Einem Großteil der aktiven Profis wäre nach geschlagenen 365 Tagen ohne Pflichtspieleinsatz im Verein gewiss nicht nach Lachen zumute gewesen, geschweige denn nach humoristischen Aktivitäten in diversen sozialen Netzwerken. Nicht so Ben Arfa, der sein einjähriges "Jubiläum" ohne Einsatz für Paris Saint-Germain am 5. April mit einer Torte und einem Eintrag auf Instagram feierte.
Vorausgegangen war ein offenes Zerwürfnis zwischen Trainer Unai Emery und dem Offensivakteur, eine Verbannung in die zweite Mannschaft und ein Streit über eine Kürzung der fürstlichen Einnahmen, die Medienberichten zu Folge bei sechs Millionen Euro pro Jahr liegen sollen.
Für Ben Arfa aber allesamt keine Gründe, einen vorzeitigen Wechsel aus der französischen Hautstadt anzustreben, schließlich lief der lukrative Vertrag in Paris noch bis Ende Juni.
Ben Arfa bei PSG außen vor
Tatsächlich hatte Ben Arfa im ersten Jahr unter dem Eiffelturm die ihm zugedachte Rolle als Ergänzungsspieler, der den Stars eine Verschnaufpause verschafft, tadellos eingenommen und vor allem im Pokal mit drei Treffern und fünf Vorlagen seine Torgefahr unter Beweis gestellt.
Bereits in der zweiten Hälfte der Spielzeit 2016/17 kamen aber immer wieder atmosphärische Störungen zwischen Trainer Unai Emery und Ben Arfa zu Tage, wonach der 31-Jährige sich unzufrieden mit seiner Teamrolle gezeigt haben soll.
Nach den Verpflichtungen von Neymar und Kylian Mbappe im Zuge der Pariser Transferoffensive wurde Ben Arfa im vergangenen Sommer offen ein Vereinswechsel ans Herz gelegt. Als dieser sich gegen einen Wechsel entschied, reagierte der Verein rigoros mit der Verbannung in die zweite Mannschaft.
"Er wurde in einer respektlosen Art und Weise ausgeschlossen", warf Berater Jean-Jacques Bertrand gegenüber dem Radiosender RMC den Klubverantwortlichen vor. Nach der Zwangsversetzung in die zweite Mannschaft sei sein Klient nun eben der "Neymar der Amateure". Ein Vergleich, der viel über das Grundsatzproblem bei Ben Arfa und seinen Getreuen aussagt.
Ben Arfa zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Ein allgegenwärtiger Begleiter seiner Karriere war stets die himmelhohe Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Anspruch an den Hochbegabten und der tristen Wirklichkeit.
Als Ben Arfa zu seiner Anfangszeit bei Olympique Lyon die Anhänger regelmäßig in freudige Ektase versetzte, wurde der Offensivspieler flugs in höchste Fußball-Höhen gehoben und galt als größtes Versprechen Frankreichs in der Post-Zidane-Ära.
In den Augen des ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Karim Benzema habe Ben Arfa damals sogar genau so viel Talent besessen wie der fünfmalige Weltfußballer Lionel Messi. Allerdings habe es Ben Arfa in Benzemas Augen an der nötigen Einstellung und Professionalität gemangelt, um eine ähnliche Weltkarriere hinzulegen.
Ein weiterer, namentlich unbekannter Wegbegleiter aus der Equipe Tricolore schwärmte von Ben Arfa vor geraumer Zeit im Fußballmagazin SoFoot als bestem "Spieler, den ich je habe spielen sehen". Aber, und das sollte sich auf dem Weg zur Weltkarriere durchaus als hinderlich erweisen, sei Ben Arfa eben "gleichzeitig auch der dämlichste. Denn mit einem Talent wie seinem muss man wirklich unglaublich dämlich sein, um nicht der beste Spieler der Welt zu werden".
