WM

Paraguay bejubelt erstes WM-Viertelfinale

Von Haruka Gruber / Felix Mathis
Kleiner Trost nach dem WM-Aus: Honda (r.) hat sich selbst für Real interessant gemacht
© Getty

Paraguay hat sich mit einem 5:3 im Elfmeterschießen gegen Japan erstmals für ein WM-Viertelfinale qualifiziert.

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Vor 35.000 Zuschauern im Loftus-Versfeld-Stadion von Pretoria gingen die 120 Spiel-Minuten torlos zu Ende. Beiden Teams war die Anspannung deutlich anzumerken, so dass kaum Chancen herausgespielt wurden. Den entscheidenden Strafstoß verwandelte Benfica-Torjäger Oscar Cardozo.

Nach dem Abpfiff ließen etliche Japaner die Tränen freien Lauf, der recht gefasste Trainer Takeshi Okada kündigte seinen Rücktritt an: "Es gibt nichts mehr für mich zu tun."

Am Samstag um 20.30 Uhr trifft nun Paraguay auf Spanien.

Nachbetrachtung:

Nach den überzeugenden Auftritten der WM-Favoriten Brasilien, Argentinien und Deutschland im Achtelfinale war das Duell zwischen Paraguay und Japan Fußball zum Abgewöhnen. Beide Teams weckten mit ihrem unattraktiven Spiel voller Fehler böse Erinnerungen an die teils schwer erträgliche Vorrunden-Phase.

Mit dem Weiterkommen hat Paraguay immerhin den größten Erfolg der Geschichte gefeiert, doch nach den Eindrücken des bisherigen Turniers kommt jedoch im Viertelfinale gegen Spanien das sichere Aus. Zwar ist die defensive Organisation mit den starken Innenverteidigern Alcaraz/da Silva vorbildlich, dafür ist die Offensive zu eindimensional, da der Mannschaft vor allem ein Spielmacher abgeht, der die Spitzen einzusetzen weiß.

Für Japan bleibt die Erkenntnis, dass ein Keisuke Honda nicht ausreicht, um auf höchstem Niveau mitzuhalten. Das Mittelfeld ist ballsicher und bissig, die Flügel taktisch diszipliniert und schnell, aber gegen Paraguay zeigte sich, dass nach wie vor das Killer-Gen fehlt. Für Honda immerhin könnte die WM ein gutes Ende haben: Real Madrids neuer Trainer Jose Mourinho gilt als Fan des flexiblen Offensivspielers und hat angeblich die Scouts zu den Japan-Spielen abgesandt.

Gegen Paraguay fehlte jedoch dem 24-Jährigen die Frische und die Unterstützung seiner Mitspieler, um sich erneut für eine Verpflichtung anzubieten.

Reaktionen:

Oscar Cardozo (Paraguay): "Ich bin sehr glücklich über das, was ich getan habe."

Trainer Gerardo Martino (Paraguay): "Ich hoffe wir können uns schnell erholen, um weiter Geschichte zu schreiben."

Trainer Takeshi Okada (Japan): "Ich übernehme die Verantwortung. Die Spieler waren wundervoll. Ich bin stolz auf sie, sie haben Japan und ganz Asien stolz gemacht. Ich bin nicht zufrieden, weil wir kein Tor geschossen haben. Ich bin wirklich traurig, weil die WM für uns zu Ende ist."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Während Japan zum vierten Mal in vier Spielen mit der gleichen Elf und Taktik beginnt, gibt es bei Paraguay gleich fünf Veränderungen. Im Sturm startet überraschend Benitez für Dortmunds Valdez, dessen Klubkollege Barrios verdrängt Cardozo.

Ortigoza ersetzt Eins-zu-eins den gesperrten Sechser Victor Caceres, die Abwehr wiederum in der Idealformation, sprich mit Alcaraz und Bonet für Julio Caceres und Caniza.

21.: Barrios läuft links in den Strafraum, bekommt den Ball und nimmt ihn mit einer eleganten Drehung mit, durch die er Komano aussteigen lässt. Kawashima pariert jedoch Barrios' Schuss aus sechs Metern.

22.: Matsui bekommt den Ball zentral vor dem Tor aus 20 Metern Entfernung. Er schießt sofort, die Kugel senkt sich gefährlich in Richtung Tor, klatscht aber auf die Latte.

