Die Salzburg-Entthroner: Wie Sturm Graz die Meisterserie stoppte und in die Champions League stürmte

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Der österreichische Traditionsverein Sturm Graz hat die zehnjährige Meisterserie von Red Bull Salzburg beendet und tritt erstmals seit der Saison 2000/01 in der Champions League an. Zurückzuführen ist der Grazer Erfolgslauf auf personelle Konstanz und eine ausgeklügelte Transferpolitik.

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Die finanziellen Vorteile erschienen einfach zu groß. Ähnlich wie der FC Bayern München in Deutschland galt Red Bull Salzburg in Österreich eigentlich als unschlagbarer Meister für alle Ewigkeit - bis beide Seriensieger im vergangenen Frühling gleichzeitig stürzten. Die Münchner nach elf, die Salzburger nach zehn Titeln in Folge.

In Deutschland zeichnete sich für diesen historischen Machtwechsel Konzern-Klub Bayer Leverkusen verantwortlich, in Österreich der Traditionsverein Sturm Graz. Was die ganze Sache im Alpenland selbstverständlich noch romantischer machte. Wie Leverkusen gewann Sturm gleichzeitig auch den nationalen Pokal und sicherte sich somit das Double.

Leverkusens Erfolgsgeschichte begann mit der Installation von Xabi Alonso als Cheftrainer im Herbst 2022. Bei Sturm wurde das Fundament bereits über zwei Jahre früher gelegt. Im Sommer 2020, mitten während der Corona-Pandemie. Nach einem enttäuschenden sechsten Platz übernahm damals der bisherige Chefscout Andreas Schicker (38) als Geschäftsführer Sport und Christian Ilzer (46) als Trainer.

Seitdem geht es konstant aufwärts: Nach einem dritten Platz und zwei Vize-Meisterschaften gelang 2024 der vierte Meistertitel der Klubgeschichte. Bereits vergangenes Jahr hatte Sturm im bisweilen als "Jahrhundert-Finale" hochgejazzten Endspiel gegen Rapid Wien den ÖFB-Cup gewonnen. Die beiden größten Fanszenen des Landes lieferten mit ihren Choreografien und Pyro-Shows Bilder, die europaweit für Aufsehen sorgten. Ein Jahr später gewann Sturm die Final-Neuauflage und krönte sich somit zum Double-Sieger.

Rapid muss unterdessen weiterhin auf den ersten Titel seit 2008 warten, Stadtrivale Austria ist seit 2013 titellos. Unter Schicker und Ilzer lief Sturm den beiden Wiener Großklubs im Salzburger Schatten den Rang ab. Durch die Einnahmen aus der Champions League dürfte sich die neue Hackordnung im österreichischen Fußball weiter verfestigen, auch Salzburg ist erneut qualifiziert.

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Yeboah, Höjlund und Emegha: Schickers Transfer-Meisterstücke

Hauptgrund für den Grazer Erfolgslauf ist eine ausgeklügelte Transferpolitik, die einerseits auf Konstanz und andererseits auf schnellen Wechseln beruht.

Bereits in seinen ersten beiden Sommer-Transferphasen verpflichtete Schicker mit den Innenverteidigern Gregory Wüthrich und David Affengruber, Mittelfeld-Abräumer Jon Gorenc-Stankovic, den beiden Außenbahnspielern Alexander Prass und Jusuf Gazibegovic sowie Stürmer Manprit Sarkaria kostengünstig sechs angehende Schlüsselspieler. Keiner kostete mehr als 400.000 Euro. Der georgische Regisseur Otar Kiteishvili steht sogar schon seit 2018 bei Sturm unter Vertrag.

Mit Ilzers rasantem Fußball spielte sich das Kollektiv geruhsam ein und verbesserte sich von Jahr zu Jahr. Zum Ende der vergangenen Saison standen Sturms Meisterspieler durchschnittlich seit 27,3 Monaten unter Vertrag. Das war der zweithöchste Wert der Liga und beispielsweise bedeutend höher als beim Durchlauf-Arbeitgeber aus Salzburg (19,5 Monate).

Die herausragendsten Individualisten wurden unterdessen stets schnell und mit teils beachtlichen Preissteigerungen verkauft. Kelvin Yeboah, der Neffe des ehemaligen Bundesliga-Stars Anthony, kam Anfang 2021 für 1,2 Millionen Euro von der WSG Tirol und zog nach einem Jahr für das Fünffache zum CFC Genua weiter. Sein Nachfolger wurde Rasmus Höjlund, mittlerweile bei Manchester United. Für zwei Millionen Euro vom FC Kopenhagen verpflichtet, nach einem halben Jahr für 20 Millionen an Atalanta Bergamo verkauft. Als Ersatz kam für 3,2 Millionen Emanuel Emegha von Royal Antwerpen, ein Jahr später war er Racing Straßburg das Vierfache wert.