Ben Arfas Karrierestationen in der Übersicht
Verein | von | bis | Einsätze | Tore | Ablösesumme bei Wechsel in Mio. € |
Olympique Lyon | 2004 | 2008 | 90 | 12 | aus der eigenen Jugend |
Olympique Marseille | 2008 | 2010 | 91 | 15 | 12 |
Newcastle United | 2010 | 2014 | 86 | 14 | 8,5 inklusive Leihgebühr |
Hull City | 2014 | 2015 | 9 | - | Leihe |
OGC Nizza | 2015 | 2016 | 37 | 18 | ablösefrei |
Paris Saint-Germain | 2016 | 2018 | 32 | 4 | ablösefrei |
Ben Arfa hat "furchtbare Dinge getan"
Ben Arfa selbst gestand während seiner Zeit bei Newcastle United, dass er bereits in jungen Jahren nicht als pflegeleichte Nachwuchshoffnung bekannt war. "Ich habe furchtbare Dinge getan, wo auch immer ich aufgetaucht bin. Ich war schon als Kind extrem impulsiv und habe mich ständig geschlagen. Jeder Trainer, auch später bei den Profis, hatte Angst vor mir", sagte Ben Arfa im Interview mit der L'Equipe.
Im Laufe seiner Karriere bewies der hoch veranlagte Offensivakteur immer wieder einen nur allzu verschwenderischen Umgang mit seinem Talent, der ihn im Zusammenspiel mit Verletzungspech über die Stationen Marseille, Newcastle United und Hull City schließlich in die Vereinslosigkeit beförderte.
Zur Saison 2015/16 gab OGC Nizza dem als Problemprofi Verschrienen die Chance zur fußballerischen Rehabilitation, die Ben Arfa mit 18 Treffern und sieben Assists eindrucksvoll nutzte. Es folgte das unrühmliche Pariser Kapitel, welches zum 30. Juni still und kaum bemerkt enden wird. Der ablösefreie Profi könnte in der kommenden Saison in der Bundesliga die Chance zur nächsten Renaissance erhalten.
Ben Arfa als Wunschkandidat von BVB-Trainer Lucien Favre?
Zumindest wird der Offensivakteur, der auch bei Olympique Lyon, dem FC Sevilla und dem FC Valencia gehandelt wird, von der L'Equipe als Wunschkandidat von Lucien Favre ins Spiel gebracht. Bereits im vergangenen Sommer signalisierte Favre Medienberichten zu Folge starkes Interesse an Ben Arfa, die Rückholaktion zu Nizza kam aber nicht zustande.
Im Markt der explodierenden Ablösesummen würde der variabel einsetzbare Offensivspieler dank seines auslaufenden Vertrags in der französischen Hauptstadt eine kostengünstige Alternative für den Offensivbereich des BVB darstellen. Der unorthodoxe Freigeist würde dem in der Endphase der vergangenen Saison wenig ideenreichen Offensivspiel der Borussia zudem eine Prise Anarchie und Unberechenbarkeit verleihen.
Allerdings müsste er bei einer Anstellung im Ruhrgebiet wohl deutliche Abstriche bei seinem fürstlichen, mit katarischen Millionen finanzierten Gehalt machen, um überhaupt eine realistische Option für den BVB darzustellen.
Auch erscheint ein externer Zugang, dessen sportliche Heimat auf den offensiven Außenpositionen anzusiedeln ist, für die Borussia überhaupt erst denkbar, wenn die ohnehin reichlich besetzen Flügelzangen personell ausgedünnt werden.
Ben Arfas Verpflichtung als unkalkulierbares Risiko für den BVB?
Beim Ziel der Zusammenstellung eines homogenen und charakterstarken Kaders würden die BVB-Bosse zudem ein nicht kalkulierbares Risiko mit der Verpflichtung von Ben Arfa eingehen.
Pierre-Emerick Aubameyang zeigte mit seinen Extravaganzen und Fehltritten außerhalb des Rasens, wie die interne Stimmung einer Mannschaft unter den Solo-Auftritten eines extrovertierten Stars leiden kann. Allerdings bewies Lucien Favre bei OGC Nizza bereits bei Mario Balotelli, dass er umstrittenen Profis einen Weg aus der sportlichen Sackgasse aufzeigen kann.
Vielleicht kann der Schweizer Ben Arfa im schwarz-gelben Trikot zu einer ähnlich phönixhaften Rückkehr auf die große Fußballbühne führen. Dieser hätte dann in naher Zukunft gewiss auch wieder schönere Jubiläen zu feiern.