver um NBA-Spieler bemühen.

These 4: Der europäische Basketball ist ein ernsthafter Konkurrent für die NBA.

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