Vom Arthur-Pjanic-Deal bis zu Fragen zu Ronaldos Verkauf: Könnte Juventus erneut der Zwangsabstieg drohen?

Von Mark Doyle
Juventus Turin droht ein erneuter Zwangsabstieg.
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Italienische Behörden untersuchen mögliche finanzielle Unstimmigkeiten rund um 62 Transfers - und an 42 davon war Juventus Turin beteiligt. Die Turiner sind derzeit der ungewollte Hauptakteur bei einer Finanz-Untersuchung, die sich möglicherweise als die größte Krise des italienischen Fußballs seit "Calciopoli" entpuppen könnte.

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"Calciopoli" traf den Fußball im Land des aktuellen Europameisters im Jahr 2006 bis ins Mark. Damals musste Juventus in die Serie B zwangsabsteigen und zwei Meistertitel abtreten, da der Klub in einen Manipulationsskandal verwickelt war. Auch die AC Milan, Lazio Rom, Florenz und Reggina mussten seinerzeit Geldstrafen bezahlen oder bekamen Punktabzüge aufgebrummt.

Diesmal, im Jahr 2021, geht es um Geld. Genauer gesagt um Kapitalerträge, sogenannte plusvalenza.

Worum dreht sich diese möglicherweise ähnlich große Affäre aber genau? Könnte Juve tatsächlich wieder in die zweite Liga zurückgestuft werden? Und welche Rolle spielt Cristiano Ronaldo? SPOX und GOAL geben Euch einen Überblick.

Was ist 'Plusvalenza'?

Im Fußball ist 'Plusvalenza' (Kapitalerträge) einfach gesagt der Profit, der bei einem Transfer entsteht. Ein Beispiel: Juventus verpflichtet einen Spieler für 100 Millionen Euro Ablöse und stattet ihn mit einem Fünfjahresvertrag aus. Die Kosten für seine Rechte könnte man dabei auf fünf Jahresraten a 20 Millionen Euro aufteilen. Der abgeschriebene Wert des Spielers würde also 20 Millionen Euro pro Jahr betragen.

Sollte Juve diesen Spieler dann zum Beispiel nach drei Jahren für 60 Millionen Euro verkaufen, würde sich der Kapitalertrag seiner Registrierungsrechte auf 20 Millionen Euro belaufen (60 Millionen Euro Ablöse minus die ausstehenden 40 Millionen Euro für die zwei verbliebenen Jahre).

Juventus Turin könnte ein erneuter Zwangsabstieg drohen.
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Juventus Turin könnte ein erneuter Zwangsabstieg drohen.

Warum sind Kapitalerträge im Fußball wichtig?

Kurz gesagt: Weil sie direkt auf den Jahresgewinn eines Vereins angerechnet werden. Und dieser ist seit der Einfühung des Financial Fairplay (FFP) seitens der UEFA vor mehr als zehn Jahren bekanntlich sehr wichtig.

Die Bilanzen der Klubs werden heutzutage sehr genau geprüft und wer gegen die Vorschriften verstößt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Man steht also unter großem Druck, seine Bilanzen jedes Jahr auszugleichen.

Aufgrund dieses Drucks sollen einige Vereine Berichten zufolge ihre Vermögenswerte aufgebläht haben, um bei bestimmten Transfers Profit zu generieren. Häufig geschieht das bei Transfers von Nachwuchsspielern, die die eigene Akademie verlassen - diese sind in der Regel ablösefrei verpflichtet worden, die Ablösesumme bei einem Verkauf ist also reiner Profit.

Da die Ablösen für unbekannte Nachwuchsspieler aber überhöht sein können, ist es sehr schwierig, ihren wahren Wert zu beurteilen. So ist es den Klubs theoretisch möglich, Jugendspieler von zweifelhaftem Wert in Spielertauschgeschäfte oder Verrechnungstransfers zu integrieren, um die Balance in der Bilanz zu wahren.

Ist dieses Problem auf den italienischen Fußball beschränkt?

Wie die Gazzetta dello Sport vergangenen Woche berichtete, ist die Praxis der plusvalenza in Italien unstrittig von enormer Bedeutung. In der Saison 2018/19, der letzten kompletten Spielzeit vor Corona, erzielten die 20 Vereine der Serie A Kapitalerträge in Höhe von insgesamt 699 Millionen Euro - mehr als in den vier anderen Top-5-Ligen (England, Spanien, Deutschland, Frankreich).

Bezeichnenderweise lag die Summe der Kapitalerträge höher als die der Werbeeinnahmen der Serie-A-Klubs im selben Geschäftsjahr (647 Millionen Euro). Das unterstreicht, wie abhängig italienische Vereine vom Transfermarkt sind, um Gewinne zu erzielen.

Die Premier League, die Bundesliga und LaLiga erwirtschaften jeweils deutlich mehr Geld aus TV- und Sponsorenverträgen als aus dem Kauf und Verkauf von Spielern.

Natürlich ist grundsätzlich nichts falsch daran, wenn aus Transfers Gewinne erzielt werden. Problematisch wird es nur, wenn die Vereine den Wert der Spieler aufblähen - ein Problem, das auch in vielen anderen nationalen Ligen vorherrscht. Und dennoch: Der Fokus des Problems liegt auf Italien und eben insbesondere Juventus.