Wie ein "verwundeter Hund" sah Tiger Woods nicht aus, allenfalls der schmale Kinnbart war etwas ungewohnt. Ein anderer ganz Großer des Sports mit ähnlichen Problemen, die einst spielsüchtige Basketball-Legende Michael Jordan, hatte den tief gefallenen Golf-Superstar jüngst so beschrieben.
Doch zwei Tage vor seinem Comeback bei seinem Lieblingsturnier in Akron/Ohio saß Woods völlig entspannt vor einer Heerschar Journalisten und ließ keine Zweifel daran, dass er mehr denn je bereit ist, die schier endlose Durststrecke hinter sich zu lassen.
"Das Wunderbare ist, dass ich nichts mehr spüre. Alles fühlt sich gut an, stabil - keine Schmerzen mehr. Für dieses Gefühl habe ich so lange pausiert", sagte Woods, der vor dem Ende einer 14-wöchigen Zwangspause steht. Er habe "keinen Rost angesetzt" und sei wie immer darauf fokussiert, "das Turnier zu gewinnen".
Letzter Turnier-Sieg 2009
Zuletzt schafft er dies im November 2009 in Australien, danach ging es rapide bergab. Sex-Affären, Scheidung von Ehefrau Elin Nordegren, und immer wieder Verletzungsprobleme. In der Weltrangliste ist Woods, der das Ranking insgesamt fast zwölf Jahre lang angeführt hat, auf den 28. Platz zurückgefallen. So schlecht war er zuletzt 1997, kurz nach seinem Profi-Debüt.
Die deutsche Nummer eins Martin Kaymer hatte bislang als Letzter die Ehre, mit Woods Turnier-Golf zu spielen. Mitte Mai war das, bei der Players Championship in Florida.
Neun Löcher lang humpelte Woods dem Deutschen hinterher, dann gab er entnervt auf. Schmerzen im Knie und an der Achillessehne, danach musste er seine Teilnahme an der US- und der British Open absagen.
Drittes Comeback binnen 30 Monaten
Nun also die Rückkehr, seine dritte in den vergangenen 30 Monaten, ausgerechnet in Akron. Kein Golfprofi gewann jemals ein Turnier so häufig wie Woods die dort beheimatete World Golf Championship. Bei elf Starts ging er unglaubliche sieben Mal als Sieger vom Platz.
Aber auch den Verlierer Woods haben die Fans im noblen Firestone Country Club schon gesehen: Im vergangenen Jahr beendete der Tiger das Turnier auf dem vorletzten Platz.
Ein Fauxpas, nicht mehr, will man Woods Glauben schenken. "Ich bin bereit", sagt der 35-Jährige und gibt sich betont entspannt. Spaß wolle er haben. Ernst wird es erst in der folgenden Woche, wenn er bei der PGA Championship im Atlanta Athletic Club seinen 15. Major-Sieg holen will. Noch immer hält mit 18 Titeln Jack Nicklaus den Rekord, doch der neue, alte Tiger will den Rückstand nach mehr als drei Jahren ohne Major-Triumph endlich weiter verkürzen.
Mit neuem Caddie zum Erfolg
Und als ob Woods seinen Fans zu seinem Comeback dann doch noch etwas Neues bieten wollte, wechselte er den Caddie. Steve Williams musste nach zwölf Jahren an seiner Seite gehen, als Interimscaddie fungiert nun Woods' Jugendfreund Bryon Bell. "Es war Zeit für einen Wechsel", sagte Woods. Auf Williams' Aussage angesprochen, er habe an der Seite von Woods die vergangenen zwei Jahre verplempert, reagierte der Superstar gelassen: "Nun, das hat er gesagt und das fühlt er."
Trotz aller Querelen scheint der Mythos Woods nur geringen Schaden genommen zu haben. Seit der Tiger in der vergangenen Woche seine Zusage in Akron gegeben hat, ist das Interesse an dem Turnier sprunghaft gestiegen.Bis Dienstag hatten sich 367 Journalisten akkreditiert - Tendenz weiter steigend. Die wenigsten davon wollen am Donnerstag wohl Martin Kaymer sehen, der 20 Minuten vor Woods an der Seite von Bubba Watson den Par-70-Kurs angeht.
Und auch seine Kollegen sehen dem Comeback mit Freuden entgegen. Besonders British-Open-Sieger Darren Clarke, seit Jahren eng mit Woods befreundet, kann den Turnierstart kaum erwarten. Als Flight-Partner des Tigers glaubt er zudem, dass er vor einer besonderen Herausforderung steht: "Tiger liebt diesen Platz so sehr. Eine sehr, sehr gute Woche für ihn würde mich nicht wundern."