Außerdem äußerte sich der 51-Jährige zur bisherigen Arbeit von Bundestrainer Alfred Gislason und dessen Umgang mit Kapitän Uwe Gensheimer. "Blacky" verriet obendrein, wie er das mögliche Verpassen des Viertelfinales bewerten würde.
Herr Schwarzer, durch die Aufstockung der WM von 24 auf 32 Mannschaften gibt es einige Kuriositäten. Das bekannteste Beispiel ist der kongolesische Kreisläufer Gauthier "El Gigante" Mvumbi. Finden Sie solche Beispiele amüsant oder einer Weltmeisterschaft unwürdig?
Christian Schwarzer: Ob groß oder klein, dick oder dünn - jeder, der an der Handball-WM teilnimmt, hat es verdient, mit Respekt behandelt zu werden. Aussagen wie die von Bob Hanning, der sich als DHB-Offizieller über manche Spieler Uruguays mehr oder weniger lustig gemacht hat, haben da nichts zu suchen. Mvumbi ist doch ein gutes Beispiel dafür, dass es überhaupt keine Rolle spielt, wie jemand aussieht. Entscheidend ist die Leistung. Der Junge macht am Kreis teilweise richtig gute Sachen, ist einmal sogar als Player of the Match ausgezeichnet worden. Ich freue mich darüber und finde, dass solche Geschichten eine positive Öffentlichkeitswirksamkeit für unsere Sportart produzieren.
Über den sportlichen Wert kann man sich dennoch streiten, wenn man etwa die Leistungsstärke Uruguays als Beispiel nimmt.
Schwarzer: Wenn wir unsere Sportart globalisieren wollen, ist es eine gute Sache, mit 32 Mannschaften zu spielen. Dann müssen wir eben auch Teams in Kauf nehmen, die sportlich etwas abfallen. Dennoch sieht man, dass sich im Welthandball einiges getan hat, auch die sogenannten Exoten spielen mitunter richtig guten Handball. Ich denke beispielsweise an Japan oder Angola. Richtig ist: Wenn Uruguay seine beiden Spiele mit 14:43 und 18:44 verliert und wegen des Aussteigens von Kap Verde trotzdem in der Hauptrunde steht, ist das natürlich fragwürdig. Da sind wir aber eher bei der Frage, ob es in diesen Zeiten grundsätzlich sinnvoll ist, eine WM auszutragen.
Schwarzer: "Das wäre für unseren Sport der Super-GAU"
Welche Antwort haben Sie auf diese Frage?
Schwarzer: Für mich ist und bleibt es die WM der Bauchschmerzen, bei der schon genug passiert ist. Zwei Mannschaften haben kurzfristig abgesagt, zwei Spiele mussten ausfallen - das ist doch keine Art und Weise für eine Weltmeisterschaft. Hinzu kommen die Bedingungen vor Ort, die am Anfang offenbar auch nicht so gut waren, wie das die DHB-Offiziellen vorausgesagt hatten. Trotzdem bin ich nach wie vor hin- und hergerissen, was meine abschließende Meinung zu diesem Turnier betrifft.
Inwiefern?
Schwarzer: Einerseits hoffe ich immer noch, dass wir dank der positiven Aspekte der WM - es gibt gute Spiele und gute Typen zu sehen - nicht noch mehr Jugendliche für unsere Sportart verlieren, wie das aufgrund des vergangenen Jahres ohnehin schon der Fall ist. Andererseits muss ich, auch wenn es sich hart und drastisch anhört, ganz klar festhalten: Im Endeffekt kämpfen derzeit weltweit Menschen um ihr Leben. Mit diesem Wissen ist es schwierig, eine WM auszutragen. Den eindeutigen Fahrplan, bei dem man das Gefühl hat, so machen wir es jetzt und so soll es auch sein, gibt es für mich nicht. Wir können nur hoffen, dass bei der WM keine außergewöhnlichen Dinge mehr passieren und alle heil und gesund aus der Nummer rauskommen. Und dass es keine Nachwirkungen für die HBL haben wird. Wenn die Bundesliga aufgrund der WM-Folgen nicht zu Ende gespielt werden könnte, wäre das für unseren Sport der Super-GAU.
Hätten Sie persönlich die WM unter diesen Umständen gespielt?
Schwarzer: Wenn ich jung und in meiner Anfangsphase in der Nationalmannschaft gewesen wäre, hätte ich sehr wahrscheinlich gespielt. Im zweiten Teil meiner Kariere, als ich bereits Familienvater war, hätte ich wohl abgesagt. Man muss die privaten Umstände jedes einzelnen Spielers in so einer Situation sehen. Jede Diskussion oder Bewertung darüber ist überflüssig.