"Wrestling ist wie Eiskunstlauf"

Von Interview: Philipp Dornhegge
Bret "The Hitman" Hart gewann in seiner 13-jährigen WWF-Karriere alles, was es zu gewinnen gab
© Getty
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SPOX: Wenigen Fans sind die kleinen Anfänge des Geschäfts bekannt. Erklären Sie mir, was Wrestling zu ihrer Jugendzeit bedeutete.

Hart: Das war von Ort zu Ort sehr unterschiedlich. Für mich in Calgary war Wrestling früher immer sehr realistisch. Es gab noch nicht diese Wortakrobaten oder Slapstick-Entertainer wie Ric Flair. Bei ihm ging es immer mehr um das Auftreten und das Aussehen, aber wenn man das reine Wrestling betrachtet, war es nirgendwo echter als in den 60ern und 70ern bei uns.

SPOX: Jahrzehnte später hat sich das Image des Wrestlings komplett gewandelt. Sind Sie als Zuschauer immer noch mit Begeisterung dabei?

Hart: Ich versuche, auf dem Laufenden zu bleiben, auch weil ich immer noch viele Freunde im Business habe. Mich interessiert es jetzt wieder mehr als noch vor einigen Jahren. Ich muss sagen, dass ich sehr stolz auf einige der jungen Wrestler bin, besonders diejenigen, die aus einer Wrestling-Familie kommen. Randy Orton ist so ein junger Kerl, mit dem ich gerne zusammengearbeitet hätte, genauso wie John Cena oder Batista.

SPOX: Ich muss gestehen, dass mir das Wrestling von heute weniger gut gefällt. Mir fehlen die technisch sauberen Matches der 80er und 90er, außerdem gibt es kaum noch so einzigartige Charaktere wie einst Papa Shango, "El Matador" Tito Santana oder Jake "The Snake" Roberts. Können Sie das nachvollziehen?

Hart: Absolut! Ich gebe Ihnen da völlig Recht: Viele Wrestler sehen gleich aus, wrestlen gleich und reden gleich. Es gibt an die 30 Wrestler, die irgendwie alle aussehen wie Edge. Dazu kommt, dass mir die Stories und die Interviews oft viel zu aufgesetzt wirken. Wenn ich mir zum Beispiel ansehen muss, wie ein Wrestler den anderen in der Umkleidekabine ausspioniert, dann tut mir das in den Augen weh, das beleidigt meine Intelligenz.

SPOX: Sie hatten gerade schon einige Wrestler zweiter Generation angesprochen. Der Million Dollar Man Ted DiBiase gehörte auch dazu, genauso wie Curt Hennig. Haben Sie sich denen irgendwie verbunden gefühlt aufgrund dieser Gemeinsamkeit?

Hart: Ja, mit Curt hatte ich eine ganz besondere Beziehung. Wir hatten immer großen Respekt voreinander, der sich von der Umkleide bis in den Ring und auf das Privatleben ausdehnte. Ich kenne seine ganze Familie. Ich glaube nicht, dass es im Wrestling eine Freundschaft geben kann, die sehr viel inniger ist als es unsere war. Niemals wäre es einem von uns eingefallen zu behaupten, dass er besser ist als der andere. Als er 2003 gestorben ist, hat mich das schwer getroffen.

SPOX: Wissen Sie, was ich mich immer gefragt habe: Gab und gibt es die Jimmy Harts, die Paul Bearers und die Mr. Fujis eigentlich nur für das Entertainment, oder haben die Manager im Wrestling tatsächlich einen Job zu erledigen?

Hart: Abgesehen von ein bisschen Arschkriecherei? Nein, ich würde sagen, das ist nur Show.

SPOX: Zur Show gehörte es auch, dass Sie früher Ihre Hitman-Sonnenbrillen an kleine Fans verschenkt haben. Haben Sie eigentlich noch welche davon zu Hause?

Hart: Ich habe nichts mehr! Alles, was ich weggeben konnte, habe ich schon vor langer Zeit verschenkt. Die einzigen Wrestling-Klamotten, die ich noch habe, haben sentimentalen Wert für mich. Davon würde ich mich niemals trennen.

SPOX: Haben Sie mitgezählt, wie viele dieser Brillen sie abgegeben haben?

Hart: Nein, aber als ich vor kurzem zu Besuch in Schottland war, erzählte mir so ein Typ, dass man meine Brillen, wenn sie mein Autogramm tragen, heute für 500 Dollar bei Ebay ersteigern kann. Ich wünschte, ich hätte noch einen Karton davon!

SPOX: Wrestler haben ja immer dieses Tough-Guy-Image. Wie passt es da eigentlich zusammen, dass sie Angst vor Wasser haben?

Hart: Angst würde ich nicht sagen, aber ich bin sicher kein guter Schwimmer. Mir ist allerdings nicht klar, was Schwimmen mit tough sein zu tun hat, außer man würde gegen einen Hai kämpfen. Ich hatte als Kind ein paar schlechte Erfahrungen im Wasser. Immerhin habe ich es gelernt. Ich erinnere mich an mein letztes Jahr in der High School, als der Sportlehrer fragte, ob einer von uns nicht schwimmen kann. Ich war der einzige, der aufgezeigt hat. So nahm ich dann zwei Wochen lang Unterricht - zusammen mit einer Horde Kleinkinder. Das war mir so peinlich!

SPOX: Zum Schluss habe ich noch ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen: Sie behaupten in Ihrem Buch, dass die deutschen Wrestling-Fans leicht zufrieden zu stellen sind. Wir sind doch Ihre größten Fans!

Hart: Ich habe doch bloß die Wahrheit gesagt! In Deutschland gab es früher nur diese alten und unbeweglichen Haudegen, die nichts draufhatten. Ich glaube, kein deutscher Fan würde bestreiten, dass das Wrestling heute sehr viel besser ist als damals. Ich war einer der ersten, der amerikanisches Wrestling in Deutschland richtig populär gemacht hat. Oder denken Sie an Hulk Hogan, wenn der sein T-Shirt zerriss und seine Muskeln spielen ließ. Das war eine Form des Entertainments, die es in den siebziger Jahren nicht gab. Sicher gab es auch gute Wrestler in Deutschland, aber die Shows dort waren totaler Mist.

SPOX: Das hört sich aber nicht so positiv an. Dabei haben Sie doch immer gesagt, dass Deutschland eins ihrer Lieblingsländer ist.

Hart: Das stimmt auch. Ich habe sogar mal darüber nachgedacht, dort zu leben.

SPOX: Tatsächlich? Wann war das?

Hart: Ich habe eine Zeit lang - während meiner zweiten Ehe - in Italien gelebt. Ich habe es da so dermaßen gehasst, dass ich meine Frau überzeugen konnte, dass wenn ich in Europa bleibe, ich nur in Deutschland glücklich werden würde. Mir hat sogar das Essen in Deutschland besser gefallen als in Italien.

SPOX: Das ist aber sehr ungewöhnlich, dass jemand das deutsche Essen dem italienischen vorzieht!

Hart: Italienisches Essen ist beim ersten Mal super. Aber wenn man es sieben Tage die Woche isst, dann sehnt man sich schnell nach einem deutschen Steak, vertrauen Sie mir!

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