Färöer-Debakel der Türkei: "Selfie-Direktor" Stefan Kuntz kämpft mit Emotionen

Von SPOX
Stefan Kuntz, Türkei
© imago images

Die Türkei hat zwar den Aufstieg in die B-Liga der Nations League gepackt, aber nach dem 3:3 gegen Luxemburg und der historischen 1:2-Pleite auf den Färöer Inseln hagelt es Kritik für Nationaltrainer Stefan Kuntz. Der Deutsche musste sich anschließend fast eine Stunde lang erklären und hatte dabei fast Tränen in den Augen. Derweil wütete auch sein Chef Hamit Altintop.

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Dieses Tempo hatte Stefan Kuntz wohl auch nicht erwartet. Es ging nicht um seine Spieler, nicht um den Gegner, sondern um seine Worte, die ihn schneller einholten als es ihm lieb war. Es ist keine Woche her, da fragte Kuntz die türkischen Journalisten, warum es so viel Aufregung gibt: "Wir haben vier Siege in vier Spielen, wir haben noch kein Tor kassiert."

Dann kassierte die Nationalmannschaft der Türkei erst in Istanbul drei Tore gegen Luxemburg und holte gerade so ein 3:3, ehe es auf den Färöer Inseln ein 1:2 setzte. Ein historisches Debakel gegen den 125. der Weltrangliste.

Die Kritik, die es schon im Vorfeld an der Person Stefan Kuntz gegeben hatte, stieg danach ins Unermessliche.

"Wir haben gerade den letzten Gag unseres Trainers Kuntz gesehen, der vor 23 Jahren Trainer wurde, seither keine nennenswerten Erfolge hatte und zwischen 2005 und 2015 nicht auf dem Platz stand", schrieb ein Journalist vom TV-Sender TRT auf Twitter. Eine Anspielung auf die Kommunikation von Kuntz, der gerne mal witzige Sprüche in seine Pressekonferenzen einstreut.

Nach Färöer-Debakel: "Stefan Kuntz sollte nach Hause geschickt werden"

Ein anderer Journalist schrieb: "Der Selfie-Direktor Stefan Kuntz sollte von den Färöern direkt nach Hause geschickt werden. Natürlich mit dem Kündigungsschreiben in der Tasche." Eine Anspielung auf das eine oder andere Selfie, das der türkische Nationaltrainer in seinen sozialen Kanälen postete.

Experten, Journalisten und Fans wüteten in den sozialen Netzwerken über die verdiente Niederlage der Türkei beim Fußball-Zwerg, der ein hohes Pressing praktizierte und den Favoriten damit vor große Probleme stellte. Die Türkei kam erst in der Schlussphase zu Torchancen.

Während in der breiten Öffentlichkeit die Ablösung von Kuntz gefordert wird, will dieser davon nichts wissen. "Ich denke nicht mal zu einem Prozent an den Rücktritt", sagte Kuntz auf einer Pressekonferenz, die über 40 Minuten ging.

Kuntz kritisierte die Medien für die schlechte Stimmung, die aus seiner Sicht gezielt verbreitet wurde und prangerte an, dass bei Ausfällen von bis zu elf Spielern "dies dann eben die Qualität der Nationalmannschaft ist". Eine, die nicht mal die Färöer besiegen kann? Einer der wenigen türkischen Journalisten vor Ort wollte das nicht so stehen lassen und sagte: "Wir haben einen Pool von fast 40 Spielern im Kreis der Nationalmannschaft, die Qualität haben." Kuntz sieht es nicht so.

Die Tabelle der Gruppe 1 in Liga C

PlatzLandTorePunkte
1Türkei18:513
2Luxemburg9:711
3Färöer7:108
4Litauen2:141

Hamit Altintop gibt Stefan Kuntz eine Jobgarantie

Als Fragen zu seiner Zukunft und Rücktrittsgedanken kamen, wurde Kuntz auch kurz emotional. "Ich liebe die Türkei", sagte er und dann stockte die Stimme. Er forderte eine gerechte Behandlung und meinte, dass ein Trainerwechsel die Probleme im türkischen Fußball nicht lösen werde.

Eine Jobgarantie gab ihm kurz darauf Nationalmannschaftsboss Hamit Altintop im Interview mit TRT. Sichtlich emotional haute er mehrmals auf den Tisch, als er die "Medienspiele" kritisierte, die es schon "vor 30, 40 Jahren" gab. "Ich bin verantwortlich für die türkische Nationalmannschaft und ich sage, dass der Trainer bleibt. Warum beendet diese klare Aussage nicht dieses Thema?", wollte Altintop wissen.

Der frühere Bundesliga-Profi von Schalke 04 und Bayern München wiederholte, dass man mit Kuntz weitermachen werde, mittelfristig die Europameisterschaft 2024 in Deutschland anpeile, aber langfristig den türkischen Fußball nachhaltig entwickeln will. Gemeinsam mit Kuntz, der künftig wohl sicher weniger Selfies machen wird.

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