Wenn es im Mai 2012 um die Frage geht, welche Details im wahrscheinlich atemberaubenden Rennen um den Bundesliga-Aufstieg entschieden haben, wird die Antwort hoffentlich nicht lauten: Pirmin Schwegler und seine Fairness. Dank seiner Haltung gab es im letzten Profiligaspiel des alten Jahres zwischen St. Pauli und Eintracht Frankfurt ein 2:0, und keinen - durchaus möglichen - Spielabbruch.
Der Schweizer im Frankfurter Trikot gab zum Jahresausklang am Montagabend ein schönes Muster sportlichen Anstands ab. In der 48. Minute des Zweitliga-Spitzenspiels traf ihn ein Gegenstand aus der Hamburger Ultra-Ecke am Kopf - eine Kassenrolle aus Papier, wie sich herausstellte. Solche werden in allen Stadien vor dem Anpfiff zahlreich geworfen, um sich malerisch zu entrollen, diese aber blieb ein fester Klotz.
DFB-Kontrollausschuss ermittelt
Schwegler ging "aus Überraschung" zu Boden, stand wieder auf und erklärte nachher: "Mir geht's gut." So ein Verhalten sei traurig, aber eigentlich habe St. Pauli ja tolle Fans. Die Situation im Interesse seines Klubs auszuschlachten, ging Schwegler offenbar gar nicht durch den nur leicht schmerzenden Kopf: "Wir sind ja nicht im Theater."
Dabei wäre ein Spielabbruch am Millerntor ein naheliegendes Szenario gewesen - wie zuletzt am 1. April gegen Schalke 04, als ein Bierbecher den Linienrichter getroffen hatte. "Ich bin es leid, diese Vorkommnisse zu kommentieren", sagte St. Paulis Manager Helmut Schulte, "ich hoffe, der Täter wird ermittelt." Die Chancen dafür stehen wegen der Videoüberwachung im Stadion wohl nicht schlecht. Noch sicherer ist eine Strafe vom DFB für die Hamburger Wiederholungstäter: Der Kontrollausschuss ermittelt.
"Müssen auch mal etwas erzwingen"
Sportlich konnten sich die beiden Bundesliga-Absteiger darauf einigen, dass nach einem guten Halbjahr nun "alles drin" sei. "Wir haben uns nach dem Abstieg schnell gefunden, das waren gute Monate", sagte der weiterhin hellsichtige Frankfurter Schwegler. "Unser Gegner hat als Mannschaft stärker dagegengehalten, das war der Unterschied." Auch Vorstandschef Heribert Bruchhagen war besorgt, dass "wir wieder in schönen Kombinationen sterben und unsere Ziele verfehlen. Wir müssen auch mal etwas erzwingen."
Das tat diesmal der FC St. Pauli, bei dem jede spielerische Leichtigkeit einem Kampf-Fußball wie in alten Zeiten gewichen ist. Aus wenigen Chancen machten die Hamburger zwei Tore (Morena, 33. Minute, Kruse, 68.) und erwehrten sich ansonsten ihrer Haut. "Wir hatten die größere Entschlossenheit", sagte Stopper Markus Thorandt, "und wir hatten Philipp Tschauner."
Tschauner wird lange fehlen
St. Paulis Torwart lieferte eine großes Spiel, das er mit offensichtlich starken Schmerzen in der Schulter beendete - eine Schultereckgelenkssprengung mit zwei gerissenen Bändern, der am Dienstag operiert werden musste, wie Tschauner noch in der Nacht auf seiner "Facebook"-Seite mitteilte.Er wird zum Neustart Anfang Februar 2012 ziemlich sicher fehlen - dann, wenn es spannend wird, mit fünf Spitzenteams innerhalb von drei Punkten Abstand. Dank Tschauner, und dank Pirmin Schwegler.
St. Pauli - Eintracht Frankfurt: Die Übersicht