SPOX: Herr Andersen, was viele gar nicht mehr wissen: Sie wären im September 2006 beinahe Co-Trainer von Joachim Löw bei der deutschen Nationalmannschaft geworden. Wie ist denn damals der Kontakt zum DFB überhaupt zustande gekommen?
Jörn Andersen: Das war eine ganz normale Anfrage. Joachim Löw kannte mich als Trainer und Person. Ich wurde gefragt, ob ich Interesse hätte und habe dies bejaht. Daraufhin gab es Gespräche. Es gab aber wie immer mehrere Kandidaten. Am Ende hat man sich dann für Hansi Flick entschieden.
SPOX: Stimmt es, dass Sie den Posten nicht bekommen haben, weil Sie nicht aus Deutschland stammen?
Andersen: Das war nur eine Vermutung, weil beim DFB nie ein Ausländer eine solche Funktion inne hatte. Es war als kleiner Spaß gemeint, nicht als ernst gemeinter Vorwurf. Es ist so gekommen, wie es gekommen ist und damit ist die Sache für mich auch gut.
SPOX: Über den Umweg Kickers Offenbach sind Sie in Mainz gelandet und dort als Nachfolger von Jürgen Klopp in die Bundesliga aufgestiegen. Am Ende trennte man sich von Ihnen, weil sich Ihre Vorstellungen angeblich zu stark von der Vereinsphilosophie unterschieden. Was haben Sie aus dieser Episode mitgenommen?
Andersen: Ich habe mir viele Gedanken darüber gemacht, wie das damals alles gelaufen ist. Es war schon eine kuriose und denkwürdige Situation, mit Mainz 05 in die 1. Liga aufzusteigen und dann kurz vor Saisonbeginn entlassen zu werden.
SPOX: Thomas Tuchel, der zuvor die U 19 gecoacht hatte, wurde Ihr Nachfolger. Welches Verhältnis hatten Sie zu Ihm während Ihrer Zeit als Cheftrainer?
Andersen: Ein ganz normales. Ich habe damals eingeführt, dass wir uns regelmäßig jede Woche mit den Trainern der Juniorenteams zusammensetzen, damit die Wege kürzer werden. Thomas war bei uns auch als Scout integriert. Er war wie meine Co-Trainer oder auch ich selbst für uns unterwegs und hat Spiele beobachtet und analysiert.
SPOX: War Ihnen klar, dass sich Tuchel so schnell im Profigeschäft akklimatisieren würde? Schließlich war er zuvor ja ausschließlich im Jugendbereich tätig.
Andersen: Er wurde ins kalte Wasser geworfen, hat einen guten Job gemacht und hatte Erfolg. Sein Vorteil war, dass er ja eine Woche vor Saisonstart eine fertige Mannschaft übernehmen konnte. Diese Mannschaft war intakt, die neuen Spieler waren integriert. Ich war der Meinung, dass dieses Team eine gute Rolle spielen werde. Sehr viel konnte und musste Thomas da auch nicht mehr dran ändern.
SPOX: Sie hatten daraufhin zwei recht kurze Intermezzi in Griechenland. Was ist bei Skoda Xanthi schief gelaufen?
Andersen: Der Vorstand hat die Dinge, die vor meiner Unterschrift festgelegt wurde, innerhalb kürzester Zeit nicht mehr eingehalten. Ich habe in Xanthi ja nicht einmal ein Training geleitet, weil die versprochenen Vereinbarungen nicht eingehalten wurden.
SPOX: Man hört immer wieder, dass im griechischen Fußball teils abenteuerliche Dinge vor sich gehen.
Andersen: Es geht nicht darum, den dortigen Fußball schlecht zu machen, aber es gab unzählige verrückte Episoden. Damit würde ich locker ein Buch voll bekommen.
SPOX: Seit gut sechs Wochen sind Sie nun beim Karlsruher SC. Bei Ihrem Amtsantritt sagten Sie, Sie haben die 2. Liga und speziell den KSC intensiv verfolgt. Wie war Ihr damaliger Eindruck von Ihrem neuen Arbeitsgeber?
Andersen: Positiv. Ich war schon vor einem Jahr, als Uwe Rapolder dann Trainer wurde, zu Gesprächen in Karlsruhe. Seitdem habe ich den KSC etwas intensiver als andere Klubs verfolgt. Die Arbeitsbedingungen und das Umfeld hier sind bundesligatauglich.
SPOX: Der Mannschaft scheint jedoch sogar die Zweitligatauglichkeit abzugehen.
Andersen: Man hat bei den Transferaktivitäten im Sommer vielleicht die Anforderungen, die die 2. Liga an einen stellt, etwas unterschätzt, gerade im Hinblick auf die Kaderzusammenstellung. Diese Dinge werden nun angesprochen.
SPOX: In welchem Rahmen sind denn Transfers in der Winterpause überhaupt möglich?
Andersen: Oliver Kreuzer und ich sind Tag und Nacht auf der Suche nach potentiellen Spielern, die wir für den KSC gewinnen könnten. Einfach ist es nicht, da auch die Finanzen zu beachten sind. Wir sind nicht unbedingt auf Rosen gebettet. Wir haben aber bereits einige vielversprechende Gespräche geführt und hoffen nun darauf, die Zusagen zu bekommen.
SPOX: Was müssten die Neuzugänge verkörpern?
Andersen: Wir sind ja im Grunde genommen von der Mannschaft überzeugt, aber uns fehlen ein paar Eckpfeiler, ein paar Leader im Team. Spieler, die aufgrund ihrer Erfahrung nicht so schnell nervös werden, wenn man einmal in Rückstand gerät. Das ist in unserer Situation überlebenswichtig.
SPOX: Seit Sie Trainer sind, gab es fünf Pleiten. Stimmen Sie mit der gängigen Berichterstattung überein, dass der Trainerwechsel mittlerweile verpufft ist?
Andersen: Die Presselandschaft und das Geschäft generell sind extrem schnelllebig geworden. Jeder Trainer braucht Zeit, um seine Vorstellungen zu vermitteln. Egal, bei welchem Verein er angestellt ist. Das kann nirgends von jetzt auf nachher funktionieren. Aber ich bin keiner, der auf halber Strecke aufgibt.
Jörn Andersen im Steckbrief