Nur eine Schwäche! Deutschland hat wieder ein Bollwerk - doch nun droht der Zerfall

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© SPOX / Getty Images

Erstmals seit 2016 bei einem Turnier Zu-Null gespielt, überhaupt erst ein Gegentor kassiert: Das DFB-Team hat abgesehen von einer Schwachstelle wieder ein Abwehr-Bollwerk - doch es droht bereits der vorläufige Zerfall.

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Joshua Kimmich, Mats Hummels, Jerome Boateng, Jonas Hector: Mit dieser Viererkette verteidigte das DFB-Team, als es bei einem großen Turnier letztmals vor dem 2:0-Sieg gegen Ungarn ohne Gegentor geblieben ist. Im Achtelfinale der EM 2016 war das, damals gelang ein 3:0 gegen die Slowakei.

In den 13 darauffolgenden EM- und WM-Spielen kassierte Deutschland insgesamt 20 Gegentore. Die chronisch löchrige Abwehr war einer der Hauptgründe für das wiederholt frühe Ausscheiden bei den vergangenen Turnieren. Bundestrainer Julian Nagelsmann verwandelte diese Schwachstelle innerhalb kürzester Zeit in eine Stärke - zumindest unter Vorbehalt. Ganz große Prüfungen gegen hochkarätige Offensivreihen stehen bei der EM schließlich noch aus.

Schon beim 5:1-Sieg im EM-Eröffnungsspiel gegen biedere Schotten war Deutschland nah dran am Zu-Null. Nach einer stabilen Defensivleistung überwand kurz vor Schluss lediglich Abwehrchef Antonio Rüdiger Deutschlands Keeper Manuel Neuer mit einem Eigentor. Gegen gefährlichere Ungarn behielt Neuer schließlich seine langersehnte erste Weiße Weste bei einem Turnier seit 2016.

"Wir sind in den meisten Phasen sehr stabil geblieben", lobte Nagelsmann nach dem Ungarn-Spiel. "Und wenn mal irgendetwas nicht stabil war, dann war Manu da, dann war Jona da oder Antonio. Die haben viel gecoacht, viel gepusht." Keeper Manuel Neuer, vor der EM arg in Frage gestellt, sowie die Innenverteidiger Antonio Rüdiger und Jonathan Tah avancierten zu Garanten für eine starke Defensivleistung. Aber auch die Außenverteidiger Joshua Kimmich und Maximilian Mittelstädt sowie die emsig mitarbeitenden Offensivspieler überzeugten im Rückwärtsgang.

EM 2024: Die Tabelle der "deutschen Gruppe" A

RangMannschaftSp.SUNToreDiff.Pkt.
1Deutschland22007:166
2Schweiz21104:224
3Schottland20112:6-41
4Ungarn20021:5-40
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© getty

"Da müssen wir noch zulegen": DFB-Team offenbart eine Schwäche

Wie auf allen anderen Positionen entschied sich Nagelsmann auch in der Abwehr bereits vor den Länderspielen im März für seine EM-Stammbesetzung. Nachdem es in des Bundestrainers herbstlicher Anfangsphase noch Gegentore gehagelt hatte, sorgte der neuformierte Abwehr-Verbund direkt für Stabilität. Bei den vier Testspielen vor der EM klingelte es lediglich zweimal.

Gegen Schottland und Ungarn ließ das DFB-Team aus dem Spiel heraus praktisch nichts zu, brenzlig wurde es lediglich nach ruhenden Bällen. "Da müssen wir noch einen Tick zulegen, dass wir die Standards noch konsequenter verteidigen", analysierte Mittelstädt. Rüdigers Eigentor beim Eröffnungsspiel resultierte aus einem Freistoß, gegen Ungarn entschärfte Neuer erst einen direkten Freistoß von Dominik Szoboszlai sehenswert und dann einen Kopfball von Willi Orban nach Hereingabe vom Standard-Experten des FC Liverpool.

In den vergangenen Monaten hatte sich Neuer noch mehrere Patzer erlaubt, woraufhin Debatten über einen möglichen Torwartwechsel entbrandeten. Gegen Ungarn konterte der 38-jährige Veteran seine Kritiker eindrucksvoll. "Er hat das eine oder andere Mal exzellent pariert und uns im Spiel gehalten", lobte Mittelstädt. "Wenn wir gar nichts zulassen, könnte auch mein kleiner Bruder ins Tor." Neuer erreichte gegen Ungarn unterdessen einen persönlichen Meilenstein: Er absolvierte sein 17. EM-Spiel und zog somit mit Rekord-Keeper Gianluigi Buffon gleich, am Sonntag gegen die Schweiz wird er am Italiener vorbeiziehen.

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© getty

DFB-Team: Dem Abwehr-Bollwerk droht der vorläufige Zerfall

Beachtlich ist im bisherigen Turnierverlauf übrigens nicht nur die gute Defensivarbeit der Verteidiger, beachtlich sind auch ihre Impulse fürs Offensivspiel. Kimmich bereitete Florian Wirtz' 1:0 gegen Schottland vor, Mittelstädt Gündogans 2:0 gegen Ungarn. An der Entstehung von Jamal Musialas 1:0 hatte Tah entscheidenden Anteil und sein Nebenmann Rüdiger sorgte wiederholt mit klugen Steilpässen für Gefahr.

Der Abwehr-Verbund hat sich in jeglicher Hinsicht gefunden, doch es droht bereits sein vorläufiger Zerfall. Tah, Rüdiger und Mittelstädt holten sich genau wie Abräumer Robert Andrich in den ersten beiden Spielen Gelbe Karten ab, eine zweite führt zu einer Sperre für ein Spiel. Ärgerlich sind vor allem die beiden Verwarnungen aus der Ungarn-Partie: Rüdiger sah Gelb wegen Meckerns, Mittelstädt für ein Foul kurz vor Schluss, als das Spiel beim Stand von 2:0 bereits so gut wie gewonnen war.

Nagelsmann steht vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen die Schweiz am Sonntag in Frankfurt vor der schwierigen Frage, ob er seine so tadellos funktionierende Abwehr umbaut, um mögliche Sperren beim Achtelfinale zu verhindern. Gestrichen werden die Gelben Karten erst nach dem Viertelfinale. Zumindest Rüdiger hat keine Angst vor einer Sperre: "Ich bin bereit - ob mit Gelb oder ohne Gelb."

EM 2024, Gruppenphase: Spielplan, Ergebnisse - Gruppe A:

DatumUhrzeitStadionBegegnungErgebnis
14. Juni 202421 UhrMunich Football Stadium, MünchenDeutschland - Schottland5:1
15. Juni 202415 UhrCologne Stadium, KölnUngarn - Schweiz1:3
19. Juni 202421 UhrCologne Stadium, KölnSchottland - Schweiz1:1
19. Juni 202418 UhrStuttgart Arena, StuttgartDeutschland - Ungarn2:0
23. Juni 202421 UhrFrankfurt-Arena, FrankfurtSchweiz - Deutschland
23. Juni 202421 UhrStuttgart Arena, StuttgartSchottland - Ungarn