Vor 84.490 Zuschauern im ausverkaufen Soccer-City-Stadion in Johannesburg erzielte Andres Iniesta das Tor zum Titel (116.). Spanien war bis 2010 nie über ein WM-Viertelfinale hinausgekommen. Die Seleccion blieb in der K.o.-Phase ohne Gegentor und siegte in allen vier Runden mit 1:0.
Somit wurde erstmals ein Team aus Europa außerhalb des eigenen Kontinents Weltmeister. Um 23:17 Uhr nahm Kapitän Iker Casillas von Südafrikas Staatspräsident Jacob Zuma und FIFA-Boss Sepp Blatter den begehrten Pokal entgegen.
Nachbetrachtung:
Spanien sah vielleicht nicht immer wie die alles überragende Mannschaft des Turniers aus, ist aber über die vergangenen vier Jahre gesehen das beste Team der Welt - und damit ist die neue Nummer eins der FIFA-Weltrangliste auch ein verdienter Weltmeister.
Casillas, Puyol, Xavi, Iniesta und Xabi Alonso dürfen sich nun Champions-League-Sieger, Europameister und Weltmeister nennen und prägen damit eine Ära im Weltfußball. Wer in der K.o.-Runde eines Turniers kein Gegentor kassiert, hält den Pokal ohne Frage verdient in den Händen.
Die Niederlande waren jedoch nahe dran, den Spaniern den Titel streitig zu machen. Mit kompromissloser Härte nahm Oranje der Seleccion erst die Freude am Spiel und hatte dann selbst genügend Chancen, die Partie zu entscheiden. Vielleicht waren die Niederlande dem Titel nie so nahe wie 2010. Robben darf dabei durchaus als tragischer Held gelten.
Reaktionen:
Bert van Marwijk (Trainer Niederlande): "Wir waren anfangs viel zu beeindruckt von allem, was die Spanier taten. Erst in der zweiten Hälfte haben wir ins Spiel gefunden. Spanien hatte letztlich die besseren Möglichkeiten, auch in der Verlängerung. Ich habe gehofft, dass wir das Elfmeterschießen erreichen. Aber das Team, das ein Tor schießt, gewinnt nunmal. Das bessere Team hat gewonnen. Mich trifft es hart, dass wir das WM-Finale verloren haben."
Andres Iniesta (Spanien): "Es in unfassbar, einfach unglaublich. Mir fehlen die Worte, wir sind Weltmeister."
Vicente del Bosque (Trainer Spanien): "Es war ein sehr, sehr schweres Spiel und hart umkämpft. Aber wir haben phantastische Spieler. In der zweiten Halbzeit waren wir besser, da hätten wir das eine oder andere Tor schießen können. Für mich ist das ein sehr glücklicher Tag. Wir haben 50 Tage sehr hart gearbeitet, es gab nicht Negatives. Ich bin sehr stolz."
SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Die Niederlande wieder mit den zuletzt gesperrten van der Wiel und de Jong in der Startelf und damit mit einem 4-2-3-1 in Bestbesetzung.
Spanien-Coach del Bosque setzt auf die gleiche Elf, die Deutschland im Halbfinale besiegte. Pedro also wieder auf rechts und Torres ganz weit außen - auf der Bank.
5.: Freistoß Xavi von rechts. Ramos wuchtet den Ball aus zehn Metern per Kopf aufs Tor, van Persie steht zu weit weg. Stekelenburg pariert gut zur Seite.
11.: Ramos tanzt Kuyt aus und schießt aus spitzem Winkel - Heitinga rettet zur Ecke. Xabi Alonso flankt an den zweiten Pfosten - Villas Volleyschuss pfeift ans Außennetz.
45.+1: Robben kommt rechts am Sechzehnereck an den Ball, legt ihn kurz nach innen und zieht ab. Casillas pariert.
62.: Sneijder spielt einen Ball aus der Drehung exakt in den Lauf von Robben. Pique verschätzt sich total. Robben ist frei durch, hat alle Zeit der Welt, schießt aber den Fuß von Casillas an.
69.: Heitinga schlägt im Fünfer über eine Hereingabe des eingewechselten Navas. Villa muss aus vier Metern nur eindrücken, schießt aber Heitingas Füße an.
77.: Ecke Xavi von links. Oranje passt nicht auf. Ramos segelt am Fünfer vollkommen frei in den Ball, köpft aber drüber.
83.: Langer Ball auf Robben. Puyol lässt sich überlaufen. Robben entledigt sich auch Piques und will dann Casillas ausspielen, der Keeper wirft sich aber gekonnt auf den Ball.
95.: Überragender Pass von Iniesta auf den eingewechselten Fabregas. Der muss rechts rüber auf Villa legen, zögert aber und schießt dann Stekelenburg an.
96.: Ecke Robben von rechts. Casillas verschätzt sich. Mathijsen springt höher als Ramos, zielt aber über das leere Tor.
