Bereits in Berlin gründete Steinberg als Gymnasiast in den 1890ern zwei Klubs. Einer fusionierte nach nur einem Monat mit dem dezimierten Thor- und Fußballclub Britannia und zog im Jahr 1904 nach Siegen über Karlsruhe und Hamburg ins später abgesagte Endspiel um die deutsche Meisterschaft ein. Steinberg hatte Berlin zu diesem Zeitpunkt schon längst verlassen.
Seine Studien nahm er im Oktober 1895 in Mittweida auf und beteiligte sich binnen eines Jahres an der Gründung von zwei Fußball-Clubs in der sächsischen Kleinstadt. Für den Mittweidaer Ballspiel-Club plant er ein eigenes Stadion mit einer überdachten Tribüne für über 1000 Zuschauer, es wird das erste in Vereinsbesitz in ganz Deutschland. Die Mannschaft hat europäische Klasse, mehr als zehn Studenten spielen später in den größten Klubs Europas.
Den MBC und seine letzte Mitgründung, die Chemnitzer Britannia, aus der später der Chemnitzer FC hervorging, vertrat Steinberg in Leipzig, als am 28. Januar 1900 in Leipzig der DFB aus der Taufe gehoben wurde. Er schrieb nicht nur das Protokoll, auf seinen Dringlichkeitsantrag hin rangen sich die Delegierten schlussendlich zum Gründungsbeschluss durch.
"Ich bin überzeugt, dass es sonst an dem Tag nichts geworden wäre. Er war ein Sportdiplomat, der mit hoher Kunst vermittelt hat, obwohl es innerlich in ihm gebrodelt hat", sagt Prof. Dr. Ludwig Hilmer, Rektor der Hochschule Mittweida. Steinbergs alte Berliner Bekannten wollten sich eigentlich verweigern.
"Er steht für die praktische Umsetzung von Ideen. So perfekt wie er hat es vor ihm - und wohl bis heute niemand mehr gemacht", sagt Hilmer: "Er war der Katalysator der Bewegung, eine Art 'Mr. Football' für Deutschland." Nicht von ungefähr sollte die Provinzstadt Mittweida ursprünglich einen Präsidiumsplatz im neuen DFB erhalten.
Barcelonas Zweifel pulverisiert
Dass Steinberg schließlich nach erfolgreichem Abschluss des Studiums in Barcelona landete, war ein logischer Schritt. "Mittweida hatte zu seiner Zeit bis zu 50 Prozent Studenten aus dem Ausland. Er hatte Kontakte in alle Welt. Als Maschinenbau- und Elektroingenieur hat er in Barcelona verschiedene deutsche Unternehmen vertreten", erklärt Stascheit: "Einer der Gründer des FC Barcelona, Otto Maier, war ein Sportfreund aus Berlin."
Der alles überstrahlende Hans Gamper allerdings hegte zunächst Zweifel an der sportlichen Klasse des Deutschen. Seine Figur sei robust, eher etwas beleibt gewesen, als Steinberg sich vorstellte. Obwohl Espanyol das Spiel gegen Barcas zweite Mannschaft mit Mittelstürmer Steinberg 4:0 gewann, hatte der Deutsche überzeugt.
Bis zum Ende seiner aktiven Laufbahn im Jahr 1910 brachte es Steinberg auf mehr als 60 Tore für die Katalanen. Anschließend konzentriert er sich auf seine Tätigkeit als Ingenieur, weil er den Auftrag für den Bau einer Straßenbahnstrecke erhält. "Trotz seines Idealismus konnte er Prioritäten passgenau setzen. Er hat den Sport zugunsten des Berufs zurückgestellt", erklärt Hilmer: "Als er am Technikum begann, war er zunächst durchschnittlich, hat aber im Hauptstudium seine Herangehensweise für einen ordentlichen Abschluss umgestellt."
Anlässlich des 150-jährigen Hochschuljubiläums hat der Rektor ein nach Steinberg benanntes B-Jugend-Turnier ins Leben gerufen, bei dem am 6. Mai 2017 im Rahmenprogramm auch die Traditionsmannschaft von Dynamo Dresden gegen ein Hochschulteam mit dem aktuell bekanntesten Sportler unter den Studenten antritt: dem Dauersieger der Nordischen Kombination, Eric Frenzel.
"Einer der wichtigsten Spieler in Barcas Anfangsjahren"
Heute weiß auch der FC Barcelona um die Rolle des Deutschen, der mehr als 60 Tore für den Klub erzielte. "Steinberg war einer der wichtigsten Spieler in den Anfangsjahren unseres Vereins", hob Barca-Präsident Josep Bartomeu im Juni 2016 hervor. Bis heute gilt Steinberg als erster Trainer der katalanischen Vereinsgeschichte: "Im März 1902 übernahm Steinberg die Leitung der ersten Fußballschule des Vereins, die als wahrer Vorläufer von La Masia bezeichnet werden kann." 14 Jahre lang trainierte er die Fußballer der Blaugrana anschließend.
Der Deutsche war seiner Zeit voraus. "Er hat frühzeitig erkannt, dass ein Verein nur erfolgreich ist, wenn die Jugend aufgebaut wird", sagt Hilmer. Sein eigenes Training übertrug er dabei: "Er hat Spielzüge geübt, war ein Experte für Standards. Er hat vor allem in Sportarten, für die er körperlich nicht die besten Voraussetzungen hatte, Techniktraining betrieben und so athletische Nachteile wettgemacht. Er hat sich jeden Sport aus der Ingenieurperspektive erschlossen und seine Erkenntnisse praktisch angewendet."
Dass der persönliche Ruhm nach seinem Tod im Alter von lediglich 42 Jahren nicht andauerte, dürfte Steinberg kaum gestört haben. "Repräsentative Aufgaben waren ihm zu langweilig. Er hat immer die operativen Aufgaben gesucht, selbst ohne Amt war er der Entscheider. Er war eine Art Sportdirektor, hat die Aufstellung mitbestimmt", sagt Hilmer.
Das Wissen um die Erfolge von Lionel Messi, Sergio Busquets, Andres Iniesta und den zahlreichen Barcelona-Talenten wäre für Steinberg wohl erfüllender als jeglicher Ruhm seiner Person gewesen.
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