Es war eine große Frage, die Jamal Musiala am späten Freitagabend gestellt bekam. Eine sehr, sehr große Frage. Ob er beim 5:1-Sieg gegen Schottland zum EM-Auftakt das Spiel seines bisherigen Lebens gemacht habe? "Das kann man schon sagen", erwiderte Musiala. Nach vielen glanzvollen Auftritten für den FC Bayern München gelang ihm im Alter von 21 Jahren seine erste wahrhaftige DFB-Gala auf allergrößter Bühne.
Mit jeder Aktion, mit jedem Dribbling und jedem Pass versprühte Musiala gegen Schottland pure Spielfreude. Bei seiner Auswechslung verabschiedeten ihn die Fans in seinem Münchner Heimstadion, angefeuert von Joker Thomas Müller, mit Standing Ovations. Die UEFA kürte ihn anschließend zum Spieler des Spiels. Bundestrainer Julian Nagelsmann lobte Musiala für ein "super, ein außergewöhnlich gutes Spiel".
Die Zahlen bestätigen das wunderbare Gefühl. Musiala setzte sich bei fünf von acht Dribblings durch und glänzte mit perfektem Passspiel - seine Passquote betrug exakt 100 Prozent. Tatsächlich, Musiala unterlief gegen Schottland trotz vieler mutiger Bälle kein einziger Fehlpass. Außerdem verzeichnete er die meisten Ballaktionen im gegnerischen Strafraum, bestritt die meisten Zweikämpfe aller Deutschen und gewann auch die meisten. Für ihn persönlich aber wohl am wichtigsten: Er erzielte ein Tor, das zwischenzeitliche 2:0. Sein drittes für Deutschland, sein erstes bei einem Turnier.
"Hat an ihm genagt": Nagelsmann gibt Einblicke bei Jamal Musiala
Bei der EM 2021 fungierte der 18-jährige Musiala lediglich als Joker für ein paar späte Minuten, bei der WM im Jahr darauf in Katar war er Stammspieler. Schon damals sorgte Musiala mit seinen Dribblings für Begeisterung und zählte zu den wenigen positiven Erscheinungen im DFB-Team, die nötige Zielstrebigkeit ließ er im Abschluss aber noch vermissen, beispielsweise beim zweiten Gruppenspiel gegen Spanien.
Kurz vor Schluss bereitete er zwar Niclas Füllkrugs erlösenden Ausgleich vor, der Deutschlands Chance auf ein Weiterkommen offen hielt und im DFB-Tross für kollektives Aufatmen sorgte - nicht aber bei Perfektionist Musiala. "Ich glaube, es wird eine schwere Nacht für mich", haderte er wegen einer vergebenen Großchance. Das böse Erwachen folgte kurz darauf, trotz eines abschließenden Sieges gegen Costa Rica scheiterte Deutschland in der Vorrunde.
Auch dank Musiala und seinem Treffer stehen die Chancen auf ein Weiterkommen diesmal schon nach dem Eröffnungsspiel bedeutend besser. "Gerade für ihn freut es mich, weil er in Katar die eine oder andere Chance vergeben hat. Das hat an ihm genagt", sagte Nagelsmann, der es wissen muss. Als Trainer des FC Bayern arbeitete er damals alltäglich mit Musiala zusammen.
DFB-Team: "Wusiala" glänzt gegen Schottland
Bei der WM in Katar lastete vermutlich größerer Druck auf Musialas schmalen Bambi-Schultern als nun bei der Heim-EM. Damals war er jünger, unerfahrener und galt außerdem als einziger deutscher Hoffnungsträger. Diesmal teilt er sich diese Rolle immerhin mit dem gleichaltrigen Florian Wirtz, der die WM aufgrund eines Kreuzbandrisses verpasst hatte.
Die zwei Zauberer teilen sich aber nicht nur den Hoffnungsträger-Druck, sondern auch die Aufmerksamkeit der Gegenspieler auf dem Platz. Der vierbeinige Wirbelwind "Wusiala" ist kaum zu verteidigen, schon gar nicht von biederen Schotten. Als verkappte Flügelspieler zogen Musiala und Wirtz regelmäßig ins Zentrum, kombinierten dort untereinander, mit Zehner Ilkay Gündogan und der falschen Neun Kai Havertz auf engstem Raum und erzielten jeweils ein Tor.
"Die beiden sind überragend", lobte Havertz, den Wirtz und Musiala im Ranking der jüngsten deutschen EM-Torschützen auf Rang drei verdrängten. "Nicht nur auf dem Platz, sondern auch als Typen. Sie sind beide am Boden geblieben. Wir können uns glücklich schätzen, dass sie in unserer Mannschaft sind." Dem Bundestrainer war es unterdessen ein Anliegen, auch die Abwehrarbeit des Duos hervorzuheben. "Ich habe immer betont, dass wir die Zauberer auch in der Defensive brauchen", sagte Nagelsmann, vor allem Musiala sei seiner Meinung nach "defensiv sehr fleißig" gewesen.
EM 2024, Gruppenphase: Spielplan, Ergebnisse - Gruppe A
Datum | Uhrzeit | Stadion | Begegnung | Ergebnis |
14. Juni 2024 | 21 Uhr | Munich Football Stadium, München | Deutschland - Schottland | 5:1 |
15. Juni 2024 | 15 Uhr | Cologne Stadium, Köln | Ungarn - Schweiz | |
19. Juni 2024 | 21 Uhr | Cologne Stadium, Köln | Schottland - Schweiz | |
19. Juni 2024 | 18 Uhr | Stuttgart Arena, Stuttgart | Deutschland - Ungarn | |
23. Juni 2024 | 21 Uhr | Frankfurt-Arena, Frankfurt | Schweiz - Deutschland | |
23. Juni 2024 | 21 Uhr | Stuttgart Arena, Stuttgart | Schottland - Ungarn |