"Ich bin Personenschützer und muss aufpassen, dass hier alles okay ist", sagte Mahmoud Dahoud in der Mixed Zone nach dem gelungenen EM-Auftakt der deutschen U21, als Nadiem Amiri gerade über das zurückliegende Spiel gegen Dänemark (3:1) sprach.
Rund eine Woche später hat Deutschland die Gruppenphase als Tabellenführer abgeschlossen und steht vor dem Halbfinale gegen das Überraschungsteam aus Rumänien (ab 18 Uhr im LIVETICKER) - und daran hatte auch Dahoud seinen Anteil. Denn ähnlich behutsam wie um das Image seines Kumpels Amiri kümmert er sich auch um das Spiel der DFB-Junioren. Dort lässt er allerdings keine Worte, sondern Taten sprechen.
Der Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund ist der Dreh- und Angelpunkt im Team von Stefan Kuntz und zählt bislang zu den überragenden Akteuren des Turniers. In jedem der drei Gruppenspiele zählte Dahoud zu den Deutschen mit den meisten Ballaktionen (67 gegen Dänemark, 100 gegen Serbien, 65 gegen Österreich) und wenn es gefährlich wurde, hatte er regelmäßig seine Füße im Spiel (im Turnier schon sieben Torschüsse und sieben Torschussvorlagen).
Stefan Kuntz lobt Mo Dahoud: "Kann ein Unterschiedsspieler sein"
Auf Dahoud angesprochen, fand auch Trainer Stefan Kuntz lobende Worte für den Mittelfeldmann: "Er kann für uns ein Unterschiedsspieler sein, weil er mit seinen Bewegungen, seiner Technik und seiner Wachsamkeit sowohl offensiv als auch defensiv Akzente setzen kann. Und so ist er bei uns ein wichtiges Puzzleteil."
"Ich bewege mich gerne zwischen den Positionen. Manchmal lasse ich mich mehr fallen, mal weniger", beschreibt Dahoud selbst seine Rolle im Mittelfeld neben Florian Neuhaus und Maximilian Eggestein. "Die Positionen Achter und Sechser sind ähnlich. Einer muss eben absichern", sagte er auf einer Presserunde, bei der er ebenfalls klarmachte, wer der Boss ist.
Etwas verspätet aufgetaucht, schien es im Laufe des Gesprächs mit den Journalisten zwischenzeitlich, als wolle er die Medien mit seinen Aussagen ein wenig auf den Arm nehmen. Viel über sich verraten wollte er nicht. Überhaupt genießt er den Ruf, nur sehr ungern in der Öffentlichkeit zu sprechen.
Mahmoud Dahoud zeigt Ansätze eines Straßenkickers
Dabei liefert der 23-Jährige, der bereits 2017 den U21-EM-Titel gewann, mehr Stoff für Geschichten als die meisten anderen Spieler des Turniers. In Syrien geboren, flüchtete er mit seiner Familie im Alter von neun Monaten nach Deutschland und lernte das Kicken im Rheinland, wo er es als Typ "Straßenfußballer" über Fortuna Düsseldorf in die Jugendabteilung von Borussia Mönchengladbach schaffte.
Betrachtet man sein Spiel, erinnert einiges an den Bolzplatz-Stil der Dahoud schon in Kindertagen ausgezeichnet hat. Mit einer überragenden Technik und tollem Talent ausgestattet, mutet sein Spiel teils etwas aufreizend an. Mo beim Fußball zuzuschauen macht Spaß und es wirkt, als wolle er auch seinen Gegenspielern so oft es geht klarmachen, wer der Boss auf dem Spielfeld ist - genau wie damals auf dem Bolzplatz.
Dass der zentrale Mittelfeldspieler überhaupt mit einem solchen Selbstvertrauen zur U21-EM gereist ist, ist für den DFB zwar ein Glücksfall, mit Blick auf seine zurückliegenden zwei Spielzeiten aber längst nicht selbstverständlich. Denn während er in Gladbach zu den Shootingstars der Liga gehörte, ist er seit seinem Wechsel zu Borussia Dortmund 2017 meist nur zweite Wahl.
Mahmoud Dahoud beim BVB zuletzt nur zweite Wahl
Statt auf Dahoud setzt man in der Zentrale des BVB meist auf Axel Witsel und Thomas Delaney. In 34 Bundesligaspielen schaffte es der technisch beschlagene Mittelfeldspieler auf lediglich sieben Startelfeinsätze, sieben weitere Male wurde er eingewechselt. Nicht selten schmorte er also 90 Minuten auf der Ersatzbank.
"Ich sehe mich selbst auf einem guten Weg", sagte Dahoud während der vergangenen Saison über seine persönliche Entwicklung. Wie dieser Weg ohne regelmäßige Einsatzzeiten allerdings weiter in eine "gute" Richtung gehen soll, ist fraglich - denn noch ist er beim BVB längst kein Anführer wie in der U21.
Gerade aus diesem Grund könnte die EM für Spieler wie Dahoud eine Möglichkeit sein, sich erneut in den Fokus zu spielen - ob für andere Klubs oder einen guten Saisonstart beim BVB. Fakt ist, dass Dahoud künftig auch im Verein sein unbestrittenes Talent regelmäßig zeigen muss, um den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen und wirklich der "Boss" zu sein.