Zusammen mit drei weiteren deutschen Journalisten habe ich in Port Elizabeth die Chance, ein bisschen mehr von Südafrika kennen zu lernen als es das sonst übliche Touri-Programm hergibt. Wir besuchen ein Projekt der von Mercedes-Benz 1999 mit ins Leben gerufenen Laureus-Stiftung (Laureus Sport for Good Foundation), das sich Grassroot Soccer nennt.
Um zur Molefe Primary School zu gelangen, die Grassroot Soccer beherbergt, müssen wir in die Townships von Port Elizabeth eintauchen. Ich gebe zu, dass auch mich ein bedrückendes Gefühl beschleicht, als wir, begleitet von einem Security Guard, an den kleinen Häusern und Baracken der Menschen dort vorbeifahren. So sieht also der andere Teil der südafrikanischen Realität aus. Wir werden kritisch beäugt, als wir an der Molefe Primary School, einem schlichten Betongebäude, eintreffen. Auch wir wissen nicht so recht, was uns erwartet.
Kampf gegen HIV und AIDS
Die Skepsis legt sich jedoch schnell, als uns die Kinder von Grassroot Soccer begrüßen. Sie singen und tanzen, man sieht ihnen sofort den Spaß an, den sie an ihrem Projekt haben.
Grassroot Soccer wurde 2002 in Simbabwe von ehemaligen Fußballspielern (u.a. Tommy Clark und Kirk Friedrich) gegründet und widmet sich dem Kampf gegen HIV/AIDS. Die führenden Mitglieder beschäftigen sich in erster Linie damit, afrikanischen Fußball-Stars, Trainern, Lehrern und Erziehern beizubringen, wie sie in den am meisten vom HIV-Virus betroffenen Ländern für Aufklärung unter Kindern und Jugendlichen sorgen können. Zugleich sollen sie den Kids Werte vermitteln, die auf einem höflichen und gesunden Miteinander basieren.
Wie wichtig diese Maßnahmen sind, zeigt die Tatsache, dass die Zahl der HIV-Infizierten weiter steigt, vor allem bei jungen Menschen und speziell in Afrika. Fast die Hälfte der fünf Millionen neu mit HIV infizierten Menschen pro Jahr ist jugendlichen Alters. Daher errichtete Grassroot Soccer neben Simbabwe auch Stützpunkte in Botswana, Kenia, Lesotho, Äthiopien, Malawi, Namibia, Tansania, im Sudan sowie in Guatemala und der Dominikanischen Republik. Und eben in Südafrika, wo aktuell rund 300.000 Kids bei dem Laureus-Projekt mitmachen.
800 Kids mit Spaß dabei
In Port Elizabeth entstand das Camp 2007. 800 Kinder werden in den Sommerferien von 40 so genannten Skillz-Coaches, hauptsächlich Erziehern, unterrichtet. "Wir sind froh, dass sich so viele Kinder und Jugendliche Grassroot Soccer angeschlossen haben. Gerade in den Ferien ist vielen sonst langweilig und sie kommen auf schlechte Ideen", erklärt uns Mpumi Laillie, einer der führenden Köpfe des Camps in Port Elizabeth.
In den drei Wochen des Programms versuchen die Skillz-Coaches den Kids grundlegende Kenntnisse für ein gesundes und risikofreies Leben zu vermitteln. Durch zahlreiche interaktive Spiele und Diskussionen lernen die Jugendlichen, die Gefahr von HIV und AIDS richtig einzuschätzen. Sie lernen, die für die Gesundheit richtigen Entscheidungen zu treffen, Risiken zu vermeiden, sich gegenseitig zu unterstützen, Diskriminierungen zu unterlassen und sie erfahren das Wichtigste über die Behandlung von und den Umgang mit HIV-Patienten.
Fußball hilft beim Vermitteln von Werten
Immer mit dabei: der Fußball. Das Vermitteln der genannten Werte wird ins Fußballspiel eingebunden, das auf einem gepflasterten Platz stattfindet. Einige Kinder spielen dabei sogar barfuß.
Beim Kicken gelten Fair-Play-Rules, wie Simnikiwe Xolilizwe, einer der Skillz-Coaches, erläutert: "Wenn ein Mädchen ein Tor erzielt, dann zählt das doppelt. Nach jedem Tor wird innerhalb der Mannschaft gemeinsam gejubelt, und vor dem Spiel wird sich gemeinsam durch Singen und Tanzen eingestimmt."
Simnikiwe, den alle nur "Nikza" rufen, ist selbst erst 20 Jahre alt. Er hat vier Geschwister, zwei Brüder, zwei Schwestern. "Auch meinen Geschwistern habe ich schon einiges vermitteln können. Sie sind sich der HIV-Gefahr jetzt viel bewusster als früher", sagt mir Nikza. Er hat dabei ein breites, glückliches Lächeln im Gesicht. Ein Phänomen, was wir auch bei den anderen Grassroot-Soccer-Kids beobachten. Das Camp verfehlt seinen Sinn nicht, der Fußball verbindet.Wer ist besser: Deutschland oder Ghana?
Nach zwei Stunden überreichen unsere Reiseleiter zum Abschied noch ein paar WM-Bälle. Zur großen Freude der Camp-Mitglieder.
Und als wir danach fragen, wer denn nun besser sei, Deutschland oder Ghana, müssen auch wir lachen. Denn die gleichzeitige Antwort der vielen Kinder lautet nur: "No comment!" Das ist Fair Play. Ein wichtiger Wert ist verinnerlicht. Und wir sind froh, auch das andere Südafrika kennen gelernt zu haben.