Für IOC-Präsident Thomas Bach ist das Nein der Hamburger Bürger zu Olympischen Spielen 2024 in der Hansestadt kein Rückschlag für seine Reform-Agenda 2020.
"Es hat beim Referendum sehr spezielle Umstände gegeben.
Das war die Frage der Finanzierung, das ist keine Agenda-Frage, das war die Flüchtlingsproblematik in Deutschland, das ist keine Agenda-Frage und das waren die Ängste nach dem Attentat von Paris. Das ist auch keine Agenda-Frage", sagte der deutsche IOC-Chef in Stuttgart am Rande der Verleihung der Reinhold-Maier-Medaille durch die FDP/DVP-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg.
Glaube an Strahlkraft des Reformpapiers
Vielmehr glaubt Bach nach wie vor an die Strahlkraft des Reformpapiers. "Es ist im Gegenteil so, dass es ohne die Agenda 2020 die Bewerbung von Hamburg gar nicht gegeben hätte", sagte der ehemalige Fecht-Olympiasieger aus Tauberbischofsheim. Gleiches gelte auch für die verbliebenen vier Bewerbungen von Los Angeles, Paris, Rom und Budapest.
"Sie nehmen alle sehr engen Bezug zur Agenda 2020 und haben auch in verschiedenen Formen erklärt, dass die Agenda für sie eine starke Motivation war, überhaupt als Kandidat anzutreten", erklärte Bach.
Bach betonte, dass er sehr gerne Hamburg als fünften Bewerber gehabt hätte. "Das hätte mir natürlich sehr viel Freude gemacht. Wir bedauern die Entscheidung natürlich, weil damit eine große Chance für Hamburg und für Deutschland vertan worden ist", so Bach, "es wäre eine hervorragende Chance gewesen, den Sport in Deutschland weiterzuentwickeln und auch etwas für die weitere Stadtentwicklung in Hamburg zu tun. Das Konzept war nachhaltig ausgelegt."
Bach kann keine Versäumnisse ausmachen
Versäumnisse bei den Hamburger Verantwortlichen oder beim deutschen Sport kann Bach nicht ausmachen, vielmehr seien die Ängste unter anderem vor Terror, den Kosten oder der Nachhaltigkeit verantwortlich für das Scheitern gewesen. Er habe "volles Vertrauen in den Hamburger Senat und vor allem auch in den DOSB, dass diese Fragen angesprochen worden sind", sagte Bach.
All das mache deutlich, dass man solche Ängste ernst nehmen und sich damit auseinandersetzen müsse. Man müsse auch Argumente dafür bieten. "Ich glaube, in Hamburg ist das so gewesen. Und dennoch zeigt es einmal mehr, dass es sehr, schwer ist, ein Ja für ein Referendum zu bekommen", meinte der oberste Olympier.
Razzien "im Prinzip richtig"
Außerdem äußerte er sich zur Situation bei der krisengeschüttelten FIFA . "Ich habe schon vor einigen Wochen gesagt: Genug ist genug! Was man jetzt sieht, geht darüber nochmal hinaus mit den neuen Anklagen und mit den neuen Verhaftungen", sagte der 61-Jährige in Stuttgart am Rande der Verleihung der Reinhold-Maier-Medaille durch die FDP/DVP-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg.
Weiter führte Bach aus: "Aber im Prinzip ist das richtig, was ich auch damals schon gefordert habe, dass man sich in der FIFA konzentrieren soll auf die Reformen, und das man nicht glauben darf, dass mit der Wahl eines neuen Präsidenten alle Probleme gelöst seien." Am Donnerstag hatte es am Rande der FIFA-Exekutive in Zürich Verhaftungen von zwei Vize-Präsidenten und Ermittlungen gegen 14 weitere hochrangige Funktionäre gegeben. Am Samstag folgten dann drei weitere Verhaftungen von FIFA-Funktionären.
Es komme darauf an, so Bach, "tiefgreifende Reformen herbeizuführen". Und es komme auch darauf an, "dass die von allen glaubwürdig vertreten werden und dass man sieht, dass hinter Reformen auch ein tatsächlicher Reformwille steht und diese nicht nur einfach verabschiedet werden", so der Fecht-Olympiasieger von 1976. Es seien in der FIFA auch durchaus "reformwillige Kräfte vorhanden". Denen müsse man zum Durchbruch verhelfen.