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Neuzugang von Arsenal und ein Bayern-Talent: Sturms neue Hoffnungsträger

So erwirtschaftete Sturm seit Schickers Antritt 2020 parallel zum sportlichen Erfolgslauf ein Transferplus von rund 30 Millionen Euro. Mit dieser beeindruckenden Bilanz weckt der 38-Jährige längst das Interesse anderer Klubs. Dem Vernehmen nach bemühten sich in diesem Sommer die TSG Hoffenheim, Werder Bremen und Darmstadt 98 vergeblich um eine Verpflichtung.

Schicker blieb genau wie der ebenfalls umworbene Trainer Ilzer lieber in Graz und widmete sich dem sachten Umbau der Double-Mannschaft. Mit Affengruber (ablösefrei, FC Elche) und dem österreichischen EM-Teilnehmer Prass (9,5 Millionen, Hoffenheim) verließen zwei Schlüsselspieler den Klub. Dafür verstärkte sich Sturm mit mehreren interessanten Talenten.

Nach einer halbjährigen Leihe nahmen die Grazer den 21-jährigen dänischen Stürmer Mika Biereth vom FC Arsenal für 4,7 Millionen fest unter Vertrag. An den ersten fünf Spieltagen gelangen ihm drei Tore. Wird er der nächste Rasmus Höjlund?

In der noch jungen Spielzeit sollen sich zudem Lovro Zvonarek vom FC Bayern München und Hoffenheims Erencan Yardimci per Leihe beweisen. Der 22-jährige türkische Stürmer zog nach seinem vier Millionen Euro teuren Wechsel zu Hoffenheim direkt nach Graz weiter, wartet aber noch auf sein Debüt. Der 19-jährige Kroate Zvonarek verzeichnete beim gelungenen Saisonstart bereits erste Startelf-Einsätze. Sturm thront schon wieder an der Tabellenspitzen, und hat noch ein Spiel in der Hinterhand.

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Drei CL-Teilnahmen und ein Konkurs: Die erste Glanzzeit von Sturm Graz

Zum Auftakt der Champions League gastieren die Grazer am Donnerstag bei Stade Brest in Frankreich, später stehen unter anderem noch ein Auswärtsspiel gegen Borussia Dortmund und ein Heimspiel gegen RB Leipzig an. Wobei: Heimspiel ist relativ.

Weil die Grazer Merkur Arena den UEFA-Ansprüchen nicht genügt, lädt Sturm in der Champions League ins etwa zwei Autostunden entfernte Klagenfurt. Das dortige Wörthersee Stadion ist fast doppelt so groß - und weckt bei den Fans immerhin positive Erinnerungen: Hier gewann Sturm schließlich die beiden Cup-Finals gegen Rapid.

Die Stadion-Frage wird in Graz unterdessen intensiv debattiert, gehandelt werden ein Ausbau der rund 16.000 Zuschauer fassenden Merkur Arena sowie ein möglicher Neubau. Aktuell teilt sich Sturm das Stadion mit dem Stadtrivalen GAK, der in diesem Sommer in die Bundesliga zurückgekehrt ist und mit ihm das prestigeträchtige Grazer Derby. In der vergangenen Saison weckte Sturm mit einem Zuschauerschnitt von über 14.000 ligaweit das zweitgrößte Interesse nach Rapid.

Die stets leidenschaftliche Unterstützung der Fans kam Sturm schon bei der bis dato letzten Champions-League-Teilnahme zugute. Damals auch auf internationaler Bühne noch in Graz aktiv, gewann Sturm in der Gruppenphase alle drei Heimspiele gegen Galatasaray Istanbul, AS Monaco sowie die Glasgow Rangers ohne Gegentor und scheiterte dann erst in der Zwischenrunde.

Um die Jahrtausendwende erlebte Sturm seine erste Glanzzeit. Unter der Ägide des schillernden Präsidenten Hannes Kartnig gewannen die Grazer ihre ersten beiden Meistertitel und schafften es zudem dreimal hintereinander in die Champions League, übernahmen sich dabei aber finanziell. 2006 ging der Klub in Konkurs, Kartnig später ins Gefängnis. Diesmal erscheint der Aufschwung nachhaltiger.