Die Augen von Andreas Wolff leuchteten. "Ich freue mich wie ein Kind vor Weihnachten", sagte der Torhüter der deutschen Handballer dem SID: "Ich will mit dem Team rumhängen, Bälle schmeißen und dann Wettkampfspiele bestreiten. Ich komme in Ekstase, wenn ich daran denke, wieder mit den Jungs zu spielen."
Und auch Bundestrainer Alfred Gislason versprühte zum Start der heißen Phase der WM-Vorbereitung große Lust und Zuversicht.
"Ich hätte mir das sicherlich alles anders gewünscht, aber ich bin sehr neugierig", sagte der DHB-Coach im SID-Interview: "Ich liebe diesen kreativen Beruf seit jeher, und ich bin sehr gespannt, was mit dieser Mannschaft möglich ist."
Spätestens mit der Anreise ins vornehme Crowne Plaza Hotel in Neuss und dem obligatorischen Coronatest am Sonntag waren die neun Turnier-Absagen endgültig abgehakt - der Blick bei Gislason und seinen 20-WM-Fahrern geht ab jetzt nur noch nach vorn.
Wolff: "Dann spiele ich lieber mit jungen, wilden Spielern"
"Wenn Leute keine Lust oder irgendwelche Bedenken haben, ist es besser, wenn sie zu Hause bleiben", sagte 2016-Europameister Wolff: "Dann spiele ich lieber mit jungen, wilden Spielern, die richtig Bock auf das Turnier haben. Aus einer solchen Stimmung heraus kann man vom Underdog zum Titelaspiranten werden."
Viel Zeit für eine solche Metamorphose bleibt nicht. Bis zum Abflug nach Ägypten am 12. Januar stehen nur noch sieben Trainingstage plus zwei Spiele in der EM-Qualifikation gegen Österreich (6. und 10. Januar) auf dem Programm.
Zum Kader gehören neben fünf Europameistern von 2016 auch fünf Turnier-Debütanten. "Ich nehme die Challenge an. Zu den großen Favoriten gehören wir sicherlich nicht, aber wer weiß, was mit dieser Mannschaft geht", sagte Gislason.
Uwe Gensheimer bei der WM Kapitän
Gleich zu Beginn seiner kniffeligen Mission, dem nach eigenem Bekunden schwersten Job seiner inzwischen 30-jährigen Trainerkarriere, schuf der Isländer Fakten: Uwe Gensheimer wird das Team auch beim Turnier in Ägypten (13. bis 31. Januar) als Kapitän anführen, Wolff geht als erster von den drei Torhütern in das erste Großereignis unter Gislason.
"Die Leistung zählt immer, das ist klar. Generell ist Andi Wolff aber die '1A'-Lösung, gefolgt von Jogi Bitter als '1B' und Silvio Heinevetter als '1C'", stellte Gislason klar. Ihm ist bewusst, dass sein hochkarätiges Trio durch die WM-Absagen der drei besten Abwehrspieler noch mehr gefordert ist.
"Sie sind alle drei mental so stark, dass sie fast im Alleingang die Spiele gewinnen können", so Gislason, der hofft, "dass die drei sehr gut miteinander funktionieren und ein Team im Team bilden werden".
Unantastbar ist für den 61-Jährigen auch Kapitän Gensheimer, der beim Mega-Event am Nil sein siebtes Turnier als Anführer des DHB-Teams bestreiten wird. "Er ist auf seiner Position einer der besten Spieler der Welt - und zwar schon lange", sagte Gislason: "Es hat mich diese Saison sehr gefreut, dass er auch auf der Halbposition decken kann. Das kann für uns noch sehr wichtig werden."