Handball-EM: "Und dann so ein Rotz!" - die Erkenntnisse zum DHB-Team

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Deutschland zieht ins Halbfinale der Handball-EM ein, kommt dann aber gegen Kroatien unter die Räder. Die Mission von Bundestrainer Alfred Gislason, der ein Debakel in Kauf nimmt, ist erfüllt. Jetzt hilft ohnehin nur noch ein Wunder. Drei Erkenntnisse zum DHB-Team.

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Handball-EM - DHB-Team: Die Mission ist erfüllt

Man könnte jetzt damit beginnen, die negativen Aspekte hervorzuheben. Läppische fünf Punkte in der Hauptrunde und damit so wenige wie seit der EM 2002 (der Modus wurde zwischenzeitlich verändert) keinem Team mehr haben der deutschen Nationalmannschaft gereicht, um ins Halbfinale einzuziehen. Ein Sieg gegen eine sogenannte große Handball-Nation ist der DHB-Auswahl, die aktuell bei einer Turnier-Bilanz von vier Siegen, zwei Niederlagen und einem Unentschieden steht, obendrein (noch) nicht gelungen.

Das wäre allerdings absoluter Blödsinn. Fakt ist: Das DHB-Team hat mit dem Einzug ins Halbfinale etwas geschafft, was viele Experten angesichts der überschaubaren Qualität im Kader kaum für möglich gehalten hatten. Es ist seit dem WM-Coup 2007 erst das fünfte Halbfinale für den DHB in 21 großen Turnieren, der ungeachtet aller Zweifel auch vor der Heim-EM 2024 das Ziel Runde der letzten Vier ausgerufen hatte.

Alfred Gislason hat mit seinem ersten Halbfinale in seinem fünften großen Turnier als Bundestrainer seine Mission bereits jetzt erfüllt. Durch das Weiterkommen ist außerdem die direkte Qualifikation für die WM 2025 in Kroatien, Dänemark und Norwegen geschafft. Sollten Dänemark (Weltmeister) und Frankreich (Gastgeber) das EM-Finale erreichen, könnte Deutschland bei einer Niederlage im Halbfinale gegen Dänemark durch einen Sieg im Spiel um Platz drei gegen Schweden sogar das Olympia-Ticket für Paris ohne Quali-Turnier vorzeitig lösen.

"Wir sind sehr glücklich, es aus meiner Sicht auf der schwierigeren Seite der Hauptrunde ins Halbfinale geschafft zu haben", sagte Gislason am Mittwochabend. Dass mit Spanien eine große Handball-Nation sensationell bereits in der Vorrunde gescheitert und damit in der Hauptrunde nicht wie erwartet ein Gegner der deutschen Mannschaft war, kann man der DHB-Auswahl schlecht anlasten.

Der Vertrag des Isländers, der nach den Olympischen Spielen ausläuft, müsste demnach trotz all der Kritik in den vergangenen Monaten folgerichtig verlängert werden. Bei den Fans genießt der 64-Jährige ohnehin ein hohes Ansehen. Wer bei den bisherigen DHB-Spielen bei der laufenden EM vor Ort war, dem dürfte nicht entgangen sein, dass bei den Vorstellungen der Mannschaften nur der Name Wolff noch inbrünstiger von den Tribünen gerufen wird als der Name Gislason.

"Ich habe immer klar gesagt, dass mir die Arbeit mit dieser jungen Mannschaft viel Spaß macht", meinte der langjährige Coach des THW Kiel nach dem Kroatien-Spiel und bekräftigte damit noch einmal, gerne weitermachen und die Früchte seiner Arbeit in den kommenden Jahren einfahren zu wollen: "Wir werden von Jahr zu Jahr besser werden. Erfahrene Spieler wie Julian Köster oder Johannes Golla würden bei anderen Teams zu den Youngstern gehören. Bei uns sind sie Leistungsträger." Köster ist 23 Jahre alt, Golla 26.

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Handball-EM - DHB-Team: Gislason nimmt das Debakel in Kauf

Das 24:30 gegen Kroatien war schon eine deftige Klatsche. 31 Fehlwürfe und damit noch einmal acht mehr als im ohnehin schon schlechten (Angriffs-)Spiel gegen Österreich (22:22) hat sich Deutschland gegen die Kroaten geleistet. Die herausragende Vorstellung von Torhüter Dominik Kuzmanovic (22 Paraden, 48 Prozent abgewehrte Bälle) soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.

Spielmacher Juri Knorr (3 von 6) fühlte sich anschließend sogar genötigt, sich am Hallenmikrofon für die Darbietung zu entschuldigen. "Es tut mir ehrlich gesagt leid für jeden, der in der Halle war und Tickets gekauft hat. Das tut uns allen extrem weh, das ist nicht die Mentalität, mit der wir spielen wollten", sagte der 23-Jährige.

