Leipzig. Emily Bölk war nach ihrer WM-Torpremiere überglücklich, ihre Mitspielerinnen feierten den Sprung an die Tabellenspitze ausgelassen mit den Fans: Doch nach dem 24:9 (10:3)-Kantersieg gegen den überforderten Außenseiter China richtete sich die Konzentration der deutschen Handballerinnen schon auf den Gruppen-Showdown bei der Heim-WM gegen Vize-Weltmeister Niederlande.
"Das ist ein kleines Endspiel", sagte Spielführerin Anna Loerper. Auch Bölk dachte wenige Minuten nach der Schlusssirene in Leipzig sofort an das brisante Duell gegen den Nachbarn. "Der Pflichtsieg gegen China ist spätestens im Hotel abgehakt. Im Derby gegen Holland wollen wir uns den Gruppensieg sichern", sagte Bölk.
Durch den dritten Sieg im vierten Turnierspiel darf die Mannschaft von Bundestrainer Michael Biegler mit 7:1 Punkten auf eine optimale Ausgangsposition für das Achtelfinale hoffen. Bei einem weiteren Erfolg am Freitag (18.00 Uhr/Sport1) gegen die Niederlande (5:3 Punkte) hätte die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) Platz eins sicher und würde damit in der K.o.-Runde auf einen vermeintlich leichteren Gegner treffen. Bei einer Niederlage ist aber auch ein Absturz auf Rang drei möglich.
"Der Sieg war standesgemäß. Auf unsere Abwehrleistung können wir aufbauen", sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning dem SID. Weniger Gegentreffer hatte das DHB-Team in einem WM-Spiel zuletzt 1965 bei der Heim-WM gegen Dänemark (7:5) kassiert. "Wir haben das Spiel durch eine starke Defensive gewonnen", sagte Biegler.
Bölk mit vier Treffern
Beste deutsche Werferin gegen die in allen Belangen unterlegenen Chinesinnen war Ausnahmetalent Bölk mit vier Toren. Damit ist das "Wunderkind" endgültig im Turnier angekommen. Die 19 Jahre alte Rückraumspielerin, die die ersten beiden Spiele gegen Kamerun (28:15) und Südkorea (23:18) aufgrund einer Fußverletzung verpasst hatte, war danach sichtlich zufrieden. "Ich bin erleichtert, dass ich meine ersten Treffer erzielt habe", sagte Bölk.
Nach dem vorzeitigen Achtelfinaleinzug durch den Punktgewinn im Krimi gegen Serbien (22:22) am Dienstagabend ließ der EM-Sechste gegen den Dritten der Asienmeisterschaft vor 3165 Zuschauern von Beginn an keine Zweifel am Erfolg aufkommen. Die "Ladies" zeigten zwar erneut einige Schwächen im Angriff, doch die Abwehr vor einer starken Torfrau Clara Woltering entwickelte sich zu einer Festung.
Das DHB-Team baute seinen Vorsprung dadurch kontinuierlich aus und Woltering gelang eine Premiere. Die Torhüterin von Bundesligist Borussia Dortmund erzielte in ihrem 220. Länderspiel ihren ersten Treffer zum 9:1 (26.), als die Chinesinnen in Unterzahl ihre Torfrau zugunsten einer Feldspielerin herausgenommen hatten. Woltering erledigte aber auch ihre Hauptaufgabe bravourös und wehrte in den ersten 30 Minuten 10 von 13 Bällen ab. Am Ende wurde sie zur Spielerin des Spiels gewählt.
Kräfte schonen angesagt
Angesichts der deutlichen Dominanz gegen einen harmlosen Gegner wechselte Biegler schon in der ersten Halbzeit munter durch und konnte so 24 Stunden nach dem schweren Spiel gegen Serbien wertvolle Kräfte mit Blick auf den weiteren Turnierverlauf sparen.
Der Bundestrainer ließ auch im zweiten Durchgang kräftig rotieren, im Tor löste die bisher bärenstarke Katja Kramarczyk Woltering ab. Auch die Torhüterin von Bayer Leverkusen war von den schwachen Chinesinnen kaum zu überwinden.