101.: Navas hält vom rechten Sechzehnereck drauf. Abgefälscht rauscht die Kugel ganz knapp rechts am Pfosten vorbei.
109., Gelb-Rot für Heitinga: Iniesta wäre nach einem Steilpass durch gewesen. Heitinga klammert, Iniesta fällt. Klare Sache.
116., 0:1, Iniesta: Iniesta wird rechts im Strafraum von Fabregas freigespielt. Frei vor dem Kasten lässt Iniesta Stekelenburg keine Chance und haut die Kugel ins linke Eck.
Fazit: Spanien am Ende ein verdienter Weltmeister, weil spielerisch die deutlich bessere Mannschaft. Die Niederlande hatten jedoch auch genügend Chancen zum Sieg.
Star des Spiels: Andres Iniesta (SPOX-Note 1). Weil Xavi permanent van Bommel auf den Füßen hatte, musste Iniesta das Ruder an sich reißen - und tat das auch im Laufe des Spiels. Fast jeder gefährliche Angriff lief über ihn. Krönte seine bärenstarke Leistung mit dem entscheidenden Tor, das ihn in Spanien unsterblich machen wird.
Auch für die SPOX-User war Iniesta Man of the Match
Gurke des Spiels: Robin van Persie (SPOX-Note 5). Fiel aus dem Oranje-Kollektiv leistungsmäßig raus, weil er kaum Bindung zum Spiel hatte und viele Bälle verlor. Gab nur einen Torschuss ab.
Pfeife des Spiels: Howard Webb (England). Zeigte bereits in der ersten halben Stunde fünf Gelbe Karten. Van Bommels Einsteigen gegen Iniesta (23.) und de Jongs Kung-Fu-Tritt gegen die Brust von Xabi Alonso (28.) waren an der Grenze zu Rot. Iniesta hätte für sein Revanchefoul an van Bommel ebenfalls verwarnt werden müssen (78.), Robben nach der Regel wegen Ballwegschlagens Gelb-Rot sehen müssen (113.). Die Bewertung von Heitingas Zweikampf gegen Xavi im Strafraum (92.) war schwierig, im Endeffekt hätte es aber Elfmeter geben müssen. Kurz vor dem 0:1 verweigerte das englische Trio Oranje einen klaren Eckball. Zwölf Gelbe und eine Gelb-Rote Karte sind Rekord für ein WM-Finale. Kein dankbares Spiel für Webb.
Analyse: Eine erste Halbzeit zum Vergessen. Oranje begegnete dem "Ticitaca" der Spanier mit physischer Präsenz an der Grenze zur Körperverletzung. Van Bommel nahm Xavi fast in Manndeckung. De Jong kümmerte sich um Iniesta, wenn der sich im Zentrum rumtrieb. Insgesamt stand Hollands Mittelfeld sehr eng und verschob eindrucksvoll schnell.
Spanien war 20 Minuten lang spielerisch überlegen, ließ sich dann aber von der harten Gangart beeindrucken und verlor sich in vielen nickelig geführten Zweikämpfen. Insgesamt wirkte das Spiel der Iberer nicht so leichtfüßig wie noch gegen Deutschland. Pedro zog zu oft in die Mitte, wo es sowieso schon eng war. Die rechte Seite der Spanier verwaiste hingegen. Diesen Umstand änderte del Bosque erst nach einer Stunde, als er Navas brachte.
Forlan zum besten Spieler des Turniers gewählt - Müller Torschützenkönig
Die Angriffsbemühungen der Niederländer verliefen dagegen immer nach Schema F: Mit einem flachen Zuspiel wurde einer der drei offensiven Mittelfeldspieler hinter der spanischen Doppelsechs gesucht, der Angespielte legte dann auf die nachrückenden Kollegen ab. Spanien stand aber defensiv stets sicher und engmaschig - die Niederlande brachte so kaum eine Kombination über mehrere Stationen zustande.
Robben probierte es mehrfach mit seinem bekannten Bauerntrick, kam aber nur zweimal durch. Auch als Sneijder einmal einen Traumpass spielte, fand Robben seinen Meister in Casillas. Spaniens Spiel gewann erst nach Navas' Einwechslung wieder an Struktur, weil dieser den rechten Flügel hielt und die Oranje-Abwehr so etwas auseinander zog. Bis zum Ablauf der regulären Spielzeit hätten beide Mannschaften das Spiel entscheiden können.
In der Verlängerung stellten beide Teams dann auf 4-1-4-1 um und drängten auf die Entscheidung. Während van der Vaart jedoch wirkungslos blieb, stellten die Spanier durch Fabregas' Hereinnahme endlich wieder vermehrt Überzahl in der Oranje-Hälfte her. Nicht durch Zufall gab Fabregas dann auch den entscheidenden Pass zum Siegtor durch Iniesta.
Niederlande - Spanien: Daten & Fakten