28.: Ecke von links für Paraguay. Im Getümmel kann niemand klären und plötzlich liegt der Ball vor Santa Cruz. Der hält mit links drauf, trifft die Kugel aber nicht richtig und schießt einen Meter rechts am Tor vorbei.

40.: Erster guter Angriff des Spiels. Japan fährt den Konter, Matsui marschiert halbrechts in Richtung Strafraum und legt in die Mitte zu Honda quer. Der zieht sofort mit links ab und die Kugel zischt knapp links am Pfosten vorbei.

97.: Eine gute Szene von Morel und Valdez. Der Linksverteidiger zieht in die Mitte und steckt dann in den Strafraum durch, wo Valdez die Kugel schön mitnimmt - aber Kawashima hält den Schuss aus acht Metern.

99.: Freistoß Japan: Honda zieht den Ball von halblinks aufs Tor. Aber er schießt nicht mit voller Wucht und so kommt Nakamura im Strafraum fast noch heran, um die Schussrichtung zu ändern. Weil er aber einen Schritt zu spät kommt, kann Villar parieren.

116.: Tamada kommt über links und hat den Ball eigentlich schon verloren, aber dann setzt Okazaki nach, holt die Kugel und spielt sie mit der Hacke in den Strafraum zu Tamada zurück. Der könnte schießen, bedient aber lieber Nakamura. Das Problem: Die Hereingabe ist viel zu unplatziert.

Das Elfmeterschießen:

Barreto, Endo, Barrios, Hasebe und Riveros treffen sicher

Komano schießt zu hoch - Latte!

Valdez, Honda und Cardozo treffen sicher

Fazit: Die Teams egalisierten sich auf einem erschreckend niedrigen Niveau. Dass am Ende das Elfmeterschießen die Entscheidung brachte, war bezeichnend.

Der Star des Spiels: Nestor Ortigoza (SPOX-Note: 3). In Paraguay eine Reizfigur wie Barrios, weil er ebenfalls aus Argentinien stammt und eingebürgert wurde. Kam vielleicht auch deswegen noch nicht zum Einsatz. Bekam wegen der Gelb-Sperre für Abräumer Victor Caceres eine Chance - und nutzte sie. Kann anders als Caceres auch ein Spiel lenken und war mit seinen langen Diagonalpässen auf Santa Cruz und Benitez der Startpunkt für fast jeden Angriff Paraguays. Eine rundum solide Leistung.

Für die SPOX-User war Lucas Barrios Man of the Match

Die Gurke des Spiels: Edgar Benitez (SPOX-Note: 5). Trägt die Nummer zehn und verfügt über einen schicken Spitznamen ("Der Vogel"), das war es aber schon mit den Highlights. Bekam überraschend den Vorzug vor Valdez - und enttäuschte auf ganzer Linie. Vor allem in der ersten Hälfte mit zahlreichen Stockfehlern, wurde nach nicht einmal einer Stunde ausgewechselt.

Die Pfeife des Spiels: Frank de Bleeckere. Schwaches, aber immerhin faires Spiel. Der Belgier hatte fast nichts zu tun.

Analyse: Eine Partie, die vor allem auf zwei Dinge reduziert werden kann: Auf die Nervosität und auf die defensive Grundordnung beider Teams. Den Mannschaften war deutlich anzumerken, dass es um den ersten WM-Viertelfinal-Einzug in ihrer Geschichte geht, dementsprechend abwartend war die Ausrichtung.

Herauskam ein höchst unattraktives Spiel, das vor allem von technischen Fehlern und missglückten Kombinationen geprägt wurde. Paraguays Strategie, mit hohen Flankenwechseln zum Erfolg zu kommen, war genauso erfolglos wie das gegen Dänemark noch so erfolgreiche Rezept der Japaner, das Mittelfeld mit schnellem Kurzpassspiel zu überbrücken.

Unter anderem auch deswegen, weil sich Honda gegen Paraguays kantige Innenverteidiger nur selten behaupten konnte und später frustriert ins Mittelfeld zurückfallen ließ, um wenigstens zu Ballkontakten zu kommen. Die Offensiv-Stars bei Paraguay, Santa Cruz und Barrios, hingen jedoch ähnlich in der Luft, weswegen selbst die kurze Drangphase Anfang der zweiten Hälfte zu keiner Chance für Paraguay führte.

Am Ende ist mit Paraguay die nervenstärkere und nicht die bessere Mannschaft ins Viertelfinale eingezogen.

Paraguay - Japan: Fakten zum Spiel