Die Kunde von seiner nächsten - und erneut mutmaßlich letzten - Chance zu einem Gipfelsturm erreichte Timo Boll während des Familienurlaubs in den österreichischen Bergen.
"Paris ist noch einmal ein ganz großes Ziel für mich", schwärmte der inzwischen 43 Jahre alte Düsseldorfer nach seiner historischen Olympia-Nominierung: "Dabei zu sein, würde mich stolz und glücklich machen - weil ich weiß, dass nach Leistung und nicht nach Verdiensten entschieden wird."
Seit Dienstag lebt Bolls Traum nun ganz offiziell, der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) schlug den EM-Rekordsieger als dritten Spieler für das Mannschaftsturnier vor.
In Frankreich soll er neben dem Europameister Dang Qiu und dem zweimaligen Olympia-Dritten Dimitrij Ovtcharov das DTTB-Trio im Team-Wettbewerb zur fünften Olympia-Medaille nacheinander verhelfen.
Endgültige Nominierung erfolgt erst Anfang Mai
Die endgültige Nominierung erfolgt erst Anfang Mai durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Bolls Aufnahme ins "Team D" für Paris würde deutsche Sportgeschichte bedeuten: Vor dem Fahnenträger der Olympia-Mannschaft von 2016 in Rio de Janeiro und vierfachen Medaillengewinner nahmen bisher nur die Olympiasieger Ralf Schumann (Schießen/1988-2012) und Ludger Beerbaum (Springreiten/1988-2008 und 2016) siebenmal für Deutschland an Sommerspielen teil.
Den Zutritt zu diesem elitären Zirkel bekam Boll, der 2000 in Sydney erstmals zum deutschen Olympia-Team gehört hatte, wie vom Linkshänder ausdrücklich gewünscht "nicht geschenkt". Nach seiner langen Zwangspause im Vorjahr wegen einer Schulterverletzung schmetterte sich der zweimalige WM-Dritte wieder bis unter die Top 30 in die Spitze zurück.
Im mannschaftsinternen Konkurrenzkampf mit Qiu, Ovtcharov und Patrick Franziska trumpfte Boll mit mehreren Erfolgen über Top-20-Stars auf. Zu Jahresbeginn gewann der Oldie erstmals seit drei Jahren auch wieder ein internationales Turnier der WTT-Serie.
Roßkopf: "Meine schwerste Nominierung als Trainer"
Bundestrainer Jörg Roßkopf begründete im SID-Gespräch seine Entscheidung "für Timo und nicht gegen Patrick" mit "Erfahrung, Konstanz und Ergebnissen der vergangenen Monate. Man hat immer sehen können, dass alle noch großen Respekt vor Timo haben, was für Olympia auch wichtig ist."
Er sei bei "meiner schwersten Nominierung als Trainer" davon überzeugt gewesen, "dass Timo die bessere Form hat und wir das bestmögliche Team nach Paris schicken", sagte der frühere Weltmeister weiter.
Das Vertrauen will Boll, der im Einzel-Turnier seinen Kollegen Qiu und Ovtcharov nur zuschauen kann, rechtfertigen. "Der Aufwand", sagte Boll dem SID kurz vor Roßkopfs Entscheidung, "ist inzwischen zwar sehr hoch, aber ich spüre, dass ich wieder auf ein anderes Level gekommen bin. Es ist ein gutes Gefühl, gegen die Jungen mithalten zu können." Es sei "immer wieder interessant, gegen Gegner zu spielen, die meine Kinder sein könnten".