Nach dem 32:19 gegen Montenegro benötigt Deutschland damit im abschließenden Gruppenspiel gegen Mazedonien (Mi., 18.15 Uhr im LIVETICKER) trotzdem zwingend einen Sieg, um mit drei Punkten in die in Varazdin stattfindende Hauptrunde zu gehen und sich eine vernünftige Ausgangssituation für das Erreichen des Halbfinales zu erarbeiten.
Gegen Slowenien passte beim DHB-Team in der ersten Halbzeit so gut wie nichts. Egal ob Angriff, Abwehr oder Torhüterleistung - überall war der Wurm drin. Der WM-Dritte von 2017, der bei diesem Turnier verletzungsbedingt auf Barcelonas Rückraumstar Jure Dolenec und Kreisläufer Matej Gaber verzichten muss, war nach der Auftaktniederlage gegen Mazedonien weitaus aggressiver.
So dauerte es mehr als elf Minuten, bis Philipp Weber das erste Tor aus dem Spiel heraus für Deutschland zum 3:5 erzielte. Doch der Auftritt des Titelverteidigers wurde auch in der Folgezeit nicht besser. Prokop versuchte in Abwehr und Angriff inklusive siebtem Feldspieler alle möglichen Varianten und setzte schon in den ersten 30 Minuten in nahezu hektischer Art und Weise bis auf Steffen Fäth alle Spieler ein, die gewünschte Wirkung blieb allerdings aus.
In der 21. Minute musste Andreas Wolff, der im ersten Durchgang nur einen von 13 Würfen und damit ganz schlechte acht Prozent abwehrte, zwischen den Pfosten für Silvio Heinevetter weichen. Doch auch der Berliner Keeper fand wie schon Wolff von der Abwehr häufig im Stich gelassen zunächst nicht ins Spiel. Zwischenzeitlich lag Slowenien angetrieben von seinem starken Spielmacher Miha Zarabec und Rückraum-Shooter Borut Mackovsek mit sechs Toren in Führung, in die Kabine ging es mit einem 10:15.
Im zweiten Durchgang versuchte Deutschland von Beginn an, mit dem siebten Feldspieler die Aufholjagd zu starten. Das DHB-Team profitierte dabei enorm von den vielen Strafzeiten, die sich die Mannschaft des impulsiven Trainers Veselin Vujovic einhandelte.
Mitte der zweiten Hälfte mussten die Slowenen sogar für zwei Minuten in doppelter Unterzahl agieren. Deutschland nutzte das gut, in der 47. Minute glich Gensheimer zum 19:19 aus. Vier Minuten später sorgte Pekeler sogar mit dem Tor zum 21:20 für die erste DHB-Führung.
Nun wurde das Spiel immer dramatischer, vor allem die letzten Sekunde der Partie waren der totale Wahnsinn. Drux glich 13 Sekunden vor dem Ende aus, im Gegenzug erzielte Janc kurz vor Schluss das 24:25.
Der letzte deutsche Angriff wurde abgefangen, die Zeit lief herunter. Nun kamen die litauischen Unparteiischen Mindaugas Gatelis und Vaidas Mazeika ins Spiel. Das Duo erklärte Slowenien nicht zum Sieger, sondern starrte beim Videobeweis minutenlang auf den Bildschirm, um sich die Wiederholung anzusehen.
Dann die Entscheidung: Blagotinsek hatte den deutschen Anwurf behindert. Die Schiedsrichter zeigten ihm die Rote Karte und gaben wie im Regelbuch vorgesehen einen Siebenmeter für Deutschland nach Ablauf der Zeit. Coach Vujovic war außer sich und stellte sich zunächst sogar selbst ins Tor. Schließlich nahm Reichmann allen Mut zusammen und verwandelte.
Kurz nach dem Spiel legten die Slowenen Protest ein. "Die Schiedsrichter haben die Möglichkeit des Videobeweises genutzt und die letzten Sekunden intensiv begutachtet. Ihre finale Entscheidung ist regelkonform. Die sportliche Enttäuschung unseres Gegners ob des dramatischen Spielendes verstehen wir, aber einem Protest der slowenischen Delegation sehen wir gelassen entgegen", teilte der DHB mit.
Die Daten zum Spiel
Anfangsformation DHB: Wolff - Gensheimer, Drux, Weber, Weinhold, Groetzki, Pekeler
Torschützen Deutschland: Gensheimer (7 - 2 von 3 Siebenmeter), Groetzki (4), Reichmann (4 - 3 von 4 Siebenmeter), Weber (3), Pekeler, Weinhold (beide 2), Häfner, Kühn, Drux (alle 1)
Torschützen Slowenien: Zarabec (5), Mackovsek (4), Blagotinsek (4), Janc (4 - 1 von 3 Siebenmeter), Kavticnik (3 - 1 von 1 Siebenmeter), Bezjak (3), Cingesar, Mlakar (beide 1)
Zwei-Minuten-Zeitstrafen: Deutschland 3 - Slowenien 8
Der Star des Spiels: Miha Zarabec
Über ihn lief bei den Slowenen fast alles. Zarabec brachte so gut wie jeden Angriff in Schwung, setzte seine Mitspieler mit tollen Pässen großartig in Szene und ließ bei seinen fünf Toren bei sieben Versuchen auch mit Einzelaktionen die deutsche Deckung alt aussehen.
Der Flop des Spiels: Andreas Wolff
Natürlich machte es die eigene Abwehr Wolff nicht leicht. Dennoch muss man von einem Weltklasse-Torhüter wie dem Kieler erwarten, dass er ab und zu einen Ball hält. Das gelang dem Kieler überhaupt nicht. Seine Quote: 1 von 13 und damit 8 Prozent.
Die Reaktionen
Christian Prokop (Bundestrainer): "Ich bin froh, dass es den Videobeweis gibt und glücklich, dass Tobias Reichmann die Nerven behalten hat."
Tobias Reichmann: "Die Entscheidung war eine klare Sache, drei Männer standen im Anwurfkreis. Es ist definitiv ein gewonnener Punkt, gerade wenn man die erste Halbzeit sieht. Wir haben uns stark zurückgekämpft."