Nachdem Frank Stäbler den WM-Jackpot geknackt hatte, rockte die 25-köpfige Schwabenhorde Las Vegas. "Das ist der helle Wahnsinn", sagte der neue Ringer-Weltmeister, der mit Eltern, Großeltern, Bruder, Freundin und Freunden bis in die Morgenstunden im Orleans Hotel das erste deutsche WM-Gold im griechisch-römischen Stil seit 21 Jahren feierte: "Ein Kindheitstraum ist wahr geworden."
Stäbler hat ein paar Wochen Zeit, um seinen Triumph in der Gewichtsklasse bis 66 kg richtig zu verarbeiten. Der gebürtige Böblinger wird mit seinem Anhang erst durch die USA reisen, bevor ihn nach seiner Rückkehr am 26. September ein triumphaler Empfang bei seinem Heimatverein TSV Musberg erwartet.
Bis dahin wird Stäbler auch realisiert haben, dass er nun bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr in Rio als Topfavorit an den Start geht. Schließlich hat der Europameister von 2012 auf dem Weg zu Gold zwei Ex-Weltmeister geschlagen. Im Halbfinale bezwang der 26-Jährige den serbischen Titelverteidiger Davor Stefanek, im Finale dessen Vorgänger Ryu Han-Su (Südkorea) - beide deutlich mit 5:1.
"Er ist über sich hinausgewachsen"
"Ich habe mich nach dem Halbfinale noch gut gefühlt, wusste aber, dass mit dem Koreaner noch einmal ein ganz schwerer Brocken kommt", sagte Stäbler: "Dass ich am Ende ganz oben auf dem Treppchen stand, kann ich noch gar nicht fassen. Es ist ein irres Gefühl. Es hat einfach alles gepasst."
Auch der Präsident des Deutschen Ringer-Bundes (DRB) war von dem Erfolg gleich am ersten Wettkampftag in der Wüste Nevadas überwältigt. "Wenn mir das einer vorher gesagt hätte, ich hätte das niemals für möglich gehalten. Der Erfolg hat mit Sicherheit Signalwirkung für die ganze Mannschaft", sagte Manfred Werner dem SID: "Frank hat eine grandiose Leistung gezeigt. Als er das Halbfinale erreicht, und damit die Olympia-Teilnahme in der Tasche hatte, ist er nochmal über sich hinausgewachsen."
Das schafften auf den Tag genau vor 21 Jahren auch Alfred Ter-Mkrtychyan und Thomas Zander. Sie holten am 8. September 1994 in Tampere/Finnland die bisher letzten Titel im griechisch-römischen Stil.
Ringer-Kindergarten statt Mama-Kind-Turnen
Damals war Stäbler, der neben Titelverteidigerin Aline Focken als größter deutscher Hoffnungsträger in die USA gereist war, gerade einmal fünf Jahre alt. Auf der Matte stand der WM-Dritte von 2013 und zweimalige deutsche Ringer des Jahres aber zu diesem Zeitpunkt schon - wenn auch eher zufällig.
Ein Jahr zuvor wollte Stäblers Mutter ihren kleinen Jungen beim Mama-Kind-Turnen anmelden. Das war aber ausgebucht. Also ging es in den Musberger Ringer-Kindergarten. Aus dem spielerischen Ansatz von damals ist in der Zwischenzeit harter Leistungssport geworden. Doch spätestens in Las Vegas haben sich die sechs Stunden Training pro Tag bezahlt gemacht.
Das sieht auch die sportliche Leitung so. Für DRB-Sportdirektor Jannis Zamanduridis war die Vorstellung Stäblers, der sein Lebensmotto "Caritas, Fides, Spes" (Liebe, Glaube, Hoffnung) seit 2012 als Tätowierung auf dem Unterarm trägt, "einfach spitze". Bundestrainer Michael Carl fand die "souveräne Kampfesweise durch das gesamte Turnier beeindruckend".