Luca Waldschmidt im Interview: "Wenn du deiner Freundin nicht vertraust, ist das auch scheiße"

Von Stefan Zieglmayer
Luca Waldschmidt erzielte das 3:2 gegen Rumänien.
© getty

Luca Waldschmidt ist mit sieben Turnier-Toren der Shootingstar der U21-EM in Italien. Nach seinem Doppelpack beim 4:2-Sieg im EM-Halbfinale gegen Rumänien sprach der Stürmer vom SC Freiburg über seine Gefühle, Party mit Mahmoud Dahoud und sein erstes Finale.

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In der Mixed Zone des Stadio Renato dall'Ara in Bologna erklärte Waldschmidt zudem, wieso eine Mannschaft wie eine Freundin ist.

Herr Waldschmidt, was ging in der 90. Minute in Ihnen vor, als Sie das Siegtor erzielten und den Einzug ins EM-Finale sicherten?

Luca Waldschmidt: Das war der absolute Wahnsinn. Niemand von uns wollte in die Verlängerung gehen. Wir hatten auch schon vorher Chancen, die wir machen hätten müssen - auch ich. Die zwei späten Tore waren sehr erlösend.

Wie war die Stimmung in der Kabine?

Waldschmidt: Ich war leider nicht da. Mo Dahoud und ich mussten direkt zur Dopingprobe und verpassen alles. Ich hoffe, dass wir am Sonntag nochmal einen Grund haben, die Kabine auseinanderzunehmen.

Der Mannschaftsbus ist schon auf dem Weg zurück nach Fagagna. Sie und Mahmoud Dahoud fahren im Kleinbus hinterher. Wie bitter ist das, jetzt nicht bei der Mannschaft zu sein?

Waldschmidt: Das schmerzt schon. Die Stimmung im Bus ist super, vielleicht habe ich ja schon ein paar Videos geschickt bekommen. Ich mache einfach Party mit Mo.

Luca Waldschmidt könnte alleiniger U21-EM-Rekordtorschütze werden

Während des Spiels zeigte das Thermometer 38 Grad Celsius an. Wie viel Wasser haben Sie heute schon getrunken - vielleicht auch, um die Dopingkontrolle zu beschleunigen?

Waldschmidt: Puh ... wahnsinnig viel! (lacht) Vor der Dopingprobe habe ich bestimmt sechs bis acht Flaschen getrunken. Dazu noch rund vier Liter vor dem Spiel.

Sie stehen mittlerweile bei sieben EM-Toren - das ist geteilter Rekord. Im Finale könnten Sie den Schweden Marcus Berg überholen. Wieso sind Sie derzeit so gut drauf?

Waldschmidt: Klar, das ist sehr schön und freut mich natürlich. Aber der Titel für die gesamte Mannschaft steht über allem. Ich bin froh, dass ich dabei helfen kann. Aber wer die Tore macht, ist zweitrangig.

U21-Europameisterschaften: Das sind die Rekordtorschützen

RangSpieler (Nation)JahrAnzahl der Tore
1Marcus Berg (Schweden)20097
1Luca Waldschmidt (Deutschland)20197
2Vahid Halihodzic (Jugoslawien)19786
2Pierre Littbarski (BRD)19826
2Mark Hateley (England)19846
2Jan Kliment (Tschechien)20156

Luca Waldschmidt: "Das macht unser Team aus"

Die Mannschaft tat sich vor allem in der ersten Halbzeit schwer gegen Rumänien. Wieso?

Waldschmidt: Wir trauten uns nicht richtig, spielten nicht gut raus. Unseren Aktionen fehlte das Selbstvertrauen. Das sprachen der Trainer und auch wir Spieler in der Halbzeit ganz klar an. Nach der Pause zeigten wir unser anderes Gesicht. Der Sieg war am Ende verdient.

Sie stehen in Ihrem ersten Finale. Was macht das mit Ihnen?

Waldschmidt: Das ist etwas ganz Besonderes. Das ist einfach geil, wir müssen das genießen. Jetzt wollen wir auch den Titel. Als Team schweißt uns der Sieg heute noch mehr zusammen. Wir lagen das erste Mal in Rückstand. Den aufzuholen, als Team, ist ein extrem gutes Gefühl.

Marco Richter saß heute angeschlagen auf der Bank. Haben Sie ihn ein wenig an Ihrer Seite vermisst?

Waldschmidt: Nadiem hat heute überragend gespielt. Aber wir können natürlich auch weiterhin auf Marco zählen. Wenn einer reinkommt, ersetz er den anderen makellos. Das macht unser Team aus. Jeder ist für den anderen da, jeder gönnt dem anderen Erfolg. Wer letztlich neben mir spielt, ist mir egal, solange wir Erfolg haben.

Luca Waldschmidt vergleicht Mannschaftssport mit einer Beziehung

Den haben Sie. Vor einem Jahr sind Sie mit dem HSV abgestiegen, nun stehen Sie im Finale der U21-EM: Wie schätzen Sie Ihre Entwicklung ein?

Waldschmidt: Ich habe in Freiburg mehr Spielzeit erhalten und mich gut entwickelt. Dafür arbeite ich sehr hart. Es geht in die richtige Richtung.

Sie sind also ein Spieler, der Vertrauen braucht?

Waldschmidt: Vertrauen - ob vom Trainer oder von deinen Mitspielern - ist nicht nur mir wichtig, das kennt jeder Spieler. Wenn du deiner Freundin nicht vertraust, ist das ja auch scheiße. So ähnlich ist das auf dem Platz. Du fühlst dich wohler, wenn du eine Person neben dir hast, der du vertraust.

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