Die deutsche Handballnationalmannschaft hat auf dem Weg zur angestrebten Olympia-Qualifikation einen Rückschlag erlitten: Mit ihrer schlechtesten Torwurf-Quote des WM-Turniers verlor der Weltmeister von 2007 am Montag vor rund 2500 Zuschauern in Jönköping sein zweites Spiel der Hauptrunde gegen Ungarn mit 25:27 (12:10). Eine Niederlage, die gravierende Folgen haben könnte. Außerdem ist der Traum vom WM-Halbfinale endgültig geplatzt.
Die Brand-Schützlinge gingen wortlos in die Kabine, den Kopf gesenkt, die Augen glasig. "Ich verstehe es nicht", stammelte Torwart Johannes Bitter (HSV), der beste deutsche Profi an diesem Tag, "ich verstehe es einfach nicht." Um sich überhaupt für das Spiel um Platz sieben zu qualifizieren, muss die DHB-Auswahl am Dienstag Norwegen besiegen, anschließend müsste Island gegen die bereits fürs Halbfinale qualifizierten Franzosen verlieren.
Letzteres wäre im Normalfall höchstwahrscheinlich, doch in der Vergangenheit haben sich die Franzosen bei großen Turnieren bisweilen geschont, wenn es für sie um nichts mehr ging. Warum sollten sie gegen die motivierten Isländer, die ja ebenfalls gern an der Olympia-Qualifikation teilnähmen, Kräfte lassen?
Blacky: Sebastian, seit mehr als 20 Tagen berichten wir nun gemeinsam über die Ereignisse in Schweden. Gerne habe ich Dir stets Rede und Antwort gestanden. Bevor ich das Spiel gegen Ungarn einordne und hierzu Fragen beantworte möchte ich erst einmal Abstand gewinnen. Ich schlage daher vor, dass wir heute mal mit einem Rollentausch arbeiten.Ich stelle Dirdie Fragen! Wo liegen die Ursachen für die heutige Niederlage aus DeinerSicht?
Conrad: Da kann ich mir gegenüber dem SPOX-Experten eigentlich nur den Mund verbrennen. Aber versuchen können wir es natürlich trotzdem - aber nur heute... Die Mannschaft hat, anders als gegen Island, nicht zu ihrem Spiel gefunden. Ich habe 17 Fehlversuche in der Offensive gezählt. Das ist eindeutig zu viel. Nur mit Kampf gewinnt man keine Spiele in einer WM-Hauptrunde. Die Spieler, die von Dir nach dem Island-Spiel noch gelobt wurden, konnten sich gegen Ungarn kaum in Szene setzen. Ich denke insbesondere an Holger Glandorf und Adrian Pfahl.
Blacky: Heiner hat erneut einen Torhüterwechsel vorgenommen und für den zuletzt überragenden Silvio erneut Jogi das Vertrauen geschenkt. Wie zufrieden bist Du mit seiner Leistung?
Conrad: Wenn es bei dieser WM eine Konstante gibt, dann sind es unsere beiden Torhüter. Heiner Brand hat insgesamt ein feines Händchen bewiesen, da sowohl Silvio Heinevetter, als auch Johannes Bitter bei dieser WM für die DHB-Auswahl die personifizierte Lebensversicherung waren. Leider reichte diese nicht aus, um sich auch bis ins Halbfinale zu versichern.
Blacky: Die Jungens haben jetzt sechs WM-Spiele in den Knochen. Konntest Du körperliche Defizite ausmachen?
Conrad: Ich denke schon, dass die Ungarn davon profitiert haben, dass die deutsche Mannschaft in den Schlussminuten die Abwehr öffnen musste und die Kräfte bei den Deutschen etwas nachgelassen haben. Bezeichnend war der Ballverlust von Uwe Gensheimer beim Gegenstoß-Duett mit Christian Sprenger in der Endphase des Spiels.
Blacky: Das Spiel gegen Ungarn war eine von drei Niederlagen bei dieser WM. Wie ordnest Du diese vor dem Spiel gegen Norwegen ein?
Conrad: Vielleicht ist diese Niederlage gegen Ungarn bald vergessen, aber es ist ebenso gut möglich, dass sie eine Zeitenwende im deutschen Handball eingeleitet hat. Das werden die kommenden Tage zeigen.
Blacky: Das war's für heute. Morgen werden ich Dir als SPOX-Experte gerne wieder Rede und Antwort stehen.