Motika wurde in Berlin geboren, wechselte aber bereits im Alter von 14 Jahren von Hertha BSC zum FC Bayern. Trainer Julian Nagelsmann testete ihn bei den Profis, doch Motika zog es im Februar 2022 für eine Ablösesumme von 2,5 Millionen Euro in die Heimat seiner Vorfahren zu Roter Stern. Nach einer Leihe beim österreichischen Bundesligisten Austria Lustenau wechselte er diesen Sommer ablösefrei zu Olimpija Ljubljana nach Slowenien.
Herr Motika, seit einigen Wochen spielen Sie für Olimpija Ljubljana. Wie gefällt es Ihnen?
Nemanja Motika: Sehr gut. Hier herrscht eine Mentalität wie in Deutschland oder Österreich, nicht wie am Balkan. Bei meinem Wechsel von Bayern zu Roter Stern ist mir die Umstellung schwerer gefallen. Die Leute in Belgrad ticken ganz anders.
Inwiefern?
Motika: Es wurde vieles versprochen, aber nichts eingehalten. Ich hatte zwar Einsatzzeiten, aber weniger als ich verdient gehabt hätte. Im Training wurde ich viel gelobt. Es hieß immer, dass man zufrieden mit mir ist. Ich habe mich auch mit allen Jungs gut verstanden, habe gut in die Mannschaft gepasst. Aber ich habe trotzdem keine echte Chance bekommen. Dafür gibt es keine Erklärung. Ich verstehe das nicht und werde es auch nie verstehen. Das hat mich sehr traurig gemacht, aber Roter Stern bleibt mein Lieblingsverein.
Waren Sie schon immer Roter-Stern-Fan?
Motika: Ja, als Kind bin ich in Berlin mit meinem Roter-Stern-Trikot in die Schule gegangen. Daran kann ich mich genau erinnern. Der Klub ist tief in meinem Herzen
Kurz vor Ihrem Abschied von Roter Stern kritisierte Sie Generaldirektor Zvezdan Terzic öffentlich. Er meinte unter anderem, dass Sie "reifer" werden müssten.
Motika: Diese öffentliche Kritik kam sehr überraschend für mich. Intern wurde das nicht angesprochen. Es entsprach auch nicht der Wahrheit. Ich war reif genug für diesen Schritt. Aber bei Roter Stern bin ich zu einem richtigen Mann geworden.
Hat nach dieser Kritik ein Austausch mit den Klub-Verantwortlichen stattgefunden?
Motika: Es gab nicht viele Gespräche. Irgendwann hieß es, dass einige Vereine an mir interessiert seien. Roter Stern hat sich aber nicht darum gekümmert. Zum Glück bin ich jetzt trotzdem in Ljubljana gelandet. Hier sieht man mich als großes Projekt.
Ihr ein Jahr jüngerer Bruder Nikola soll auch bei Olimpija unterschreiben.
Motika: Ja, wir sind zusammen hergekommen. Er war im Trainingslager dabei und hat es sehr gut gemacht. Demnächst wird er mit seinem ersten Profivertrag belohnt.
Schon bei Ihrem Wechsel von Hertha BSC zum FC Bayern 2017 hat Sie Ihr Bruder begleitet.
Motika: Für mich war es das Wichtigste, dass mein Bruder und meine Eltern mitkommen. Mein Bruder ist mein bester Freund. Ich liebe ihn über alles, er liebt mich über alles. Seine Probleme sind meine Probleme und umgekehrt. Und unsere Eltern bedeuten uns beiden alles: Keiner kocht besser als Mama, keiner motiviert besser als Papa.
Sie waren zum Zeitpunkt des Wechsels 14 Jahre alt. Wie war das für Sie?
Motika: Als die Verträge tatsächlich da waren, konnte ich es nicht realisieren. Wir wurden bei Bayern super aufgenommen. Das Timing war gut, weil wir genau zur Eröffnung des Campus gekommen sind.
Haben Sie Berlin vermisst?
Motika: Ja, wir haben dort noch viele Verwandte und Freunde. Ich habe auch die Hertha vermisst. Wir sind alle Herthaner.
Sie haben insgesamt viereinhalb Jahre im Nachwuchs des FC Bayern gespielt. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Motika: Es war von Anfang bis Ende eine gute Zeit. Für Bayern zu spielen, fühlt sich überragend an. Das ist der Traum von jedem. Ich träume davon, nochmal für Bayern zu spielen.
Also können Sie sich eine Rückkehr vorstellen?
Motika: Aktuell ist das nicht realistisch, aber irgendwann denke ich schon. Ich glaube daran.
Wer war Ihr größter Förderer beim FC Bayern?
Motika: Martin Demichelis. Ich mag seinen offensiven Spielstil. Jedes Training mit ihm hat Spaß gemacht. Außerdem ist er ein sehr guter Mensch. Er hat mich nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz weitergebracht.
