Vor der Abreise nach Varazdin stellte sich Bob Hanning den Fragen der Journalisten im Hotel der deutschen Mannschaft. Dabei fand der DHB-Vizepräsident deutliche Worte.
Frage: Herr Hanning, beim 25:25 gegen Mazedonien hat die deutsche Mannschaft den möglichen Sieg in den letzten Sekunden aus der Hand gegeben. Wie haben Sie die Situation erlebt?
Bob Hanning: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich das, was Kiril Lazarov beim letzten Angriff der Mazedonier gemacht hat, überragend fand. Er hat allen angezeigt, es wäre nur noch ein Pass erlaubt, dabei waren es noch zwei. Dann kam das Anspiel an den Kreis, Silvio Heinevetter hat den Wurf glücklicherweise gehalten. Trotzdem: Wenn das einer unserer Spieler gemacht hätte, würde ich jetzt noch mit erhobenen Armen durch die Altstadt von Zagreb laufen. Das war eine ganz große Idee, das muss man Lazarov lassen.
Frage: Und was sagen Sie zum völlig misslungenen letzten Angriff des DHB-Teams, an dessen Ende Philipp Weber einen schlechten Pass auf Patrick Groetzki spielte und deshalb kein Abschluss mehr möglich war?
Hanning: Das war die allerschlechteste Entscheidung, die wir treffen konnten. Aber Philipp Weber ist ein Debütant und deshalb verurteile ich ihn wegen dieser einen Situation ganz bestimmt nicht.
Frage: Wie bewerten Sie den Auftritt gegen Mazedonien insgesamt?
Hanning: Die Einstellung hat gepasst, das ist eine Grundvoraussetzung. Mazedonien hat uns mit dem siebten Feldspieler überrascht, aber wir haben es dann auch gut gelöst. Wir haben nicht konsequent die Gegenstoßtore gemacht. Das ist auch mangelnde Qualität, das will ich nicht schönreden.
Frage: Und was sagen Sie zur Torhüterleistung?
Hanning: Irgendwann hatten wir keine Torwartleistung mehr. Wolff hat fast keinen mehr gehalten, Heinevetter jetzt auch nicht überragend. Man kann nicht behaupten, dass wir eine Hilfe seitens der Torhüter bekommen hätten. Und diesmal hat Lemke ja gespielt. Man versucht als Trainer zu korrigieren und zu helfen. Das macht der Bundestrainer, er versucht, der Truppe die Stabilität zu geben. Jetzt muss von der Mannschaft aber auch mal was zurückkommen.
Frage: Warum durfte Jannik Kohlbacher gegen Mazedonien eigentlich als einziger Spieler keine einzige Sekunde ran?
Hanning: Kohlbacher ist der talentierteste Kreisläufer, den wir haben. Zumindest wenn wir über den Angriff reden. Wir wissen aber, dass Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek in der Abwehr nochmal eine Klasse besser sind, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Jetzt soll Finn Lemke spielen, aber auch Kohlbacher. Da ergibt sich folgendes taktisches Entscheidungsbild: Kohlbacher würde auf der Platte stehen, in der Abwehr sollen dann aber Lemke und Pekeler kommen. Das heißt, man müsste beim Umschalten das ganze Zentrum für zwei Wechsel öffnen. Das will man ja logischerweise nicht und das ist das Problem.
Frage: Insgesamt entsteht der Eindruck, dass das Konzept von Bundestrainer Christian Prokop vielleicht nicht zur Mannschaft passt.
Hanning: Das Konzept entscheidet sich kaum vom vorherigen. Handball ist doch leicht zu lesen: kreuzen, stoßen, einlaufen und sperren. So einfach ist dieser Sport. Die, die es besser machen, machen eine Kreuzung, eine Eins-gegen-Eins-Situation oder einen Rückraumwurf besser. Sich hinter einer Taktik zu verstecken, ist nicht angebracht.
Frage: Prokop hat auf Spieler zurückgegriffen, die er kennt. Mit Bastian Roscheck und Maximilian Janke hat es bislang doch aber überhaupt nicht geklappt, oder?
Hanning: Ich bin nicht Roschecks Verteidigungsminister, aber bei ihm war die Situation doch ähnlich wie mit Kohlbacher. Wir wollten nicht zwei Leute aus dem Zentrum wechseln. Klar muss man zugeben, dass es nicht funktioniert hat. Übrigens auch, weil Julius Kühn kein Zentrumsspieler war, mit dem es unter Stress funktioniert hat. Der Bundestrainer hat es aus meiner Sicht richtigerweise korrigiert. Und was Janke angeht, muss ich ehrlich sagen, dass ich bisher in unserer Mannschaft keinen Halblinken gesehen habe, der besser war als er.