Am verregneten Geißbockheim herrschte Endzeitstimmung, und die bizarre Krise des 1. FC Köln erreichte ihren Höhepunkt: Der souveräne Spitzenreiter der 2. Fußball-Bundesliga hat sich am Samstag mit sofortiger Wirkung von Trainer Markus Anfang getrennt. Drei Spieltage vor Saisonschluss scheint der Aufstieg zwar nur noch Formsache - doch nun soll der bisherige U21-Trainer Andre Pawlak mit Chefscout Manfred Schmid aus Österreich die Mannschaft über den Zielstrich führen.
"Mein Kölner Herz trägt Trauer, denn mein klares Ziel war es, gemeinsam mit dem FC aufzusteigen. Die Mannschaft wird es in den letzten drei Saisonspielen auf jeden Fall über die Ziellinie schaffen, denn die Ausgangssituation ist nach wie vor gut", sagte Anfang: "Ich muss die Entscheidung akzeptieren, auch wenn sie natürlich schmerzt."
Der Klub sah sich nach der unnötigen und peinlichen 1:2 (0:1)-Niederlage am Freitagabend gegen Darmstadt 98 zu diesem fast beispiellosen Vorgang gedrängt. "Nach intensiver Aufarbeitung der letzten Spiele haben wir uns dazu entschieden, die Zusammenarbeit mit Markus und seinem Team zu beenden", sagte Sportchef Armin Veh: "Trotz der nach wie vor guten Ausgangslage gab es einen negativen Trend. In dieser Phase der Saison war es deshalb notwendig, etwas zu verändern, um unser Ziel nicht in Gefahr zu bringen."
Armin Veh erhofft sich Schlussspurt zum Aufstieg
Schon im Stadion hatten die Fans erstmals lautstark den Rauswurf des Coaches gefordert, das für Samstagmorgen angesetzte Training wurde dann kurzfristig abgesagt. Ab Montag soll der neue Mann die Mannschaft nun auf den Saison-Endspurt vorbereiten. Pawlak genießt klubintern einen exzellenten Ruf.
Im November hatte der 48-Jährige zum zweiten Mal bei der extrem abstiegsgefährdeten Kölner Reserve in der Regionalliga West angeheuert und feierte dort zuletzt sieben Siege aus acht Spielen. Einen ähnlichen Effekt erhofft Veh sich nun für die Profimannschaft.
Für Anfang, im vergangenen Sommer als Hoffnungsträger verpflichtet, war die Niederlage gegen Darmstadt eine zu viel. 26:10 Torschüsse standen nach einem eigenartigen Spiel in der Statistik, überhaupt war der FC den Darmstädtern in jeder relevanten Erhebung überlegen - am Ende stand aber dennoch die zweite Niederlage nacheinander für den großen Favoriten, die bereits achte der Saison.
Pfeifkonzert und "Anfang raus"-Rufe
Seit vier Spielen wartet der FC auf einen Sieg, es ist schon die dritte Schwächephase, die Anfang trotz des besten Kaders der Liga nicht verhindern konnte. Ein Pfeifkonzert und "Anfang raus"-Rufe begleiteten die Mannschaft in die Kabine, Wut und Frust lagen in der Luft. "Es tut weh, es ist bitter, und man muss ehrlich sagen, es kotzt auch an, wenn du dieses Spiel nicht gewinnst", sagte Anfang bei Sky.
Dennoch - und das macht die Trennung so bizarr - wird der 1. FC Köln auch diesen Spieltag als Tabellenführer beenden. Vor den weiteren Partien des Wochenendes betrug der Abstand auf den zweitplatzierten Hamburger SV sechs Punkte. Auf Relegationsplatz drei folgt der SC Paderborn mit acht Punkten Rückstand auf die Spitze.
Doch Anfangs Gebilde fand nie zur Stabilität. In den guten Phasen erzielte sein Team Tor um Tor und reihte zahlreiche Siege aneinander, in den schwachen Phasen verlor es Spiele, die es niemals hätte verlieren dürfen. Die große Sorge in Köln ist daher, dass nach einem Aufstieg der dann nicht mehr klar überlegene Kader in der Erstklassigkeit untergeht. Denn fehlende Stabilität wäre für einen Aufsteiger das vielleicht größte Problem - selbst wenn das Offensivkonzept funktioniert.
Die Tabelle der 2. Liga
Platz | Team | Sp. | Tore | Diff | Pkt. |
1. | 1. FC Köln | 31 | 76:41 | 35 | 59 |
2. | Hamburger SV | 30 | 41:33 | 8 | 53 |
3. | SC Paderborn 07 | 30 | 68:43 | 25 | 51 |
4. | 1. FC Union Berlin | 30 | 46:29 | 17 | 50 |
5. | 1. FC Heidenheim | 30 | 44:34 | 10 | 49 |
6. | FC Sankt Pauli | 31 | 44:49 | -5 | 48 |
7. | Holstein Kiel | 31 | 57:48 | 9 | 46 |
8. | SSV Jahn Regensburg | 31 | 47:46 | 1 | 45 |
9. | SV Darmstadt 98 | 31 | 42:49 | -7 | 40 |
10. | VfL Bochum | 30 | 41:43 | -2 | 39 |
11. | Arminia Bielefeld | 30 | 44:48 | -4 | 39 |
12. | SpVgg Greuther Fürth | 31 | 34:50 | -16 | 38 |
13. | SG Dynamo Dresden | 31 | 36:43 | -7 | 36 |
14. | SV Sandhausen | 31 | 40:45 | -5 | 34 |
15. | FC Erzgebirge Aue | 30 | 36:42 | -6 | 33 |
16. | Magdeburg | 31 | 32:45 | -13 | 30 |
17. | FC Ingolstadt | 31 | 35:51 | -16 | 29 |
18. | MSV Duisburg | 30 | 32:56 | -24 | 24 |