Nummer 33 war eigentlich zu vernachlässigen. Klar, Titel ist Titel, aber es war dennoch eben nur die Supercopa. Weil der FC Barcelona das nationale Double gewann, war der Gegner im marokkanischen Tangier auch nur Vizepokalsieger Sevilla. Auf seiner Autogrammkarte wird er diesen Titel nicht fett drucken oder doppelt rot unterstreichen.
Und trotzdem war der Moment der Pokalübergabe gleich aus mehrerlei Gründen ein besonderer für Lionel Messi.
Zum einen reckte er erstmals überhaupt als offizieller Barca-Kapitän eine Trophäe in den Himmel. Die zentrale Figur bei den Katalanen ist er schon lange, nun stand er auch bei der Siegerehrung in der Mitte der Jubeltraube und bekam den Pokal als erstes in die Hand gedrückt. Nach dem Abgang von Andres Iniesta ist Messi der mit Abstand dienstälteste Spieler in den Reihen des glorreichen FC Barcelona und die endgültig alle anderen überstrahlende Identifikationsfigur.
Eben diesen Iniesta überflügelte Messi nun auch mit der Anzahl gewonnener Titel. Die Supercopa war der 33. des kleinen Argentiniers im Barca-Dress. Iniesta hatte 32 gesammelt. Es war zwar nicht die Champions League oder der spanische Meistertitel, ganz irrelevant war Nummer 33 für Messi aber nicht.
Lionel Messi: Titel mit dem FC Barcelona
Wettbewerb | Anzahl der Siege | Jahre |
Primera Division | 9 | 2005, 2006, 2009, 2010, 2011, 2013, 2015, 2016, 2018 |
Copa del Rey | 6 | 2009, 2012, 2015, 2016, 2017, 2018 |
Supercopa | 8 | 2005, 2006, 2009, 2010, 2011, 2013, 2016, 2018 |
Champions League | 4 | 2006, 2009, 2011, 2015 |
UEFA Super Cup | 3 | 2009, 2011, 2015 |
Klub-WM | 3 | 2009, 2011, 2015 |
Im Gegensatz zu Iniesta, der sich nach der letzten Saison tränenreich aus Barcelona verabschiedete und im Herbst seiner Karriere bei Vissel Kobe in der japanischen J-League kickt, kann Messi seiner Titelsammlung noch weitere hinzufügen. Das und nicht weniger ist der Anspruch in seiner 15. Profisaison. Für Barcelona und Messi geht es darum, alles zu gewinnen. Zumindest einen Mitfavoritenstatus haben die Katalanen in allen Wettbewerben. Also alles wie immer.
Cristiano Ronaldo und Lionel Messi duellieren sich nicht mehr national
Ein entscheidendes Detail unterscheidet sich im bevorstehenden allerdings von den vergangenen Jahren. Messi ist nicht nur bei Barca künftig die alles überstrahlende Figur. Auch in La Liga ist er nun der mit Abstand größte Star, denn sein langjähriger Rivale hat Reißaus genommen. Cristiano Ronaldo wechselte im Sommer unter großem Getöse von Real Madrid nach Italien zu Juventus Turin.
Zwar spielte CR7 die Konkurrenz mit Messi kürzlich herunter: "Der Vergleich mit Messi war gut, jeder Zuschauer hat das geliebt und fand es interessant. Aber ich habe es nie als Rivalität gesehen", sagte er bei seiner offiziellen Vorstellung in Turin. Doch kurz danach widersprach er sich selbst, als er ergänzte: "Am Ende des Tages wird man dann sehen, wer von uns beiden der beste Spieler der Welt ist." Aha, keine Rivalität also?
Ronaldo kann es noch so sehr abstreiten. Fakt ist: Messi und er haben sich in den letzten Jahren konstant überboten und sich so gegenseitig zu Höchstleistungen angestachelt. In den letzten zehn Saisons hieß der Torschützenkönig der spanischen Liga achtmal Ronaldo oder Messi. Der Weltfußballer heißt seit zehn Jahren sogar immer Messi oder Ronaldo.