Vereinzelt hat er Sie bei der Reserve aus disziplinarischen Gründen aber auch auf die Bank gesetzt.
Motika: Das waren Kleinigkeiten, darüber müssen wir nicht reden. Wir haben uns jedenfalls nie gestritten.
Einmal haben Sie mit einer Kampfansage an die etablierten Profis für Aufsehen gesorgt: "Ich kann mich mit Spielern wie Sané oder Coman messen. In einem gesunden Wettbewerb ist es mein Ziel, ihren Platz in der Startelf zu gefährden."
Motika: Das war in einem Interview mit serbischen Journalisten. Ich habe A gesagt, sie haben B aufgeschrieben. Nach einem Gespräch mit Demichelis war die Sache schnell geklärt.
Seit David Alaba hat sich beim FC Bayern kein Spieler aus dem eigenen Nachwuchs nachhaltig durchgesetzt. Woran liegt das?
Motika: Man braucht die nötige Qualität und Arbeitseinstellung, dazu Timing und viel Glück. Bei mir war es ganz knapp.
Im Sommer 2021 haben Sie die Vorbereitung bei den Profis unter Trainer Julian Nagelsmann mitgemacht.
Motika: Ja, ich war bei den Testspielen gegen Ajax Amsterdam und Borussia Mönchengladbach in der Allianz Arena dabei. Das waren Highlights für mich.
Wie war Ihr Verhältnis zu Nagelsmann?
Motika: Er hat sich gut um die jungen Spieler gekümmert. Persönlich habe ich aber nicht viel mit ihm gesprochen.
Was war der schönste Moment Ihrer Zeit beim FC Bayern?
Motika: In der Regionalliga habe ich für die Amateure gegen Schweinfurt einmal vier Tore in einem Spiel geschossen. Das war der schönste Moment. In dieser Saison war ich on fire.
In den ersten 24 Spielen der Saison 2021/22 haben Sie 23 Scorerpunkte gesammelt, ehe Sie im Winter zu Roter Stern gewechselt sind. Bereuen Sie den Schritt im Nachhinein?
Motika: Ich bereue nichts an meiner Karriere.
Ein Jahr nach Ihrer Ankunft wurden Sie an den österreichischen Bundesligisten Austria Lustenau verliehen. Mit Torben Rhein trafen Sie dort auf einen langjährigen Weggefährten, mit dem Sie schon bei der Hertha und beim FC Bayern zusammengespielt haben.
Motika: Wir beide sind sehr, sehr eng. In Lustenau haben wir zwar nicht zusammen gewohnt, waren aber nach fast jedem Training unterwegs. Lustenau ist keine Stadt, sondern ein Dorf. Da gibt es nicht viel zu tun, aber wir hatten trotzdem eine schöne Zeit. Wir waren viel draußen unterwegs: Café trinken oder am Bodensee.
Nach einem halben Jahr in Lustenau sind Sie fest nach Ljubljana gewechselt. Was sind Ihre Ziele mit dem neuen Klub?
Motika: Das größte Ziel lautete, europäisch zu spielen. Das haben wir schon erreicht. Wir spielen mindestens in der Conference-League-Gruppenphase. Damit haben wir Geschichte geschrieben, das hatte der Klub zuvor noch nie geschafft. Jetzt wollen wir in der Champions-League-Qualifikation noch mehr (das Hinspiel der 3. Qualifikationsrunde gegen Galatasaray ging am Dienstag mit 0:3 verloren, Anm. d. Red.). Ich persönlich möchte so viele Spielminuten und Scorerpunkte wie möglich sammeln. Im Training habe ich es schon sehr gut gemacht. Jetzt brauche ich ein bisschen Glück, dann klappt es in den Spielen auch.
Sie sind 20 Jahre alt: Welche Ziele haben Sie für Ihre weitere Karriere?
Motika: Irgendwann will ich für einen Topklub spielen. Ich habe die nötige Qualität dafür. Ich werde eine große Karriere haben.
Sie haben für die deutsche U16-Nationalmannschaft gespielt, sind dann aber zum serbischen Verband gewechselt. Im Herbst 2022 waren Sie letztmals für Serbiens U21 aktiv. Wie ist der Stand?
Motika: In den letzten Monaten gab es nicht viel Austausch mit den Verbänden. Ich würde für beide Länder spielen.
Nemanja Motika: Seine Karriere-Stationen
Zeitraum | Klub | Pflichtspiele | Tore | Assists |
2021 bis 2022 | FC Bayern Reserve | 27 | 16 | 8 |
2022 bis 2023 | Roter Stern Belgrad | 16 | 1 | 1 |
2023 | Austria Lustenau | 18 | 1 | 1 |
seit 2023 | Olimpija Ljubljana | 7 | - | - |