Durm erklärt, warum vor allem Klopp einen ganz besonderen Stellenwert in seiner Karriere einnimmt und erzählt eine lustige Anekdote. Außerdem blickt er auf ein verrücktes Spiel zwischen Dortmund und Bayern zurück, in dem sich Thomas Tuchel und Pep Guardiola gegenseitig übertrumpfen wollten.
Weiterhin berichtet der gebürtige Pfälzer von seiner Station in England, die "vielleicht ein Fehler" war und zeigt wenig Verständnis dafür, dass er bei Eintracht Frankfurt acht Monate ohne eine einzige Spielminute blieb.
Herr Durm, zum Zeitpunkt des letzten SPOX-Interviews im September 2013 hatten Sie gerade in der Profimannschaft des BVB Fuß gefasst, nachdem Sie ein Jahr zuvor aus Mainz gekommen und zunächst im Drittligateam aufgelaufen waren. Der Durchbruch hing auch mit einer Positionsumschulung zusammen. Wie erinnern Sie sich an diese Zeit zurück?
Erik Durm: Ich war vorher mein Leben lang Stürmer. Dann hatte ich mich in einem Training bei den Profis verletzt und bin vier Monate ausgefallen. Als ich von der Pause zurückkam, hat mich Jürgen Klopp gefragt, was ich von der Idee halte, zukünftig als Außenverteidiger aufzulaufen. Meine Sprintwerte seien für die Position wie gemacht. Ich habe natürlich zugesagt, mir war das egal, wo ich spiele. Hauptsache, ich kriege die Chance, vielleicht mal in der Bundesliga spielen zu dürfen. Wir sind diese Umschulung also zusammen angegangen und dann ging ja alles ziemlich schnell. Ich wurde direkt reingeschmissen und hatte nicht großartig Zeit, das alles zu verarbeiten. Und zum Glück hat das auch alles gut geklappt.
In der Tat. Gleich am 1. Spieltag der Saison 13/14 haben Sie gegen Augsburg debütiert, am Ende der Spielzeit waren es 31 Einsätze, viele davon über 90 Minuten - zumeist als Linksverteidiger.
Durm: Genau, Marcel Schmelzer fiel aus, Lukasz Piszczek war an der Hüfte verletzt und Kevin Großkreutz nahm dessen Position ein. So ist diese Idee entstanden.
Nimmt Klopp aufgrund dieser Chance auch im Rückblick noch einen besonderen Platz in Ihrer Karriere ein?
Durm: Definitiv. Ich habe ja immer wieder betont, dass er für mich wie eine Vaterfigur war. Erstens, weil er gemeinsam mit David Wagner (Trainer der zweiten Mannschaft, Anm. d. Red.) dieses Potenzial in mir gesehen hat. Und zweitens, weil er extrem hinter seinen Spielern und seiner Idee vom Fußball gestanden hat. Er ist ein Menschenfänger und weiß, wie er jeden Einzelnen zu behandeln hat. Und genau deshalb ist er auch so erfolgreich. Er hat das überragend gemacht, wusste genau, wie er mich nehmen muss. Ich bin ihm unendlich dankbar, das weiß er auch. Wir haben immer noch ein super Verhältnis.
Gibt es eine Anekdote, die Ihr Verhältnis zu ihm ganz gut beschreibt?
Durm: Ich hatte mich mal bei einem Training in der Zeit vertan, als ich gerade drei Monate Profi war. Als ich beim Bäcker stand und dabei war, mir ein Brötchen zu bestellen, klingelte plötzlich mein Handy. Ich freute mich über seinen Anruf, weil ich dachte, dass ich nichts falsch gemacht habe. Er fragte mich, wie es mir geht. Ich fragte ihn das Gleiche. Er fragte mich, was ich gerade mache. Als ich sagte, dass ich beim Bäcker bin, sagte er, dass er auf dem Trainingsplatz steht und ob ich vielleicht Lust hätte, auch noch vorbeizuschauen. Erst war er sauer, weil er nicht wusste, ob ich noch im Bett liege, aber als er merkte, dass ich mich wirklich nur im Plan geirrt habe, war er total entspannt. Ich wurde dann lachend auf dem Platz empfangen. Mittags schrieb er mir direkt, dass ich mir keinen Kopf machen soll und alles cool ist. Bei anderen Trainern hätte das vielleicht fast schon die Karriere gekostet. Ich habe direkt wieder gespielt und die volle Rückendeckung bekommen. Aufgrund solcher Aktionen ist es klar, dass jeder Spieler für ihn durchs Feuer geht.
Durms ersten Kontakt mit Löw: "Kloppo hatte mich vorgewarnt"
Bereits ein knappes Jahr später folgte mit der WM ein großes Highlight, kurz zuvor standen Sie gegen Kamerun erstmals für den DFB auf dem Platz. Wie überraschend kam die Nominierung damals für Sie und wissen Sie noch, wie Sie davon erfahren haben?
Durm: Es wäre schlimm, wenn ich das nicht mehr wissen würde (lacht). Joachim Löw rief mich an, als ich gerade auf dem Heimweg vom Training war. Kloppo hatte mich aber bereits vorgewarnt, dass es kein Fake-Anruf ist und ich nicht direkt auflegen soll, weil ich denke, jemand will mich verarschen. Es war ja meine erste richtige Saison als Profi und nicht unbedingt abzusehen. Ich war natürlich überglücklich und habe direkt meine Eltern angerufen.
Sie kamen während des Turniers, das mit dem WM-Titel gekrönt wurde, nicht zum Einsatz. Wie war der Austausch mit dem Trainerteam? War klar, dass es in der Regel schwierig für Sie werden würde, auf Spielzeit zu kommen, wenn es keine Ausfälle gibt?
Durm: Der Kontakt war - wie bei allen - super. Joachim Löw war ein sehr lockerer Trainer, der auch neben dem Platz immer mal ein Späßchen gemacht hat. Harmonie stand über allem, das war deutlich zu spüren und war auch der Grund für den tollen Teamgeist. Einige junge Spieler waren zum ersten Mal dabei und kamen nicht zum Einsatz. Das war uns aber völlig egal, das war alles sowieso schon wie in einem Traum. Einmal hätte ich aber dann doch fast gespielt ...
Erzählen Sie.
Durm: Im Viertelfinale gegen Frankreich hätte ich in der Halbzeit für Benedikt Höwedes eingewechselt werden sollen. Ich war sehr nervös und habe mich aufgewärmt. Benni meinte zu mir: 'Mir reißt gleich der Schlauch. Mach' dich fit.' Das Spiel war ja sehr eng und da geht dann schon der Puls hoch. Er hat sich dann aber doch durchgebissen. Nach dem Algerien-Spiel rückte Philipp Lahm auf die rechte Seite und dann war relativ klar, dass ich höchstens mal als Einwechselspieler zum Einsatz komme.