Primera Division: Die Torschützenkönige der letzten zehn Jahre
Jahr | Spieler | Verein | Tore |
2017/2018 | Lionel Messi | FC Barcelona | 34 |
2016/2017 | Lionel Messi | FC Barcelona | 37 |
2015/2016 | Luis Suarez | FC Barcelona | 40 |
2014/2015 | Cristiano Ronaldo | Real Madrid | 48 |
2013/2014 | Cristiano Ronaldo | Real Madrid | 31 |
2012/2013 | Lionel Messi | FC Barcelona | 46 |
2011/2012 | Lionel Messi | FC Barcelona | 50 |
2010/2011 | Cristiano Ronaldo | Real Madrid | 41 |
2009/2010 | Lionel Messi | FC Barcelona | 34 |
2008/2009 | Diego Forlan | Atletico Madrid | 32 |
Nie zuvor haben zwei Spieler über so einen langen Zeitraum diesen Sport so dominiert. Und bis zu diesem Sommer eben auch die gleiche Liga. La Liga stürzt sich ohnehin mehr als jede andere europäische Eliteklasse auf das Duell der beiden großen Meisterschaftskonkurrenten, auf den Clasico zwischen Real und Barca. Die Gesichter des Clasico waren nun über Jahre hinweg Messi und Ronaldo.
Ronaldos Abgang markiert den Beginn eines neuen Zeitalters. Messi hat national keinen Gott (oder eben GOAT) mehr neben sich. Antoine Griezmann, Philippe Coutinho oder Gareth Bale beispielsweise haben zwar auf jeden Fall auch eine weltweite Strahlkraft. Mit dem absoluten Superstar-Status, den etwa Ronaldo oder Neymar (wechselte letztes Jahr in die französische Ligue 1 zu PSG) repräsentieren, können diese jedoch nicht mithalten. Qua Popularität und damit verbundenem Markenwert. La Liga ist mehr denn je die Lionel-Messi-Liga.
Anspruch an Messi: Meister, Pokalsieger, Torschützenkönig, MVP
Für den mittlerweile 31-Jährigen ist die neue Situation nicht nur Befreiung, sondern auch Druck. Zumindest oberflächlich ist er nun derjenige, der in Spanien alles im Alleingang abräumen muss. Meister, Pokalsieger, Torschützenkönig, MVP.
Dass er nach wie vor das Zeug dazu hat, das Spiel der Blaugrana zu prägen, steht außer Frage. In der Supercopa gegen Sevilla bereitete er den ersten Treffer durch einen direkten Freistoß an den Pfosten vor, den Gerard Pique zum 1:1 abstaubte. Später legte Messi schließlich auch das traumhafte Siegtor durch Ousmane Dembele auf. Der Kapitän war direkt MVP. Logisch.
Fortan wird Messi seine Kräfte darüber hinaus vermutlich für den FC Barcelona bündeln können. In der argentinischen Nationalmannschaft hat er sich nach der enttäuschenden WM nämlich eine Pause erbeten. In diesem Jahr wird er das Trikot der Albiceleste nicht mehr tragen. Einen endgültigen Rücktritt ließ er offen. Ob er noch einmal für sein Land auflaufen wird, macht er angeblich davon abhängig, wie sich der Verband neu aufstellen wird. Es wäre nicht das erste Mal, dass Messi sich doch noch einmal breitschlagen lässt und das Argentinien-Trikot wieder überstreift.
Bei Barca ist die Zukunft klarer. Ende letzten Jahres verlängerte er noch einmal bis 2021. Drei Jahre Zeit, um seiner ohnehin schon surrealen Titelsammlung noch weitere hinzuzufügen. Und vor allem ebensolche, die etwas mehr Relevanz besitzen als "nur" die Supercopa.