Kai Häfner (1 von 3) fand anschließend in der Mixed Zone der Kölner Lanxess Arena nicht weniger deutliche Worte: "Ich muss sagen, dass es sich bescheiden anfühlt. Ich bin von unserer Leistung genervt. Wir haben hier eine ausverkaufte Hütte und spielen dann so einen Rotz."

Dabei war die erste Hälfte noch absolut in Ordnung. Erst in den zweiten 30 Minuten, als Gislason immer mehr zu wechseln begann, geriet die Partie völlig aus den Fugen. Mit Nils Lichtlein (2 von 2) blieb lediglich ein DHB-Spieler ohne Fehlwurf.

Gislason nahm das Debakel angesichts der dank der Schützenhilfe von Island (26:24 gegen Österreich) und Frankreich (35:32 gegen Ungarn) bereits sicheren Qualifikation für das Halbfinale gewissermaßen bewusst in Kauf, wie er im Nachhinein durchblicken ließ.

"Wenn wir unbedingt gewinnen hätten müssen, hätten wir anders gespielt. Wir hätten nicht so viel rotiert, ich wäre dazu gezwungen gewesen, mit meiner ersten Sieben lange Zeit durchzuspielen", meinte der Mann aus Akureyri, der die mangelhafte Konzentration der zuvor weniger eingesetzten Spieler bei ihren Abschlüssen anprangerte.

Gislason zog den Vergleich zwischen dem Kroatien-Spiel und den teils bösen Packungen im Euro Cup (21:28 und 23:30 gegen Dänemark, 23:32 gegen Schweden) im Länderspiel-Jahr 2023. Man sei gezwungen gewesen, viel zu probieren, erklärte Gislason: "Das ist ab und zu richtig in die Hose gegangen. Aber die Spieler haben da trotzdem sehr viel gelernt. Deshalb hoffe ich, dass auch diese zweite Halbzeit gegen Kroatien eine wertvolle Erfahrung war."

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Handball-EM - DHB-Team: Jetzt muss ein Wunder her

Zuletzt dreimal in Folge Weltmeister, in den vergangenen zehn Jahren siebenmal bei 12 Turnieren eine Medaille abgestaubt: Dänemark ist seit einigen Jahren das Nonplusultra im Welthandball. Es gibt nicht wenige Experten, die der Meinung sind, Dänen-Coach Nikolaj Jacobsen wäre derzeit in der Lage, zwei vollwertige Mannschaften zusammenzustellen, die dazu fähig wären, um den Turniersieg mitzuspielen.

Ausgerechnet gegen diese Dänen muss das DHB-Team am Freitag im Halbfinale (20.30 Uhr) antreten, ein Sieg würde an ein Handball-Wunder grenzen. Es ist das Duell David gegen Goliath. Hatte Gislason vor dem letzten Vorrundenspiel gegen Frankreich erklärt, seine Truppe müsste für einen Sieg die beste Leistung seit Jahren abrufen, meinte der Isländer nun: "Wir müssen die beste Leistung der vergangenen Jahrzehnte abrufen, kann man vielleicht sagen. Um auch nur die geringste Chance zu haben, brauchen wir eine Riesenleistung."

Der letzte Sieg einer DHB-Auswahl gegen Dänemark, das bei der laufenden EM sechs Siege und eine 25:28-Niederlage im bedeutungslosen letzten Hauptrundenspiel gegen Slowenien verbucht hat, liegt fast acht Jahre zurück. Im April 2016 wurden die Dänen in einem Länderspiel mit 33:26 geschlagen. Nur drei Monate nach dem sensationellen 25:23-Erfolg im letzten Hauptrundenspiel der EM in Polen.

"Für die meisten unserer Jungs - und da zähle ich mich mit dazu - steht das bislang größte Spiel ihrer Karriere an", sagte Rückraumspieler Sebastian Heymann, nannte die Dänen die beste Mannschaft der Welt, versprach aber gleichzeitig: "Wir werden es genießen und ein riesiges Feuerwerk abfeuern."

Auch Häfner zeigte sich beeindruckt von der Stärke Dänemarks, gab aber auch zu bedenken, dass die deutsche Mannschaft nun eigentlich nichts mehr zu verlieren habe: "Wenn mir vor zwei Wochen einer gesagt hätte, ihr kommt ins Halbfinale, hätte ich geantwortet: 'Wo soll ich unterschreiben?'"

Handball-EM: Das Halbfinale im Überblick

DatumUhrzeitArenaBegegnungErgebnis
26. Januar 202417.30 UhrLanxess Arena, KölnFrankreich vs. Schweden-:-
26. Januar 202420.30 UhrLanxess Arena, KölnDeutschland vs. Dänemark-:-
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